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Rezension: Wein und Küsse-200 Ideen aus der Antike- Irene Vallejo- Diogenes


Irene Vallejo, die Autorin dieses Buches mit dem erfreulich schönen Cover, ist in Spanien durch ihre wöchentlichen Kolumnen in "El Pais" bekannt geworden. Dort berichtet sie von ihrer Passion für die Antike. Darüber hinaus hat sie einige Bücher verfasst, u.a. ihr erstes Sachbuch mit dem Titel "Papyrus", das in 37 Sprachen übersetzt worden ist. 

Bei dem vorliegenden Werk "Wein und Küsse"- 200 Ideen aus der Antike- handelt es sich um sehr lesenswerte Kolumnen, die zum Nachdenken anregen und dokumentieren, dass man immer wieder auch Lehrreiches aus der Antike heranziehen sollte, wenn man klüger handeln möchte. 

So liest man gleich in einer der ersten Kolumnen über "Machttrunkenheit". Die Kolumne beginnt mit dem Satz "Wir wählen unsere Regierenden, damit sie die Welt verändern, doch am Ende sind sie es häufig selbst, die sich verändern." Leider nicht zum Positiven. Die Berufskrankheit heiße "Bauchpinselei durch den inneren Kreis". Die Symptome, so Vallejo, die sich hier auf einen Neurologen bezieht, sind: "zunehmende Realitätsferne, ein Übermaß an Selbstvertrauen, messianische Sprachgebrauch und die feste Überzeugung, sich auf dem Pfad der Wahrheit zu befinden und sich keinesfalls vor der öffentlichen Meinung zu rechtfertigen, sondern allein vor dem Lauf der Geschichte". Dieses Verhalten heiße "Hybris-Syndrom" und gehe auf dem griechischen Begriff "Hybris" zurück. 

Man liest im Zusammenhang mit dieser "Hybris" von Ate, der Göttin der Verblendung als auch von Nemesis und deren Aufgaben und darüber wie in der griechischen Tragödie der Teufelskreis aus Macht, Verblendung, Stolz, fatalem Irrtum und Untergang vielfach dargestellt wird. Daraus Lehren zu ziehen, lohnt sich. 

Auch vom "Pyrrhussieg" sollte man lernen, über den man natürlich Näheres erfährt und darüber, was Marc Aurel in seinen "Meditationen" über das Gleichgewicht schreibt, aus dem man sich nicht bringen lassen soll. Gelassenheit ist ein Schlüssel für ein sinnstiftendes Miteinander, während ein aufbrausendes Verhalten es keinesfalls ist. Dieses dokumentiert in erster Linie Schwäche.

Interessant, dass im alten Rom Weingenuss als Vorstufe des weiblichen Ehebruchs galt. Das z. B. erfährt man in der Kolumne "Wein und Küsse". 

Wichtig auch ist die Lehre des Philosophen Aristoteles von der goldenen Mitte, die für ihn das höchste Gut war. Sich damit zu befassen, ist ebenso sinnvoll wie mit Sündenböcken und Populismus, alles Themen der Kolumnen. 

Es sind Sätze wie etwa "nachteilig ist der Verkehr mit der Menge, leicht tritt man zur Mehrheit über", die inne halten lassen. Dieser Satz stammt übrigens von Seneca

Sehr gut auch ist die Kolumne mit dem Titel "Pathologie der Macht" Hier bezieht sich die Autorin auf die Pulitzer-Preisträgerin Barbara Tuchmann. Führungsmacht mache blind und verhindere, dass die Person besonnen und vernünftig denken. Berauscht vom Beifall ihrer Speichellecker, liefen Regierende dann in Gefahr, in Starrsinn zu verfallen und jede Flexibilität zu verlieren. Caligula ist ein gutes Beispiel für ein solches Verhalten in der Antike. Heutzutage wimmelt es geradezu von Leuten dieser Couleur auf dem politischen Parkett. Auch eine Art von Lifestyle!

Das Buch kann ich jedem empfehlen, der offen ist für Weisheit aus fernen Zeiten und sich gegen Starrsinn und Schlimmeres wappnen möchte.

So liest man in der Kolumne "Beutegierig" einen bemerkenswerten Satz des Griechen Bias von Priene, der sinngemäß sagte: "Denn alles Materielle  besitzen wir gar nicht wirklich, wir nutzen es nur flüchtig als Pächterinnen und Pächter." Denken wir an alles, was wir pausenlos entsorgen, dann wissen wir dass Bias etwas zeitlos Wahres sagte.

Maximal empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Wie fühlst du dich? Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen- Axel Hacke-Dumont


Axel Hacke, der Autor dieser Publikation ist Schriftsteller und Kolumnist des Süddeutschen Zeitung Magazins. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit zwei Egon-Erwin-Kisch-Preisen

In diesem Buch, so erfährt man u.a. im Klappentext, gehe es um die Erkenntnis, dass man Gefühl und Vernunft nicht voneinander trennen könne und Gefühle nicht den Falschen überlassen solle. 

Axel Hacke nimmt eingangs Bezug zu Bast Kasts Werk "Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft" und erwähnt als gedanklichen Gegenspieler René Decartes, nach dessen Vorstellung das Denken unabhängig von den physischen Gegebenheiten des Denkenden stattgefunden habe. Diese Meinung hielt sich über Jahrhunderte in den Köpfen derer, die sich mit der Thematik befassten, bis der Neurowissenschaftler A.R Damásio mit seinen Arbeiten klar machte, "dass bestimmte Aspekte von Gefühl und Empfindung unentbehrlich für rationales Verhalten sei."

