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Rezension:Über das Glück: Ein Symposion (Taschenbuch)

"Die Fantasie setzt die künftige Welt entweder in die Höhe, oder in die Tiefe, oder in die Metempsychose zu uns. Wir träumen von Reisen durch das Weltall: ist denn das Weltall nicht in uns? Die Tiefen unseres Geistes kennen wir nicht. Nach Innen geht der geheimnisvolle Weg. In uns oder nirgens ist die Ewigkeit mit ihren Welten, die Vergangenheit und die Zukunft. Die Außenwelt ist die Schattenwelt, sie wirft ihren Schatten in das Lichtreich. Jetzt scheint es uns freilich innerlich so dunkel, einsam, gestaltlos, aber wie ganz anders wird es in uns dünken, wenn diese Verfinsterung vorbey, und der Schattenkörper hinweggerückt ist. Wir werden mehr genießen als je, denn unser Geist hat entbehrt", (Zitat: Goethe, S.168).

Das Glück in seiner Vielgestaltigkeit wird in diesem Symposion über das Glück von international angesehenen Wissenschaftlern vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Disziplinen- der Philosophie, Psychologie, Ethnologie, Literaturwissenschaft, der Kunst und Wissenschaftsgeschichte in Augenschein genommen.

Der Philosoph Prof. Heinrich Meier hat den Prolog "Über das Glück" verfasst. In der Folge kann man sich in die Glücksdarstellung in der klassischen deutschen Literatur vertiefen. Man wird mit den Glücksvorstellungen in der Aufklärung konfrontiert und hier auch mit jener von Lessing, in dessen Schriften sich das künstlerisch und intellektuell anspruchsvollste Zeugnis aufklärerischer Glücksemphase entfaltet, zumindest was den deutschsprachigen Raum anbelangt.

Thematisiert wird das katastrophale Glück bei Kleist, das Glück durch Mitteilung bei Goethe und Hebels unverhofftes Glück.

Es lohnt sich, Ulrich Pothasts Gedanken zum Glück und dessen Unverfügbarkeit zu lesen. Bestimmte Persönlichkeitszüge, Gefühlshaltungen, Handlungsweisen sollen, so schreibt er, das Glück fördern. Stichworte aus der Philosophiegeschichte sind hier Tugend, Tätigkeit, Seelenruhe, Vernunft, Affektfreiheit, (vgl.:S.55). Treffend bemerkt Pothast, dass es ein großes Geschenk der Fortuna sei, ohne weiteres Nachdenken und ohne besondere Glücksbemühungen ein glückliches Leben zu führen und allenfalls, wenn man danach fragt, überhaupt das Wort Glück darauf anzuwenden,(vgl.:S.72).

Sehr gut hat mir der Beitrag Camille Paglias über das flüchtige Glück des abendländischen Künstlers gefallen und ein Satz, der speziell auch für Chopin, mit dem sich Paglia auch befasst besonders zutrifft: "So viel Kunst beginnt für dazu begabte Menschen mit dem Glück, das sie dabei empfinden, Materialien mit den Händen zu bearbeiten", (vgl: S.218).
Im Epilog schreibt Prof. Meier einen wichtigen Satz: "Wenigen gelingt es, gegenüber der Macht Fortunas die innere Freiheit zu wahren", (Zitat: S.285). Es stimmt, die Wandelbarkeit der Zeit gebiert das Glück und Unglück, das Fortuna für den Handelnden bereithält. Versuchen wir also Seelenruhe zu entwickeln, denn diese allein scheint die Basis der Glückseligkeit zu sein.
Lesenswert.

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Rezension: Warum Tagträume uns kreativer, mutiger und gelassener machen (Gebundene Ausgabe)

Heiko Ernst, der Autor dieses Buches, befasst sich seinem dicht geschriebenen Text mit dem Phänomen der Tagträume.

Das umfangreiche Literaturverzeichnis am Ende macht deutlich, dass der Autor sich intensiv mit dem Thema befasst hat. Wenn er zum Schluss seines Buches resümierend festhält, dass das Innenleben eine Festung der Privatheit, das Atelier der Kreativität, das Sanktuarium der Erinnerung sei und von daher die erste Verteidigungslinie des Privaten bei den Tagträumen beginne, für die man Stille und Alleinsein benötige, macht er deutlich, dass sie der seelische "Sauerstoff" sind, der lebensnotwenig für unsere Seele und unser Gehirn ist, (vgl.: S.234).

