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Rezension: Die Ästhetik des Alltags- Betrachtungen zur Lebenskunst- Frank Berzbach

Der Autor dieses Buches- Dr. Frank Berzbach- unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik in Köln. Tätig war er bereits als Wissenschaftler, Journalist, Fahrradkurier, Technischer Zeichner, in der Psychiatrie und als Buchhändler. Der überzeugte Katholik praktiziert seit Jahren ZEN und arbeitet zu Fragen achtsamkeitsbasierter Psychologie, Arbeitspsychologie, Kreativität, Spiritualität, Mode und Popkultur. 

Das neue Werk von #Frank_Berzbach enthält 29 Essays, die er in vier Abschnitte untergliedert hat:
 -Alltagsbeobachtungen 
-Schöne neue Welt
-Der Glanz im Dunkeln 
-Aufbruch 

Hier reflektiert er  u.a. den Verfall des Schamgefühls. Er erwähnt in diesem Zusammenhang den Soziologen Norbert Elias, der das "Vorrücken der Schamschwelle" als zentrales Moment der Entwicklung der Zivilisation beschrieben hat. Nach Berzbachs Alltagsbeobachtung nimmt die Fähigkeit, sich zu schämen derzeit ab. Als Ursache nennt er das Fehlen an Formbewusstsein und dem Nachdenken darüber, welche zentrale Bedeutung die Formen für die Zivilisation haben. So sei die Schamlosigkeit mancher Eliten zu einer die Zivilisation zerstörenden Bewegung geworden. In der westlichen Welt sei Donald Trump zum Führer einer Bewegung der Schamlosigkeit aufgestiegen. Dabei sei die schamlose Lüge zur zentralen Strategie geworden, um fragwürdige Ziele zu erreichen.

Machthaber ohne Schamgefühl seien nicht fähig Schuld zu empfinden und liebten narzisstisch nur sich selbst, zur Liebe ihrer Nächsten sind sie nicht fähig.

Die Neonationalisten- auch über sie schreibt Frank Berzbach-, seien hingegen nur dann zur Liebe fähig, wenn sie abwerten können. Ohne diese Abwertung hätten sie keine Kraft. 

Für den Autor ergeben sich im Hinblick auf die Neonationalisten  nicht zuletzt auch spirituelle Fragen. Auffallend bei ihnen sei nämlich das atheistisch überspannte Denken und die mangelnde Gefühlskontrolle. Destruktive Emotionen würden durch die Neonationalisten wieder salonfähig. Der Neonationalismus werde vom Spiel der sekundären Emotionen mitbestimmt. Wer sich seinen Ängsten nicht stelle, überdecke sie durch die stärkeren Gefühle Wut und Hass. 

Jene mit den schlimmsten Parolen seien in Wahrheit die größten Feiglinge. Sie hätten Angst vor sich selbst-  speziell vor ihren Lastern und projizierten diese auf andere. Nur wer Zugang zu seinen Ängsten habe, könne sich vom Hass befreien und damit Weltoffenheit und Demokratie leben. 

Frank Berzbach schreibt auch über Geld und merkt an, dass im Leben etwas schief gelaufen sei, wenn es die Hauptrolle spiele. Dabei sei die Entscheidung für ein kreatives Leben zumeist eine Entscheidung gegen den raschen Wohlstand, weil schöpferisch tätig sein zu können, etwas anderes sei als die Fähigkeit, Märkte zu bedienen. 

Irgendwann später liest man in einem weiteren sehr guten Essay, dass es außerhalb der Klöster keine gelebte Philosophie der Freiheit mehr gebe. Allerdings existierten ja noch immer Bücher. Lesen sei (noch) eine Form der Errettung aus dem Lärm der Gegenwart, wahres Lesen bleibe eine Berufung. 

Dieser Berufung mit Frank Berzbachs Essayband nachzugehen ist eine wirkliche Freude, da man immerfort zum Nachdenken angeregt wird. 

Weil die Welt voll von Zeitgenossen ist, die narzisstisch gestört, krankhaft egoistisch, zu laut und pausenlos daherredend, nicht zuhörend oder voller drastischer Erwartungshaltungen sind, muss man lernen, sich abzugrenzen, muss man lernen bei sich zu bleiben, folgt man den klugen  Gedanken des Autors. 