Axel Hacke befragt sein Inneres, wie er sich fühle, schreibt u.a. von seiner Müdigkeit. Da er mit seiner Müdigkeit nicht alleine ist, begründet er: "Wir tragen das Ende einer Gesellschaftsform in unserem Seelenleben aus." Für ihn steht fest: "In uns wütet die Zeit, in der wir leben. Sie erschöpft uns."

Dennoch erlebten wir nicht die letzten Tage der Menschheit, sondern nur eine Krise, in der wir nachdenken sollten, wie wir zukünftig leben sollten. Dem stimme ich zu. 

Hacke schreibt folgerichtig über Angst, erwähnt natürlich den Psychologen Fritz Riemann und dessen Standartwerk "Grundformen der Angst" und weiß, dass er seine Angst nicht abschaffen kann, sondern nur seinen Umgang mit ihr. 

Hacke informiert über die Entstehung von Gefühlen. Damit diese sich positiv gestalten, sollte man besser immer wieder mal abschalten und sich nicht mit dem Zustand der Welt beschäftigen. So könne man einen defizitär psychischen Haushalt, in dem mehr Energie ausgegeben werde, als hereinkomme beruhigen, um Gefühlskonzepte zu entwickeln, die ihm guttun. Diese Erfahrung habe ich auch gemacht.

Hacke schreibt von Angststörungen und der Tatsache, dass Angst zum Leben gehöre und von Meditation, die ihm hilft, mit seiner Angst zurande zu kommen. In seinen Reflektionen über Einsamkeit schreibt er: "Jede Diktatur wird bestrebt sein, Menschen voneinander zu trennen und Verlassenheit- die extreme Form von Einsamkeit- zu erzeugen." Das allein sei Grund genug, dass wir radikale Gegner von Einsamkeit sein müssten. Stimmt. 

Verbundenheit löse zwar nicht unsere Probleme, sie könne aber helfen. Hacke nimmt Kritik an den sozialen Medien, in denen Angst, Wut, Ressentiments und Ohnmacht gesteigert werden. Die Vereinzelung des Menschen, der ständige Wettbewerb, der Zerfall von Zusammenhalt sei so groß, dass die Menschen ihren Ängsten ausgeliefert seien, jeder für sich. 

Sinn  den Ängsten entgegenzusetzen, darum geht es. Dies setze aktives Tun voraus. Es gehe um Hingabe und nicht um Erwartungen! 

Kränkung, Neid, Ohnmacht und Wut seien seelische Aggregatzustände, die zum Hass führen können. Erkennen und Verstehen hingegen seien die Schlüssel zur Welt und die Schlüssel des Lernens.

Sozialpsychologisch gesehen sei Hass eine Form der Bindung zwischen Menschen. Es könne sogar Hassgemeinschaften geben, beispielsweise einst im Nazi-Deutschland. Hass könne seine Wurzeln in eigenen Gefühlen haben, die mit dem Gehassten nichts zu tun hätten, außer dass er sich als Hassobjekt eigne. All dem kann man nur zustimmen, wenn man aufmerksam Geschehnisse beobachtet. 

Dies und vieles mehr entnimmt man den Texten "über unser Innenleben in Zeiten wie diesen", wo es darum geht, wie man von der Angst und Verzweiflung zur Hoffnung gelangt. Angst in Hass zu verwandeln, sei ein prinzipieller Fehler, denn die daraus resultierende affektive Polarisierung führe dazu, dass sich Menschen feindselig gegenüberstehen und nicht mehr in der Lage seien, Diskussionen zu führen. Auf diese Weise werden Freundschaften beendet, zerbrechen Familien und zerfasern Beziehungsgeflechte, resümiert Hacke. Dessen sollte sich jeder bewusst werden. 

Sich mit dem eigenen Innenleben auseinander zu setzen, ist stets sinnvoll. Axel Hacke gibt mit seinem Buch den LeserInnen sehr gute Impulse mit auf den Weg, 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Das Alphabet der Angst- 200 Fakten rund um unsere wichtigste Emotion- Katharina Domschke, Peter Zwanzger- Herder




Die Autoren dieses Buches sind Prof. Dr. Dr. med Katharina Domschke und Prof. Dr. med. Peter Zwanzger.

Prof. Dr. Dr. med Katharina Domschke ist Inhaberin des Lehrstuhls für Psychiatrie und Psychotherapie an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg als auch Ärztliche Direktorin des Klinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Freiburg. 

Prof. Dr. med. Peter Zwanzger ist ärztlicher Direktor und Chefarzt des kbo-Inn-Salzach-Klinikums in Wasserburg und Professor an der Klinik für Psychiatrie der Ludwig-Maximilian-Universität. 

Die beiden Autoren haben mit dieser Publikation ein informatives Nachschlagwerk zu den vielfältigen Aspekten der Angst verfasst. Das Buch ist aber auch als Ratgeber zu begreifen, der die Ursachen von Angsterkrankungen und zahlreichen präventiven wie auch therapeutischen Optionen sehr gut erklärt.

Die Vorgehensweise geschieht mittels alphabethischer Systematik, die gezielt zu den Begriffen führt. Da es zugleich viele thematische Querverbindungen gibt, die durch jeweils einen Pfeil gekennzeichnet sind, ist das Werk auch als zusammenhängende Lektüre lesbar. 

Das Nachschlagewerk beginnt mit einem Gedicht von Lorenada Nemes mit dem Titel "Alphabet der Angst, 2017". Jeder Satz in diesem Gedicht verdient es, lange reflektiert zu werden, wobei der wichtigste Satz des Poems m.E. der nachstehende ist: "Angst frisst Freiheit." 

