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Rezension: Rache- Gefangen zwischen Macht und Ohnmacht-Reinhard Haller-ecowin


Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. Reinhard Haller hat mit "Rache-Gefangen zwischen Macht und Ohnmacht" ein sehr erhellendes Buch verfasst, in dem er sich mit einem Gefühl beschäftigt, das nicht einfach zu beschreiben ist. Wie der Autor konstatiert, reicht sein Spektrum von spontaner Revanche bis zu zwanghaft bohrenden Rachegedanken, von diffusen Rachebedürfnissen über Rachlust bis zu unstillbarer Rachsucht, von verständlichem Vergeltungswunsch bis zu nicht vorstellbarer Grausamkeit. Rache entspringe dem Verlangen nach Gerechtigkeit und soll der Wiedergutmachung und dem Ausgleich dienen. Ihre Triebfedern seien Kränkung und enttäuschtes Vertrauen, Eifersucht, Neid und Narzissmus. 

Rache habe soziologisch gesehen etwas mit Ausgleich zu tun. Sie tauche in unterschiedlicher Form auf. Genannt werden Schadenfreude, Revanche, Denkzettel, Vergeltung, Vendetta-die Blutrache und der Rachfeldzug sowie der Rachekrieg. All diese Formen werden gut verständlich erläutert. 

Rachsüchtige Personen scheinen mit einem ängstlichen, hortenden, zwanghaft-aggressiven oder extrem narzisstischen Charakter ausgestattet zu sein. Je geringer die Kultur in einer Gesellschaft entwickelt sei, umso größer die Rachsucht. 

Bei Rache geht es u.a. um das Wiederherstellen des Selbstwertes. Wenn ein Mensch das Gefühl habe, Opfer von Benachteiligung, Übervorteilung, Schädigung geworden zu sein, möchte er das frustrierte Ego auf Augenhöhe bringen, möchte also einen Machtausgleich schaffen, indem er den Schädiger schwächt. 

Prof Dr. Haller zeigt an vielen Beispielen im Buch, um was es eigentlich geht. Er schreibt über Rachefantasien und wie es schließlich zu Racheaktionen kommt. Er erwähnt auch Dürrenmatts "Besuch der alten Dame", um zu zeigen, welchen Weg Rache gehen kann, um ihr Ziel zu erreichen.

Dann schreibt er über einzelne Mittel, Rache zu nehmen und nennt zuallererst das Schweigen. Wenn ein Mitmensch kein Wort mehr wert sei, dann soll durch das Schweigen zum Ausdruck gebracht werden, dass er nicht mehr existiere. Der Fachausdruck hierfür heißt #Ostrazismus. Der Ausschluss aus der schützenden Gruppe sei bei unseren Ur-Vorfahren einem Todesurteil gleichgekommen. 

Der Autor geht Ursachen und Motiven für Rache nach und nennt  fünf Punkte, weshalb aus wissenschaftlicher Sicht gerächt wird. Rache sei keine Krankheit und Rachemotive seien niemals krankheitsauslösend. Aber die Motive können krankhaft sein. Dies gilt für Fanatismus und Querulanz.

Man erfährt mehr über Rache als Strafe und deren Formen wie etwa die Todesstrafe, aber auch die Selbstbestrafung und liest zudem Wissenswertes zu den großen Triebfedern wir Zorn, Wut, Neid, Hass und Hassliebe. Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Hass sehr viel positive Lebensenergie aufzehrt und den Hassenden unfrei macht. 

Der Autor lotet die unterschätzen Ursachen für Rache aus. Hier geht es um Nichtbeachtung, fehlende Wertschätzung, Undankbarkeit, Schuldzuweisung und Beschämung. Dabei sind die wichtigsten Beschämungsarten Erniedrigungen, die das Ziel haben, einen Menschen "klein zu machen" und zu entwerten, des Weiteren Beziehungsabbrüche, die die Botschaft enthalten "Du bist minderwertig, wir mögen und wollen dich nicht."

Sehr lesenswert auch ist Kapitel 11 "Die Rache des Narzissten".  Hier  sind die bösartigen Folterwerkzeuge neuerdings Mobbing und Stalking. 

Neben diesen  und einigen anderen Aspekten schließlich gelangt der Autor zu Kapitel "Bewältigung der Rache". Lösungsorientiert, macht er 10 Vorschläge, die jeder beherzigen sollte, der von Rachegedanken geplagt ist. 

Gelassenheit durch Loslassen ist ein gutes Mittel, nachdem man sich der Rachegefühle und -motive bewusst geworden ist. Vergeben und Verzeihen ist nicht immer einfach, auch wenn es gewiss vernünftig ist.


Maximal empfehlenswert. 

Helga König

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