Lesen ist eine gute Übung, um das Lernziel zu erreichen. Weshalb nicht mit der "Ästhetik des Alltags" das neue Jahr beginnen?

Sehr empfehlenswert

Helga König

Im Fachhandel erhältlich

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Die Ästhetik des Alltags: Betrachtungen zur Lebenskunst

Rezension: In dir lebt das Kind, das du warst-Seelische Belastungen bewältigen- Whitney Hugh Missildine- Klett-Cotta

Der Autor dieses Buches ist Dr. W. Hugh Missildine. Er war Direktor des Children´s Mental Health Center in Columbus, Ohio. Dort entwickelte er seinen Ansatz zur Lösung emotionaler Probleme Erwachsener. 

Das vorliegende Werk ist in drei Teile untergliedert und diese in diverse Kapitel. Im ersten Teil geht es darum, dass die Leser ihr inneres Kind erkennen und akzeptieren. Erörtert wird u.a. weshalb unsere Gefühle uns manchmal im Weg stehen und weshalb unser Blick von der Vergangenheit getrübt ist. So versuche das "Kind von früher", uns Erwachsene dazu zu bringen, so zu leben, wie man "daheim" in der Kindheit gelebt habe. Deshalb  auch werden gegenwärtige Umstände und Verhältnisse stets so hingebogen, dass sie dem ähneln, was sie in der Vergangenheit kannten. 

Wie das innere Kind Einfluss auf das Leben des Erwachsenen nimmt, wird an Beispielen gezeigt aber auch, was geschieht, wenn dieses Kind gar das Ruder übernimmt. 

Veranschaulicht wird, dass eine Liebesbeziehung grundsätzlich zwischen vier Personen geschlossen wird und zwar den beiden Erwachsenen, die sich in der Gegenwart begegnen und den beiden Kindern, die sich in ihrem eigenen Familienmilieu tummeln. Welche Konflikte auf diese Weise entstehen können, wird ausführlich dargestellt. 

Im 2. Teil werden elterliche Einstellungen skizziert und welchen Einfluss diese noch heute auf uns haben. Zu Sprache gebracht werden: 
Perfektionismus
Übertriebene Gängelung 
Übertriebene Nachlässigkeit 
Hypochondrie 
Bestrafungseifer 
Vernachlässigung 
Ablehnung
Sexuelle Stimulierung 

Stets werden Beispiele angeführt, die zeigen, wohin die elterlichen Einstellungen und Verhaltensmuster führen können, so etwa wenn man aufgrund von frühkindlicher Ablehnung in quälender Selbstisolation gefangen ist. 

Ablehnung sei eine elterliche Einstellung, die dem Kind jegliche Akzeptanz verweigere; es werde als unerwünschte Last und Störenfaktor betrachtet und behandelt. Menschen, die als Kind abgelehnt wurden, seien rascher verletzt, verbittert und feindselig gestimmt und als Erwachsene sehr schnell gekränkt. Es gehe soweit, dass sie als Erwachsene bewusst die Erfahrung des Abgelehntwerdens herbeiführen, um das ängstliche Kind von einst zufriedenzustellen. Auf die Aussicht akzeptiert, gemocht und bejaht zu werden, reagieren solche vorgeschädigten Erwachsenen mit Unsicherheit und Nervosität. Alkoholismus kann übrigens ein Indiz für Ablehnung in der Kindheit sein. 

Interessant auch, wie sich Vernachlässigung aber auch übertriebene Verwöhnung seitens der Eltern auswirkt. Wie man neue Wege gehen kann und sich von den pathogenen Einstellungen, denen man als Kind ausgesetzt war und sich  dann damit identifiziert hat,  löst, wird auch  dargelegt und zwar im 3. Teil. 

Das Werk leistet einen sehr guten Beitrag, sich seelischer Belastungen aus seiner Kindheit bewusst zu werden, sie genau anzuschauen, um sie zu verarbeiten und konfliktfreier mit Dritten kommunizieren,  vor allem auch leben zu können .

Sehr empfehlenswert

Helga König

Im Fachhandel erhältlich

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In dir lebt das Kind, das du warst: Seelische Belastungen bewältigen

Rezension: Richtig gut rüberkommen - Wie Sie empathisch und erfolgreich kommunizieren- Cornelia & Stephan Schwarz- dtv premium

Das Autorenehepaar Schwarz möchte im vorliegenden Buch aufzeigen wie wir die Schwere aus unserer Kommunikation nehmen und Missverständnisse, peinliches Schweigen als auch Anstrengung vermeiden- zugunsten von mehr Leichtigkeit und Erfolg. 