Das Nachschlagewerk beginnt mit dem Begriff "Abgrund" und endet mit dem Begriff "Zwangsstörung". Ich bleibe am Begriff "Angstblüte" hängen, weil ein Roman von Martin Walser so heißt. Der Begriff kommt eigentlich, wie man liest, aus der Botanik. Was er dort bedeutet, wird kurz und gut erläutert. Er hat übrigens im fortgeschrittenen Menschenleben eine ganz ähnliche Bedeutung und genau das ist Thema des Romans von Walser. 

Im Rahmen des Buches und der Begriffserklärungen wird man immer wieder mit Einblicken in die Literatur, Kunst und Musik konfrontiert. Ich bleibe bei "Stress" hängen und lese u.a., was chronischer Disstress ist und welche negativen Effekte er auf den Organismus haben kann. Ich selbst kenne Menschen, die Diabetes aufgrund von Disstress bekamen und andere deren Augendruck sich aufgrund von Disstress verändert hat. Dass Stress die Nerven angreift, ist hinlänglich bekannt.

Begriffe wie "Trennungsangst" und "Torschlusspanik" werden definiert, auch "Verlustangst" und "Versagungsangst" sind Themen. Dann lese ich Wissenswertes über "Zähneklappern". Das hatte ich selbst schon mal als ein Motorradfahrer direkt vor meinen Füßen sich mit seiner Maschine hinlegte und ich nur noch Funken sah und verbranntes Fleisch roch. Es handelt sich bei mir- so lese ich- um eine Panikattacke. 

Sehr schön, was man alles zum Thema "Zukunftsangst" lesen kann. Hier begegnet man einem Walser- und einem Loatse-Zitat und weiß letztlich, dass man gegen viele Ängste etwas tun kann und es sinnvollerweise auch tut, wenn man ein freiheitsliebender Mensch ist.

Maximal empfehlenswert

Helga König

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Rezension: Künstliche Intelligenz und echtes Leben-Philosophische Orientierung für eine gute Zukunft- S. Fischer


Der Philosoph Christian Uhle, Autor dieses Buches, hat als Wissenschaftler zu gesellschaftlichen und technologischen Transformationen geforscht und dabei seine Perspektiven in Studien, Keynotes und Gastbeiträgen öffentlich gemacht. 

Uhles vorliegendes Werk besteht aus 5 Kapiteln, denen er eine mehrseitige Einleitung vorangestellt hat. Diese trägt den Titel "Aufbruch in eine neue Welt". Hier weist er darauf hin, dass die Digitalisierung unsere gesellschaftlichen Grundstrukturen zunehmend präge, der industriell beeinflusste Kapitalismus von einem digital geprägten Kapitalismus zunehmend abgelöst werde, in dessen Mittelpunkt Prozessoren, Software, Apps, Plattformen, Algorithmen und digitale Dienstleistungen stünden. Der inhaltliche Fokus des Kapitalismus habe den Zeitgeist der Arbeitswelten verändert und mit ihm uns selbst. 

Der Autor fragt, wie sich unsere Wahrnehmung eines Ereignisses ändert, wenn wir zugleich eine zweite Perspektive einnehmen durch Linsen, Filter und Bildschirme und gibt Antworten darauf, die nachdenklich machen. Wie unterschiedlich sich Lebensbereiche in der Digitalisierungsphase dieser Welt erweisen, werde deutlich, dass einige Institutionen ihre Formulare gerade erst digitalisierten und Unternehmen über Home-Office diskutierten, während bereits Quantencomputer und vollautonome Drohnen entwickelt werden.Darüber hinaus macht Uhle bewusst, was das Smartphone bei uns zwischenzeitlich bewirkt. Doch dies sei nur der Anfang: "ChatGPT" sei der Meilenstein der 3. Stufe der Digitalisierung. 

Klar ist: Die Künstliche Intelligenz wird wohl zukünftig unseren Alltag bestimmen. 

Im Rahmen des 1. Kapitels fragt Uhle was Technik aus philosophischer Sicht ist und bezieht sich dabei auf den polnischen Philosophen Kolakowski. Sofern wir die Welt technisch betrachten würden, bestehe die Gefahr selbst technischer zu werden. Der technische Blick sehe die Welt als ein systemisches Ding an, das uns zur Verfügung stehe und an unsere Bedürfnisse angepasst werden könne. Sofern dieser Blick dominant werde, könne es geschehen, dass wir uns selbst den Dingen näherten, weil unser Lebensgefühl hauptsächlich dadurch geprägt werde, wie wir mit unserer Welt in Beziehung treten würden. 

Wenn das Ziel sei, das eigene Leben beherrschbar zu machen, bleibe, so gibt Uhle zu bedenken, wenig Raum, um sich innerlich berühren zu lassen. Die größte Gefahr einer Technisierung sei die Gefahr des inneren Sinnverlustes. Die Frage stelle sich, ob wir Technik betreiben oder ob unser gesamtes Leben technisch werde. 

Technik folge dem Haben und nicht dem Sein. Insofern drohe eine innere Entfremdung, sobald unser gesamter Blick auf die Welt technisch werde. Ob wir darüber glücklich sein sollten, sei dahin gestellt. 

Zur Sprache gebracht wird, die soziotechnische Grundstruktur, die durch Beschleunigung gekennzeichnet sei. Uhle erwähnt Tilmann Santarius, der auf der Grundlage von Daten zum Schluss gelangt: "Je digitalisierter die Menschen sind, desto schneller ist ihr Lebenstempo." Deshalb wohl sei seit der Einführung des Smartphones der der Stresslevel gestiegen. 

Technik entspreche in ihrer inneren Struktur also den Haltungen des Habens (das begründet Uhle auch) und der Weltbeherrschung. Sie sei darauf ausgerichtet, die innere Kontrolle auszuweiten. 

