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Rezension: Lieben wir das Leben noch?- #Erich_Fromm- #dtv




Dieses Buch enthält eine Reihe bemerkenswert interessanter Texte des Psychoanalytikers, Philosophen und Sozialpsychologen Erich Fromm (1900-1980). Die Quellennachweise der Texte kann man den letzten Seiten entnehmen. Der Text "Lieben wir das Leben noch?" hat dem Buch den Titel gegeben. 

Für Fromm steht fest, dass ohne ein bestimmtes Minimum an Liebe zum Leben kein Mensch und keine Kultur existieren können. Dabei habe Leben stets die Tendenz, zu vereinen und zur Ganzheit zu gelangen. Das bedeute, Leben sei ein notwendiger Prozess des Wachstums und Wandels. Sobald Wachstum und Wandel enden, trete der Tod ein. 

Liebe beinhalte stets ein aktives Interesse am Wachstum und der Lebendigkeit dessen, was wir liebten. Dabei drücke sich die Liebe zu allem, was lebendig sei in den leidenschaftlichen Wunsch aus, dieses Wachstum zu fördern. Der Wunsch zu kontrollieren oder gar Gewalt anzuwenden, widersprächen der Natur der Liebe und stellten ein Hindernis für ihre Entwicklung und Realisierung dar. 

Leider besäßen nicht alle Menschen diese Liebe zum Leben, sondern stattdessen eine Affinität zu Totem, Zerstörung, Krankheit Verfall und Desintegration. Sie strebten danach, Wachstum und Lebendigkeit zu ersticken, hassten das Leben, weil sie sich seiner nicht erfreuen und keine Kontrolle darüber ausüben könnten. Erich Fromm nennt diese Menschen #nekrophil. 

Für den Psychoanalytiker gibt es ohne Lust und Stille keine #Liebe. Sie sei eine Fähigkeit, sich am Sein zu erfreuen anstelle am Tun, am Haben und am Gebrauchen. Je mehr man das Leben liebe, umso mehr fürchte man unter der ständigen Bedrohung der Wahrheit, Schönheit und Unversehrtheit des Lebens zu leiden. Gleichwohl sei zu leiden, nicht das Schlimmste im Leben. Das Schlimmste sei die Gleichgültigkeit. 

Erich Fromm schreibt in der Folge u.a. die moralische Verantwortung des modernen Menschen und hier, dass der Mensch zu seinen Mitmenschen und der Natur in Beziehung treten sollte, wobei bei der echten Liebe Bezogenheit auf andere und Integrität erhalten bleiben müssen. 

Es führt zu weit, ihm Rahmen der Rezension auf alle Texte einzugehen. Selbstsucht und Selbstliebe aber auch Hass und Selbsthass sind u.a. spannende Themen, jedoch vor allem die Liebe als leidenschaftliche Bejahung des Lebens. 

Fromm schreibt auch über zwei Phänomene, die eng miteinander verknüpft sind, die masochistische und sadistische Liebe. Beide sind Ausdruck eines starken Bedürfnisses, das von einer grundlegenden Unfähigkeit herrührt, unabhängig zu sein. 

Liebe sei ohne Freiheit und Unabhängigkeit nicht möglich. Grundsätzlich sei Liebe das Gegenteil von Hass, denn dieser sei der leidenschaftliche Wunsch zu zerstören. 

Der Wille zum Leben basiert auf der Liebe zum Leben. Darüber und über vieles mehr, doch auch über die Bedeutung eines aktiven Lebens erfährt man bei Fromm viel Wissenswertes.

Wer passiv sei, der leide. Aktivität bedeute, dass in uns etwas geboren werde, das aus uns selbst komme, das uns nicht aufgezwungen sei, das aus der schöpferischen Kraft stamme, die uns allen inne wohne. 

Packen wir unser Leben also an, lieben es,  nicht nur gerade jetzt in Zeiten des Corona-Virus. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

Onlinebestellung: dtv oder Amazon

Rezension: Alter ist eine Illusion- Michael Lehofer- GU



Prof. Dr. med phil #Michael_Lehofer ist #Psychiater, #Psychologe, #Psychotherapeut, #Führungskräftecoach und #Philosoph. Im vorliegenden Buch befasst er sich mit der Frage, wie real Alter eigentlich ist. 

Dass der Körper eines Menschen mit den Jahrzehnten sich verändert, dürfte jedem klar sein. Dass 80 Prozent aller Falten und Pigmentstörungen, Folge von zu vielen #UVA- und #UVB_Strahlen sind, zeigt, dass es hierbei nicht zwingend um eine Altersfrage geht.

In unserem Kulturkreis geht es Menschen darum, möglichst jung zu wirken. Dazu sollte man wissen, dass das Wesen des Jungseins #Neugierde, der #Aufbruch, der #Lebenshunger und dergleichen ist und nicht das, was viele meinen: So bleiben zu wollen, wie man ist. Denn Stereotypen sind, wie Lehofer zu Recht konstatiert, Zeichen des Alters.

Insofern gibt es Leute, die sich gerade dadurch, dass sie zwingend jung sein möchten, als Alte outen. Zwingend jung bleiben zu wollen, fordere uns eine Leistung ab. Die damit verbundene Verbissenheit sei eine Verkrampfung, die befremdliche Gier zum Ursprung habe. #Verbissenheit mache alt. 