Den Autoren geht es darum, zu vermitteln wie man bewusst eine emotionale Bindung zum Kommunikationspartner herstellt, in dem man dessen Stimmung, Verhalten, auch dessen Ausstrahlung in sich aufnimmt und zurückspiegelt. Dabei basiert das Konzept der empathischen Spiegelung darauf, dass man Verantwortung für die Beziehung übernimmt. 

Empathische Spiegelung, so erfährt man weiter, setzt auf soziale und emotionale Intelligenz. Diese könne durch ein bewusstes Training wesentlich gesteigert werden. Welche positiven Folgen das hat, wird in der Einleitung ebenfalls bereits verraten und zudem wird auch schon aufgezeigt wie das Coaching funktioniert. 

Das Buch ist in fünf Kapitel untergliedert, die da lauten

1. Warum wir zum Spiegeln geboren sind- und es trotzdem verlernt haben 
2. Wie Sie das Spiegeln perfektionieren- und dabei eine ganze Menge über sich selbst erfahren 
3. Was Spiegeln im Einzelnen bedeutet- Übungen für jeden Tag 
4. Warum Empathie eine Frage des Bewusstseins ist- und wie sie sich auf Ihre Kommunikation auswirkt. 
5. Zusammenfassung: Tipps für mehr Empathievermögen und wie sie dadurch ihren Alltag entstressen. 

Wie die Autoren hervorheben, schwindet das Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit der Spiegelung, wenn man sich daran gewöhnt hat, anderen im immer stereotypen Modus zu bewegen. Dann wirken diese Menschen für ihre Gegenüber gleichgültig, schroff, abweisend und stur. Da man mit solchen Menschen wenig zu tun haben möchte, wird die eigene Spiegelungsfähigkeit ihnen gegenüber leider auch immer geringer. 

Näher erläutert werden nachstehende Gründe für fehlende Empathie: Stress, Ungeduld, Vorurteile, Gleichgültigkeit, problematische Kindheit und schlechte Erfahrung. Gezeigt wird in gut nachvollziehbaren Schritten wie man mittels Spiegelung Konflikte löst und es wird erörtert, worin die Voraussetzungen gelingender Kommunikation bestehen. 

Über die Bedeutung des Zuhörens und hier auch des Fragens wird man ebenso aufgeklärt wie über die Bedeutung der Stimme und der Mimik. Hier sind die Übungen sehr interessant, so etwa wie man die eigene Mimik kontrollieren kann. Auch die Körpersprache wird thematisiert und hier z.B. wie man die Körpersprache anderer lesen kann, jedoch auch wie man die Körpersprache anderer erkundet. 

Wichtig zudem ist es, Wertesysteme und die innere Einstellung zu erkunden, sie zu decodieren und immer mehr zu erkennen, ob man gut spiegelt.

Empathie ist eine Frage des Bewusstseins und sie wirkt sich eindeutig auf die Kommunikation aus. Deshalb sollte man den Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Kommunikation kennenlernen und die Wirkung positiver Akzeptanz begreifen. 

Das Meta-Ziel empathischen Verhaltens, so die Autoren, lautet Vertrauen und ist ebenfalls eine Frage des Bewusstseins. 

Ob es gelingt, immer gut zu spiegeln, sei dahingestellt. Mir sind Menschen bekannt, die all ihren Mitmenschen so ablehnend und arrogant begegnen, dass es keinem gelingt,  ihnen ein Lächeln abzuringen. Sich an solchen Energievampiren abzuarbeiten, kostet viel Lebenskraft. Ob man das dauerhaft  akzeptiert, ist eine Frage der Leidensfähigkeit.

Das aber sollte uns nicht hindern, unsere empathischen Fähigkeiten zu trainieren und zu einem guten inneren Zustand zu gelangen. Den benötigt man nicht zuletzt, um solche Dramenpersönlichkeiten abzuwehren, die uns völlig vereinnahmen aber nicht zurückspiegeln wollen. Wenn empathische Kommunikation zur Einbahnstraße wird, sollte man sich abgrenzen, so entgeht man der Manipulation beispielsweise von typischen Machtmenschen. 