Der Autor veranschaulicht  dennoch sehr gut, was geschieht, wenn gewonnene Zeit zum Gewinn werde. Weiter zeigt Uhle den Zusammenhang zwischen Vernetzung und Verbindung und von Wissensgesellschaft zur Netzwerkgesellschaft. 

Unsere analoge Welt werde zunehmend digital strukturiert. Digitalisierung fände nicht nur in dem Moment statt, in dem wir aufs Smartphone schauten. Thematisiert wird die neue Rolle von Technik und hier auch das Wesen von Social Media, deren Like-Struktur der Logik des Habens folge. Zur Sprache kommen die KI-Algorithmen und was diese mit Werbeeinnahmen zu tun haben. Welche tatsächlichen Auswirkungen die versprochene Verbundenheit im Netz oftmals wirklich habe, bleibt auch nicht ausgespart. 

Über Übersetzungstools liest man Wissenswertes, vor allem, dass künstliche Intelligenz das Herzstück aller modernen Übersetzungstechnologien sei, gewissermaßen das "Pfingstgeschenk" im Nachgang zum Turmbau von Babel. 

In der Folge stellt Uhle viele berechtigte, kritische Fragen und zeigt beim Online-Dating das eigentliche Problem auf: Es sei die Singlequaliät, die auf der Kippe stünde. Ich stimme ihm, wie in vielen anderen Punkten zu. 

Weiter erfährt man, was neu an der KI sei und was sie könne, welche Auswirkungen sie habe und was wir verstehen müssen, wenn ChatGPT oder eine andere KI uns antworte. Wie KI funktioniert wird sehr verständlich erklärt, auch welche negativen und positiven Folgen mit KI verbunden sein können.

Welche Fähigkeiten in der Zukunft noch etwas wert sind und was die KI-Revolution mit uns allen macht: diese und viele andere Fragen, beantwortet Christian Uhle vortrefflich mit seinem Buch, das ich als 

maximal empfehlenswert 

 betrachte. 

 Helga König 

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Rezension: Herr G. hat Angst- Thorsten Glotzmann- berlin Verlag


Der Autor dieses Buches ist der Journalist, Autor und Regisseur von Dokumentarfilmen, primär für Arte, Thorsten Glotzmann. Studiert hat er übrigens Philosophie, Deutsche als auch Französische Literatur und besuchte darüber hinaus die Journalistenschule in München. 

Schon auf dem Deckblatt erfährt man, was der Protagonist unternimmt, um seiner Angst Herr zu werden. Er macht eine Reise durch Philosophie, Wissenschaft und Spiritualität. 

Zunächst berichtet Thorsten Glotzmann wie die Angst zu ihm, nicht grundlos von ihm distanzierter formuliert, zu "Herrn G." kam und schließlich seinen Alltag vergiftete, so etwa durch neurotische Kontrollhandlungen, die der Autor ironisierend beschreibt oder hypochondrische Neigungen, die ihn geradezu meschugge machten.

Er berichtet von der fatalen Wirkung des sogenannten "doomscrolling", schreibt davon, sich von Negativ-Schlagzeile zu Negativ-Schlagzeile zu hangeln und geradezu süchtig Weltuntergangsbotschaften aufzusaugen.  Die Pandemie, Krieg und Klima-Panik führten letztlich zu Gefühlen der Ohnmacht und machten Herrn G. beinahe handlungsunfähig. Abstand und Ablenkung taten Not. 

Hier beginnt die Reise von Herrn G. zunächst ins Reich der Philosophie. Er sucht Rat bei den Epikureern, Stoikern und Skeptikern und liest hier vom Vorausbedenken  und  über die  Einübung des Todes. 

Nicht am Besitz zu haften und sich nichts auf ihn einzubilden, diente Seneca der Angstüberwindung. Bei Herrn G. funktionierte dies und anderes nicht überzeugend. Er wendet sich u.a. Kierkegaard zu, lässt den Psychoanalytiker Riemann nicht unerwähnt, dieser schreibt, dass alles Unbekannte neben dem Reiz des Neuen und der Freude am Risiko auch Angst enthält. Angst gehöre zum Erwachsenenwerden.

Herr G. sucht weiter Rat, diesmal bei Schopenhauer, findet aber auch dort nicht wirklich Hilfe, um sich aus seinen Ängsten zu befreien, wendet sich an eine Therapeutin, erfährt von seiner Angststörung, die begünstigt wurde "durch Perfektionismus, Rigidität und die ständige Besorgtheit, ob Leistungen gut genug sind oder ob man das richtige tut." 

Um was es geht, ist die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken und sich bewusst zu machen, dass man in der Vergangenheit auch unter extremen Belastungen noch handlungsfähig war, es immer wieder sein kann und dementsprechend schwierige Phase,  stets aufs Neue zu meistern in der Lage ist. 

Doch trotz dieser Erkenntnisse geht Herr G. weiter auf die Suche und nimmt Nachhilfeunterricht in Biologie und Neurowissenschaft, erfährt hier u.a., was Stress körperlich bewirken kann und welche Wirkung Berührungen haben. 

Des Weiteren lernt er mentale Übungen gegen Angst kennen und versucht auf diese Weise seinen inneren Kritiker zu besänftigen. Sieben Schritte erlernen er und die Leser hierbei, die helfen Angststörungen zu überwinden, darunter -sehr wichtig- der 5. Schritt, der darin besteht, nach Werten zu leben, statt Ziele anzustreben. Natürlich wird im Buch auch begründet, weshalb. 