Am jüngsten sind wir offenbar, wenn wir authentisch sind. Reife Menschen sind dies immer. Nicht alle, die alt an Lebensjahren, sind auch reif, betont Lehofer und führt weiter aus, dass der reife Mensch jene #Herzoffenheit habe, die sich auf die Begegnung mit dem Leben und allem, was es zu bieten hat, einlasse. Der reife Mensch lasse einen in der Begegnung aufatmen.

Der Mensch, der unaufhaltsam altere, zeichne sich dadurch aus, dass er festhalte und alles unbedingt kontrollieren möchte. Er lebe rückwärtsgewandt und wolle auf diese Weise jung bleiben. Doch so funktioniert es nicht. #Jungsein, so Lehofer, muss man leben. Dies bedeute allerdings nicht, das Verlorene mit ungeheurem Energieaufwand zu kompensieren, sondern vielmehr das Gegenwärtige in sich aufzunehmen und Teil von sich selbst werden zu lassen. 

Begegnung mache jung, vor allem feinfühlige, heilsame Begegnungen. 

Der Zeitpunkt des Beginns des Alters sei zugleich der Zeitpunkt des Endes des vermeintlichen Unwissens. Sobald ein Mensch also meint, sich in der Welt auszukennen, akzeptiert er deren Wandel nicht mehr, der ein Garant dafür ist, dem Alter zu widerstehen. 

Michael Lehofer wirbt für Nähe, weil wir durch sie heilen, reifen und ganz werden. Mauern, die man aufgrund von Kränkungen aufbaut, hindern uns an Begegnungsfähigkeit. Doch diese benötigen wir, um unsere Lebendigkeit zu erhalten. 

Immer wieder betont der Autor die Wichtigkeit von Bindungen. Sie auch sind das Zaubermittel gegen #Stress. Bindungen seien das Lebenselexier für uns Menschen. Von ihr hänge die Plastizität des Gehirns im Alter ab. Bindungen halten also jung, während #Einsamkeit uns vorzeitig altern lasse. Einsamkeit sei ein typisches Altersphänomen. 

Lehofer schreibt u.a.  über Verantwortung als Form von Lebendigkeit, auch von Wandlung und Leidenschaft und vielem anderen, das man bis zum Ende seiner Tage leben sollte und auch kann, wenn man jung bleiben möchte. 

Doch man erfährt auch Gegenteiliges, z. B. dass,  wer am Beleidigtsein am eigenen Leiden festhalte, letztlich rascher altere. Altern bedeutet mithin Stillstand. Beleidigungen beruhten auf ärgerlichen Erinnerungen. Dabei hätten dauerbeleidigte Menschen viele Brüche im Leben zu verzeichnen und würden durch ihren Ärger  rascher altern. 

Schlimm auch sei Verbitterung in punkto Altern. Dabei handelt es sich um enttäuschte Erwartungen. Es sei wichtig, die Realität des Lebens anzuerkennen und sich so Verbitterung- sie sei als  kristallisierte Frustration zu begreifen-  zu entziehen.

Das Wesentliche an der #Frustration sei die Erwartung, von der wir uns nicht lösen können. Frustrierend auch ist der ewigen #Vergleich, den man besser unterlässt, so auch #Selbstmitleid. Es gelte für sein Leben einzustehen, das mache jung. 

Interessant auch, der Gedanke, dass Zuhören Jugendlichkeit vermittele und die Tatsache, dass man noch nicht fertig sei. Wer interessiert bleibe an dieser Welt, für den ist Alter eine Illusion. 

Lehofer lotet Begriffe wie #Hoffnung aus und warnt vor ihr. Besser sie mit Zuversicht zu ersetzen, denn sie kann ein Konzept von vorgestern sein, das heute nicht mehr passend sein. Der Autor befasst sich mit der Frage, ob wir ohne Zukunft glücklich sein können und wie es sich mit einem Leben entgegen der Erfahrung verhält.  Auch #Gelassenheit bleibt nicht ausgespart, denn sie sei Ausdruck der positiven Bewältigung von Ängsten. 

Es sei wichtig, bis ans Ende aller Tage Visionen zu haben, auch mit der Zeit zu leben, dem Moment unvoreingenommen zu begegnen, dem Überraschenden Raum zu geben, zu staunen, zu leben und sich nicht selbst zu boykottieren. 

Michael Lehofer bringt es auf den Punkt: "Man spürt es sofort, ob ein alter Mensch alt ist oder ob das Alter bei ihm eine entlarvte Illusion darstellt, Es fehlt die Schwere, die Bitterkeit, das Verstrickte. Die Schwere fehlt, weil derjenige niemanden, nicht einmal sich selbst etwas nachträgt. Die Bitterkeit fehlt, weil Verlusterlebnisse verarbeitet sind und die Einsicht entstanden ist, dass man nichts verlieren kann. Und schließlich fehlt die Verstrickung, weil man verstanden hat, dass diese nur eine Konsequenz der Beharrlichkeit auf etwas ist und einem nichts bedeutet."

Wer sich früh übt, lebendig zu bleiben, macht es genau richtig. Ein gutes Buch. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Onlinebestellung GU oder Amazon