Sehr empfehlenswert 
Helga König

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Richtig gut rüberkommen: Wie Sie empathisch und erfolgreich kommunizieren

Rezension: Auch alte Wunden können heilen. Dami Charf - Kösel

Dami Charf  ist die Begründerin der körper- und bindungsorientierten Therapiemethode Somatische Emotionale Integration, SEI. Sie ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und arbeitet als Traumatherapeutin in Göttingen. 

In ihrem aufschlussreichen Buch beschreibt sie wie frühe Erfahrungen auf unser Leben und unsere Bindungsfähigkeit wirken und Selbstregulation prägen und macht deutlich, welche Möglichkeiten es gibt, frühe Wunden zu heilen. 

Zunächst aber erfährt man, was man unter "frühen Wunden" überhaupt zu verstehen hat und weshalb diese unser Leben auf vielerlei Arten prägen. "Wunde" heißt im Griechischen übrigens "trauma". Nur sehr wenige Menschen gehen ohne traumatische Erlebnisse durchs Leben, speziell Entwicklungstraumata scheinen weit verbreitet zu sein. 

Man liest u.a. wie eine Traumatisierung entsteht und weshalb unter Trauma-Therapien nahezu immer Schocktrauma-Therapien verstanden werden. Erklärt werden die einzelnen Stressreaktionen, sprich Kampf oder Flucht, vorrübergehende Erstarrung und Totstellreflex. Dabei muss man wissen, dass eine traumatische Reaktion dann eintritt, wenn der Körper keine Meldung bekommen hat, dass das Ereignis vorüber ist und eine Normalisierung der Stressreaktion stattfinden kann. 

Man lernt die Symptome einer Traumatisierung kennen. Die traumatische Achterbahn zwischen Über- und Untererregung wird genau beschrieben und man  wird über die einzelnen Fähigkeiten der Selbstregulation in Kenntnis gesetzt. Dazu gehört auch die Fähigkeit, eine Pause zwischen Reiz und Reaktion zu machen. 

Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung  werden zur Sprache gebracht und auch die Möglichkeiten der Regulation der emotionalen "Temperatur". 

Die Selbstregulation ist erlernbar und die Selbstregulationsfähigkeit ist eng mit unserer Bindungsfähigkeit verknüpft. Diese Fähigkeit ist von großer Bedeutung. Dabei entstehen Bindungsmuster auf zweierlei Art: 

1. durch unbewusstes Lernen und 
2. durch die bewusste Aufnahme von Information 

Man wird mit vier Bindungsmustern vertraut gemacht. Dabei ist ein wichtiges Kennzeichen sicher gebundener Kinder, dass sie neugierig und offen für Neues und die Erforschung der Welt sind. Menschen, die Angst vor Nähe haben, haben sich als Kinder eine Art Schein-Autonomie angeeignet und wirken unabhängig und sicher, obschon sie es nicht sind. Diese Menschen haben den Wunsch nach Bindung an andere schon früh aufgegeben, weil sie gelernt haben, dass Bindung sich nicht lohnt. Wenn solche Menschen mit Personen unsicher-ambivalenten Bindungsstils aufeinander treffen, wird es kompliziert, weil eine Spirale der Enttäuschung in Gang gesetzt wird, die ohne fremde Hilfe nicht zu stoppen ist. 

Gesunde Bindungen entwickeln sich laut der Autorin in 5 Schritten: 
1. Kennenlernen 
2. Sicherheit 
3. Nähe 
4. Bindung 
5. Intimität 

Wer umgekehrt vorgeht, gerät in Probleme. 

In der Folge wird man mit 5 Lernaufgaben vertraut gemacht und hier auch liest man vom Mangel an Zuwendung und dessen Folgen. Wenn in der frühen Lebensphase ein solcher Mangel besteht, entstehen Glaubenssätze wie etwa: Ich kann nicht- Niemand ist für mich da- Es gibt nie genug. Solche Personen reagieren auf Zurückweisung nicht selten mit Resignation. 

Wie man lernt, Hilfe anzunehmen und mit Unterstützung die Welt zu entdecken, ist ebenso ein Thema wie die innere Leere durch falsche Spiegelungen. Doch das Buch enthält noch viele weitere, wichtige Gesichtspunkte, durch die gezeigt werden wie frühe Wunden verheilen können und Integration möglich wird. 