Schlussendlich geht es auch um Spiritualität in Schritt 7 dann auch um buddhistisches Denken und hier um das Loslassenkönnen, das Ängste minimiert, weil man nichts -selbst das Leben nicht festhalten muss. 

Ach ja, dann lernt Herr G. auch noch, sich für die Liebe zu entscheiden, sich auf diese Weise mit anderen zu verbinden und sich selbst im anderen wiederzufinden. Genau das hilft offensichtlich gegen Angst, hilft sie loszulassen und frei zu werden. 

Ein wirklich lesenswertes, hilfreiches, teilweise sehr amüsant geschriebenes Buch. 

Wer über seine Angst lachen kann, hat sie schon halb überwunden. 

 Maximal empfehlenswert.

 Helga König

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Rezension: Aufklärung in Zeiten der Verdunkelung-Philipp Blom- Brandstätter


Philipp Blom, der Autor dieses Buches, hat Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford studiert. Als Schriftsteller und Historiker lebt er derzeit in Wien, wo er u.a. auch journalistisch tätig ist, die Sendung "Punkt Eins" auf dem österreichischen Kultursender ÖI moderiert, zudem Filme realisiert wie etwa die mehrfach preisgekrönte Dokumentarserie "Der taumelnde Kontinent" und darüber hinaus Ausstellungen in Europa und den USA kuratiert. 

Worum es dem Autor in diesem Buch geht? 

Um wahre, radikale Aufklärung, die in unseren Zeiten der wachsenden Verunsicherung aufgrund der Halbwahrheiten und Schlagworte in den alten und neuen Medien zwingend notwendig sei, um Wichtiges von Unwichtigem, auch Sinn von Unsinn wieder unterschieden zu können. 

Der Autor untergliedert sein Werk in sechs Abschnitte, denen er eine knappe Einleitung voranstellt. Seine komplexen, höchst intellektuellen Texte lassen sich im Grunde nicht in einer zeilenbegrenzten Rezension ausreichend beleuchten. Dazu  sind die Inhalte zu anspruchsvoll.

Wie Philipp Blom vorgeht? 

Jedes der 6 Kapitel beginnt mit einem, ein paar Seiten umfassenden Essay, der stets eine Fülle von Fußnoten enthält, die im Anschluss an den jeweiligen Essay ausführlich textlich abgehandelt werden. Ein bewusst akademisch gehaltener Text demnach, doch das sollte nicht abschrecken.  Das Buch ist  ein reines Lesevergnügen!

Um die einzelnen Essays in ihrem Sinne zu begreifen, empfiehlt es sich, zunächst jeden Essay aufmerksam zu lesen, dann den jeweils fokussierten Essay in Verbindung mit den Erläuterungen, die in den Fußnoten stehen,  zu studieren und sich intellektuell klar zu machen, schließlich den Text ein drittes Mal lesen, um ihn dann abzunicken oder Gegenargumente findend, ihn in Frage zu stellen. 

Nach meiner Ansicht gibt es nichts in Frage zu stellen.  Blom hat einfach Recht. Überzeugen Sie sich selbst!

Die hervorgehobenen Sentenzen im Buch übrigens (Zeilen aus den Essays), denen  man  beim Lesen begegnet, sind wie das gesamte Werk einfach ein geistiger Höhenflug, damit lobenswert und haben großen Respekt verdient. 

Wie würden Sie beispielsweise Bloms Frage beantworten: "Wie denkt man darüber nach, wie eine gute Gesellschaft funktionieren kann, obwohl Menschen nun einmal so eigennützig sind, wie sie sind?"

Wie das geht, zeigt Philipp Blom in seinen Texten, in denen er aufklärt und zwar in Zeiten der Verdunkelung, Zeiten die durch Eigennützigkeit geprägt sind.. 

Man muss begreifen, dass die besagte Eigennützigkeit dazu führt, dass es beinahe in jeder Gesellschaft zu Elitebildung kommt, diese Eliten letztlich den Markt entfesseln und dadurch die Negation der aufklärerischen Ideale herbeiführen. 

Das ist tottraurig! Was kann man tun, um dies zu verändern?

Aufklärung im Hier und Heute bedeutet demnach, dass man begreift, dass die Errungenschaften der Aufklärung, allen voran die Menschenrechte, nur dann eine Chance haben, weiter zu bestehen, wenn wir Menschen Gemeinnutz vor Eigennutz stellen.    

Nur dann kann es eine globale, ökologische Gerechtigkeit geben, nur dann ist ein Wohlergehen aller möglich.  Ein Erkenntnisschub tut Not. "Ich muss erst einmal an mich denken" ist der falsche Satz, um zu erkennen, worum es eigentlich geht. Mitmenschlichkeit beginnt nicht bei einem selbst.

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Erschöpft ?- Belebende Perspektiven für müde Menschen- Anna Katharina Schaffner-dtv




Anna Katharina Schaffner, die Autorin dieses Buches ist Kulturhistorikerin und zertifizierter Burnout-Coach. Sie lebt mit ihrer Familie in Kent, wo sie bis 2023 als Professorin Kulturgeschichte an der dortigen Universität lehrte. 

Ihr vorliegendes Werk beinhaltet nicht nur Einsichten aus aktuellen psychologischen und soziologischen Untersuchungen zu Stress und Burnout, sondern befasst sich auch mit ermattenden Zeitgenossen vergangener Jahrhunderte. Hinzu kommen Figuren aus der Literatur, so etwa der legendäre "Oblomow". 

Verdeutlicht wird, dass die Menschheit schon immer mit Erschöpfung zu kämpfen hatte, so die Autorin. Wie sie ihre Leser wissen lässt, erfordere jeder Erschöpfungszustand, der auf einem komplexeren Ursachengeflecht beruhe, eine transdisziplinäre und systemische Herangehensweise. 