Gleich zu Anfang des Buches fragt der Autor, ob nur die "Unbefriedigten" mit offenen Augen träumen und Fantasien ein blasser Glücks-Ersatz seien, (vgl.: S.16). Hier nimmt Ernst bei der Beantwortung der rhetorischen Fragen auf Freud Bezug und verdeutlicht, dass der Psychoanalytiker, wie viele andere Psychologen das Tagträumen in ein schiefes Licht gesetzt haben, (vgl.: S.18). Erst die Nach-Freudianer erkannten, dass die Tagträume und Fantasien sich als eine legitime und fruchtbare Quelle für die Kreativitätsforschung, Psychotherapie und Selbsterkenntnis erwiesen haben, (vgl.:S.21).

Heiko Ernst hält fest, dass Fantasien, bildhafte Vorstellungen und Tagträume neben anderen Bewusstseinsfunktionen, wie Lernen, Nachdenken oder Planen, die Hauptmethoden darstellen, mit denen wir uns an unsere Umwelt anpassen, uns assimilieren. Es verhält sich wohl so, dass wir mittels Fantasien und Tagträumen alles bearbeiten, was uns wiederfährt, "damit wir es aushalten oder auch verändern können", (vgl.:S.23).

Der Autor macht begreifbar, wie wir Tagträume einfangen und nutzen können, zeigt auch, wie sie uns verändern und dazu beitragen, bestimmte Wünsche zu erfüllen oder Probleme zu lösen.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass Heiko Ernst den Philosophen Bloch anführt, der sich in seinem Hauptwerk "Das Prinzip Hoffnung", dort auch sehr positiv zu Erträumtem äußert und der wusste, dass dieses sich mit Realem nur dann zu einer neuen Wirklichkeit zusammenfügen kann, wenn wir uns unserer Imaginationskraft bedienen, (vgl.: S.38).

Ernst schreibt, zu welchen Zeiten wir tagträumen- es sind nämlich nicht nur die Leerlaufzeiten- und macht klar, dass die Kraft der Imagination zur Menschwerdung gehört. Der Autor nimmt diesbezüglich nicht nur auf Bloch, sondern auch auf Sartre Bezug und zitiert Aufschlussreiches aus dessen Werk "Das Imaginäre", (siehe S. 55).

Man erfährt Wissenswertes über die Ursprünge des Fantasierens und die Verzauberung der Welt des Kindes durch das Spiel. Kinder vermögen schon im Alter von zwei Jahren zu begreifen, dass der brummende Vater kein Bär ist, sondern ihn nur imaginiert und lachen genau deshalb ganz ungemein vergnügt, (vgl.: S.61). Tagträume, Fantasien, Imaginationen, Luftschlösser, so der Autor, sind Residuen und Fortsetzungen der frühkindlichen Psyche, mit denen man auch im Erwachsenenalter die Wirklichkeit bewältigt, (vgl.: S.63).

Nicht zuletzt machen Tagträume die Entbehrung und den Befriedigungsaufschub erträglicher. Tagträume reduzieren Stress in Zeiten Konzentrationshochleistungszeiten, (vgl.: S.75). Weshalb sie so wichtig sind, listet der Autor zum schnellen Zwischenbilanzziehen auf den Seiten 97-101 für Essenzleser kurz auf und fasst noch kürzer in einem Satz zusammen, dass sie sie der Königsweg zu uns selbst sind.

Im zweiten großen Abschnitt des Buches macht Heiko Ernst begreifbar, wie wir unser Leben fantasieren, fokussiert unsere Kern-Tagträume, auch das Pornokino im Kopf.

Es führt zu weit, im Rahmen der Rezension alle Facetten der Tagträume zu benennen. Ernsts Überlegungen zum Tagtraum im Hinblick auf die Kunst finde ich bemerkenswert. Der Autor erwähnt hier Peter von Matt, der erkannt hat, dass der Künstler in der von ihm so genannten "Opus-Fantasie" gewissermaßen seinen eigenen kreativen Prozess reflektiere. Der Kunstschaffende "sieht" sein eigenes Werk vor sich und eventuell auch seinen Erfolg und diese Fantasie über das Fantasieren, demnach die "Metafantasie steuere mithin sein Schaffen, (vgl.: S.182).

Heiko Ernst hat mit diesem Buch ein Plädoyer für unsere Tagträume geschrieben, die wir benötigen und uns gestatten sollen, um unsere innere Balance zu halten und kreativ zu bleiben.

Sehr empfehlenswert.

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