A. K. Schaffner ist überzeugt, dass soziale und kulturelle Gegebenheiten viel stärker in die Ratgeberkultur einfließen sollten, weil diese sich auch auf das mentale Wohlbefinden auswirkten. Produktivität und Effizienz würden im Hier und Jetzt überbewertet und machten eine große Anzahl der Menschen krank. 

Was tun? Sich beispielsweise mit diesem Buch näher befassen, die kurzen Essays rund um das Thema Erschöpfung lesen, so etwa zu Arbeit, Energie, Freude, Kapitalismus, Perfektionismus, Ruhe und Zeit.

Die Autorin rät, pro Tag nur einen Text zu lesen, weil der Inhalt dann besser ins Bewusstsein dringe und langsam neue Blinkwinkel öffne. Wichtig sei, die eigene Einstellung zu verändern, weil echte Transformation nur durch einen Wechsel in der Struktur der Gefühle gelänge. Wissen, das nur im Kopf existiere, sei nutzlos. 

Als Gegenteil von Erschöpfung schreibt Schaffner in einem der Essays würden Vitalität, Engagement, Lebendigkeit, Elan und Kraft gelten. 

Was ist zu tun, wenn diese Energiespeicher leer sind und Depression, chronische Fatigue und Burnout uns Schach matt setzen? Was können wir tun; wenn wir keine Freude mehr empfinden? 

Die Autorin rät beispielsweise zu einem Hobby, sprich zu einer Tätigkeit, die nur dazu dient, und glücklich zu machen. Hobbys seien radikal zweckfrei und immun gegen alle Versuche, sie in den Dienst unseres Selbstoptimierbedürfnisses stellen. Genau das ist sinnvoll, wenn man leergepumpt ist. 

Sehr gut ist der Essay über "Kaizen", weil es sich hierbei nicht um eine Optimierungsmethode handelt, sondern um eine Methode, die uns nicht an Altes, uns Schadendes bindet, sondern uns ermuntere, uns als lebenslang Lernende zu betrachten. 

Schaffner erinnert auch an Luther, Calvin und Knox, an alle  jene, die den Müßiggang anprangerten und  verdeutlicht, wie sich auf dieser gedanklichen Grundlage der Kapitalismus ausbreiten konnte, der letztlich zur Erschöpfung all jener führte, die durch ihn ausgebeutet wurden. 

Der amerikanische Philosoph Thoreau wird in den Essays nicht ausgespart, in dessen persönlichen Wertesystem materielle Güter, Status und soziale Anerkennung keinerlei Relevanz gehabt haben.

Zu begreifen, dass die Währung in der wir zahlen, wenn wir uns auspumpen, wertvolle Lebenszeit ist, dass ist sehr wichtig. Wofür wir diese Lebenszeit nutzen sollten? Gewiss nicht dazu, weiterhin in den Zustand von Erschöpfung zu gelangen. 

Die Essays dieses Buches sind überaus lehrreich. 

Deshalb auch: Maximal empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Aussöhnung mit uns selbst und dem unvollkommenen Leben- Uwe Böschemeyer-Kneipp Verlag



Dr. Uwe Böschemeyer ist Psychotherapeut der Schule Viktor Frankls und der Entwickler der "Wertimagination" und der "Wertorientierten Persönlichkeitsbildung". 

Sein Buch ist in zwei Teile gegliedert. Teil 1 trägt den Titel "Worauf es mir in meiner Arbeit vor allem ankam und nach wie vor ankommt". Hier schreibt der Autor gleich eingangs von der "Trotzmacht des Geistes" und verweist auf Victor E. Frankl, dessen Schüler er war. Mit dieser "Trotzmacht" sei jene menschliche Fähigkeit gemeint, nicht nur in sich zu gehen, sondern auch stehen lassen zu können. Man müsse sich nicht durch jede kritische Bemerkung eines anderen in Selbstzweifel stürzen und man müsse auch nicht allen Störungen unserer Seele Vorrang gestatten. Es gehe bei der "Trotzmacht des Geistes" um das Bewahren der Freiheit im Inneren, um Sinnerfahrung, die bleiben könne, auch wenn die Vor-Stellungen vom Leben zunichte geworden seien. Wir Menschen könnten "größer" sein als das, was uns klein zu machen drohe. 

Dr. Böschemeyer klärt in der Folge über die "Werteimagination" als primäre Methode auf. Dieses von ihm entwickelte empirische Konzept basiere auf der anthropologischen Einsicht Frankls, dass der "unbewusste Geist" die Grundlage des bewussten Geistes sei. Was man unter dem "unbewussten Geist" zu verstehen hat, wird gut nachvollziehbar erläutert und hier auch, weshalb unsere Tiefe hell sei.

Anhand eines Beispiels lernt man eine "Werteimagination kennen", die eine Patientin des Autors zum "Ort des Angenommenseins" führt und zwar unter Führung und Begleitung des "inneren Lebensbejahers". 

"Wertimagination" sei ein erprobter Weg zur Überwindung der Selbstentfremdung, zum Erleben der gefühlten Einheit von Leib-Seele-Geist und der Ganzheit des Menschen. 

Der Autor schreibt, dass zu den tieftraurigen Erfahrungen zahlloser Menschen ihre scheinbare Unfähigkeit gehöre, verzeihen zu können. Auf Dauer nicht verzeihen zu können, bedeute Mangel an Weitherzigkeit und Güte. Je länger die Fixierung andauere, desto eher könne sich Hass entwickeln. 

Dr. Böschemeyer zeigt an Beispielen wie man zu einer berührenden und zugleich treffenden Sprache findet. Auch skizziert er die neun Charaktere des "Enneagramms" und welcher Wert, der jeweilige Charakter in seinem Original und damit seinem wahren Wesen näherbringt. So ist dies beispielsweise beim "Helfer-Mensch", der dazu neigt, es mit der Hilfsbereitschaft zu übertreiben, die Liebe, die auch ihn selbst meint und beim „Erfolgs-Mensch“ die Wahrheit, die er nicht selten “charmant“ auslegt, um Erfolg zu haben. 

Gütig zu werden, sei das Ziel der Arbeit an sich selbst. Güte sei das spezifisch Menschliche und gehöre zu den zentralen Themen der werteorientierten Persönlichkeitsbildung. Güte sei gelebte Liebe. Auf den Seiten 60/61 erfährt man dezidiert, wodurch sich ein gütiger Mensch auszeichnet. 

Mit diesen Kenntnissen endet der 1. Teil des Buches. Im 2. Teil geht es dann darum, wie Aussöhnung mit einem selbst und dem Leben möglich werden kann. Wichtig ist es, seinen Negativismus zu überdenken und Widerstand gegen diese negativistische Haltung zu entwickeln, damit das Leben bekömmlicher wird. Güte sei ein Wert, der primär den Zugang zur Aussöhnung öffne. 

Was man unter Aussöhnung genau zu verstehen hat, erläutert der Autor auf den Seiten 58-59. Hier auch hebt er hervor, dass neben der Güte die Vernunft Zugang zur Aussöhnung liefere. Dann lernt man eine Reihe von Beispielen kennen, wie Aussöhnung durch Güte unser Leben im Alltag verändern könnte und erfährt zudem mehr im Hinblick auf Aussöhnung mit einer schmerzvollen Vergangenheit. 

Mitgefühl mit sich selbst zu entwickeln, sei wichtig, weil Mitgefühl eine Bedingung dafür sei, gütig zu sein. Aussöhnung mit einer Gegenwart, die man sich ganz anders vorgestellt habe, sei wichtig, denn je aufrichtiger man mit sich selbst umgehe, umso weniger projiziere man ungelöste Probleme auf andere. Aussöhnung mit dem eignen Körper, der eigenen Seele und dem eigenen Geist, auch mit chronischen Leiden und mit der Zeit, in der wir leben und vielem anderen mehr, was in diesem Buch zur Sprache kommt,  ist sinnstiftend, weil sie uns hell, uns zu liebenden Menschen macht, als die wir gedacht sind von unserem wahren Wesen her. Sich diesem Gedanken und Vorgehensweisen zu öffnen, scheint mir sinnvoll, weil sie zur Befriedung von allem betragen, was unversöhnt, zu unnötigen Problemen führt.
 
Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Zeiten der Besinnung- Gleichnisse -Viktor E. Frankl- Benevento



Dr. med., Dr. Phil., Dr. h.c. mult. Viktor Frankl (1905-1997) war Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien und Gastprofessor an einigen sehr renommierten Universitäten. Die von ihm entwickelte "Logotherapie und Existenzanalyse" gilt als sinnzentrierte Richtung der Psychotherapie. Logotherapie-Institute und Gesellschaften in der ganzen Welt führen Frankls Werk weiter. 

Dies ist das dritte Buch aus dem Benevento- Verlag mit Texten von Viktor E. Frankl, das ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiere. Es enthält eine Fülle von Gleichnissen des Neurologen, zusammengestellt, ergänzt und kommentiert von der Psychotherapeutin Elisabeth S. Lukas mit einem Vorwort von Walter Kohl. 

Es geht also in diesem Buch um Gleichnisse und zwar solche, die, wie Kohl schreibt, den Leser im Kopf als auch im Herzen erreichen sollen. Es geht beispielweise darum, zu erkennen wie wichtig Selbsttranszendenz ist, gemeint, die Wahrnehmung von sinnvollen Aufgaben und - in Konsequenz- die Hingabe an sie.

Wie Lukas im Kommentar zum Gleichnis "Das gesunde Auge" schreibt, meine Selbsttranszendenz die Liebe zu einem Du und in Konsequenz-den Dienst an einem Du. Menschen, die seelisch krank sind, seien nicht in der Lage,  ihre  Aufgaben richtig wahrzunehmen, sondern sehen nur noch sich. Ein solches Leben könne nicht zur optimalen menschlichen Selbstverwirklichung führen. Wer nur sich sieht, dessen Wunden könnten nicht vernarben. 

Der Mensch benötige "ein gewisses, maßvolles Gefordertsein" im Hier und Jetzt, weil dies der Gesundheit zweckdienlich sei. Sinn müsse nicht erfunden, sondern bloß gefunden werden. Es gehe darum, das Gesichtsfeld für den transsubjektiven Sinn der Situation und für reale Werte in der Welt zu erweitern. 

Im Rahmen der Gleichnisse, erfährt man auch mehr darüber, wo Frankl das Gewissen eines jeden Menschen verortet. Dieses echte "Sinn-Organ-Gewissen" kenne weder Angst vor Strafe oder Gier nach Belohnung, denn es sei Intuition, Feingespür und Herzensweisheit. Es sei die Antenne für das Transzendente, das uns durchwehe. 

Das Gewissen sei das in die menschliche Seele "eingebaute“ Sinnorgan", welches die Funktion habe, der jeder einzelnen Situation innewohnenden, in ihr "schlummernden" Sinnmöglichkeit gewahr zu werden. 

Frankl geht es u.a. darum, dass die "Erziehung zum Gewissen" jene zum Gehorsam ablöse, weil nur so wahre Reife stattfinden könne, ansonsten würden wir alle an den "Pathologien des Zeitgeistes" zu leiden haben. 

Immer wieder geht es in den Gleichnissen um den Sinn des Lebens. Sinnerfüllung nach Frankl entsteht aber nicht nur Kreativität und Emsigkeit, sondern auch das passive Leben erfülle mit Sinn. Die Gründe werden im Buch genannt.

Fasziniert bin ich vom Gleichnis mit dem Titel "36 wahrhaft Gerechte". Es erzählt von einem alten Mythos, dass die Existenz der Welt darauf beruhe, dass zu jeder Zeit 36 wahrhaft gerechte Menschen in ihr sind…Der Kommentar von Frau Lukas endet mit den Worten "Einer von 36…vielleicht wohnt er gar in unserer Nähe?"

Der Mensch braucht Aufgaben nach Frankl, ohne erscheint das Leben sinnlos. Wir sind nach seiner Meinung alle verantwortlich im Hinblick auf die Erfüllung sinnvoller Lebensaufgaben und vor dem unsichtbaren Zuschauer. 

Vielleicht besteht die Aufgabe von uns Menschen darin, der Gerechtigkeit mehr Raum zu schenken, damit die Anzahl der wahrhaft Gerechten sich vergrößern kann.

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Die Antierschöpfungsstrategie- Jörg Berger- Herder




Autor dieses Buches ist der Psychotherapeut Jörg Berger. In seinem Werk geht es darum, Erschöpfungszustände zu überwinden. Dazu zeigt er sieben Wege zur inneren Kraft auf. In seiner Einleitung schreibt der Autor, dass man diese Wege auf einer halben Buchseite im Grunde zusammenfassen kann. Das macht er übrigens auch. Dennoch umfasst sein Werk rund 200 Seiten und diesen kann man viel Hilfreiches und Kluges entnehmen, vor allem auch gute Übungen, die dazu führen, Erschöpfungszustände zu überwinden. 

Der Autor erinnert daran, dass unser Körper unsere Lebensgrundlage verkörpert. Insofern ist es sinnvoll, die Anti-Erschöpfungsstrategie zunächst auf ihn anzuwenden. Dazu erfährt man mehr im ersten Kapitel. Des Weiteren geht es um den Selbstwert und wie man diesen befreit. Selbstoptimierung führt früher oder später zur Erschöpfung. Das hört und liest man ja immer wieder und dennoch werden viele Opfer besagten Teufelskreises: Schöner, besser, größer...  

Der Autor rät u.a. dazu, den inneren Kritiker (Antreiber) zu erkennen und ihm zu widersprechen, ihn schlussendlich zu entlassen. Um dies zu Wege zu bringen, helfen lt. Berger zwei Gefühle. Bei einem der Gefühle handelt es sich um ein Mitgefühl mit sich selbst. Abgrenzung zu diesem inneren Kritiker helfe dabei. Bewusst müsse uns werden, dass wir die Macht haben, zu wählen, wer und was uns Wert gibt. In diesem Zusammenhang schreibt  Berger von der Ablösung von der Elternbeziehung und zeigt, woran man diese erkennt, nennt auch Zeichen der Ablösung von anderen Beziehungen und erhält eine Schritt-für Schritt-Anleitung wie man von kindlichen Gefühlen zur erwachsenen Stärke gelangt. 

Sehr gut beschrieben, sind die Menschen, die uns Kraft kosten, Es handelt sich hierbei um Grenzüberschreiter, Abwerter, Blender, Rächer, Energieräuber, Vermeider und Einschüchterer. Erläutert auch wird, wie man mit solchen Charakteren umgehen sollte. Ach ja, sehr gut auch ist im Buch die Checkliste im Hinblick auf Menschen, die uns nicht guttun und die Frage, ob eine/r der Persönlichkeitstypen eine verhängnisvolle Anziehung auf einen ausübt. Sich darüber bewusst zu werden, hilft, frühzeitig Grenzen zu ziehen und zu erkennen, was Ursache  dieser verhängnisvollen Anziehung ist. 

Der Autor schreibt auch vom Loslassen und zeigt wie man dies üben kann. Überflüssiges loszulassen, dabei keine Entzugserscheinungen zu haben, bringt uns unserer inneren Kraft näher. Warum weniger mehr ist, wird spätestens nach den entsprechenden Ausführungen des Autors klar. 

Im 6. Weg empfiehlt Jörg Berger furchtlos seine Schattenseiten zu leben, d.h. u.a. mit Misserfolgen gelassen umzugehen, eigene Aggression, Neid und Egoismus zu erkennen, denn dann schiebt man sie nicht mehr anderen zu. Wer seine Fehler erkennt und zunächst mal akzeptiert, lernt anders damit umzugehen und verträglicher zu sein. 

Auch über Spiritualität schreibt Berger im Zusammenhang mit der Antierschöpfungsstrategie. Hier kommt das Ego ins Spiel, dessen Ballast abzuwerfen, ist eine gute spirituelle Übung. 

Was noch? Täuschungen zu durchschauen, das ist wirklich wichtig, um nicht zu erschöpfen, sei  Täuschungen über sich selbst oder durch andere oder anderes. Wie der Autor hervorhebt, helfe Achtsamkeit die Wirklichkeit so anzunehmen wie sie ist. 

Dies sind nur einige Anregungen des Buches, Schlafen und Ausdauersport sind weitere Themen aber auch Übungen zur Gefühlsregulation, denn nicht allen belastenden Lebensumständen kann man entkommen. Entkommen allerdings kann man allerdings der Erschöpfung; Jörg Berger zeigt, wie dies möglich ist.

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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