Wer sein Verhalten ändern möchte, muss lernen, seinen Körper zu spüren und in ihm eine Heimat zu finden. Es gilt die Selbstregulation zu erhöhen und die Emotionen zu regulieren lernen, wie auch die eigene Kontakt- und Beziehungsfähigkeit zu stärken. Alle die dann noch folgenden Überlegungen hier verkürzt aufzuzählen, führt zu weit. Gesagt werden kann allerdings, dass dieses Buch überzeugt und tatsächlich Wege aufzeigt, die das verletzte Kind in uns zu überwinden vermögen. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Auch alte Wunden können heilen: Wie Verletzungen aus der Kindheit unser Leben bestimmen und wie wir uns davon lösen können

Rezension: Das Trauma von der Seele schreiben - Eine neue Methode zur Selbstheilung- Stephan Konrad Niederwieser- Kösel

Der Autor dieses Buches untergliedert sein Werk in zwei große Teile und beginnt es mit einer kurzen Einführung. Der 1. Teil befasst sich mit den Hintergründen des Heilschreibens. Hier liest man zunächst, was man unter einem Psychotrauma zu verstehen hat, erfährt aber auch, was ein Monotrauma und was ein Entwicklungstrauma ist. Erläutert werden die Ursachen von Traumata und man wird über postraumatische Belastungsstörungen  genauer unterrichtet. Folge dieser Störungen sind  beispielsweise, dass man sich zurückzieht, den Kontakt mit Menschen meidet, sich betäubt und emotional stumpf fühlt. Hinzu kommt, dass man sich überfordert fühlt und unfähig ist, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Zur Sprache gebracht werden: Die Folgen von Schocktraumata und von Entwicklungstraumata und man erfährt auch, was gängige Traum-Überlebensstrategien sind. Diese Strategien aber verhindern die Heilung. Ausführlich erläutert der Autor, was heil sein bedeutet und zeigt die Kriterien auf, die dazu führen, wieder heil zu werden, bevor er sich mit den Grundlagen es Heilschreibens befasst. 

Man liest dann von den Effekten des Heilschreibens und auch von den Langzeitfolgen. Dies allein schon  könnte Traumatisierte überzeugen, mit dem Schreiben zu beginnen. Eine beigefügte Anleitung zum Heilschreiben vereinfacht das Beginnen und der erörterte Ablauf sowie die Gestaltung machen es beinahe zum Kinderspiel, wenn da nicht die vielen Dinge wären, die man beim Heilschreiben beachten muss. Sie erfordern Achtsamkeit, viel Achtsamkeit. 

Im 2. Teil geht es um die Praxis des Heilschreibens. Hier wird zuallererst ein 7- Tage-Basisprogramm offeriert. Dabei geht es beispielsweise am ersten Tag um Mitgefühl für sich und andere und am 5. Tag um Selbstvertrauen. Zur Sprache gebracht wird, wie man verborgene Erlebnisse verarbeitet, wie man sich aktiv erinnert und Zusammenhänge versteht. Es geht im 2. Teil aber auch darum, sich von konkreten Lebensthemen zu befreien. Was macht uns wirklich Angst? Wonach sehne ich mich wirklich? Das sind zwei Fragen von vielen, die uns nachdenklich stimmen sollten. Sich alles von der Seele schreiben, hilft. Doch es gibt noch andere Dinge, die uns helfen, darüber schreibt der Autor auch.

Das Buch in seiner Gesamtheit hat mir gefallen. Stephan Konrad Niederwieser geht sehr differenziert mit dem Thema um. Allein all die Fragen zu beantworten, die er stellt, macht etwas mit dem Leser, auch wenn er nicht traumatisiert ist.

Überzeugen Sie sich selbst. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Das Trauma von der Seele schreiben: Eine neue Methode zur Selbstheilung

Rezension: Und das soll Liebe sein? #Bärbel_Wardetzki, Sonja R. - dtv premium

Dr. Bärbel Wardetzki ist Diplompsychologin, Psychotherapeutin, Supervisorin, Coach und Autorin von diversen Bestsellern. Sie hat gemeinsam mit Sonja R. ein Buch von Frauen für Frauen verfasst, das durchaus auch eine spannende Lektüre für Männer verkörpert, denn bekanntermaßen leben wir derzeit in einer narzisstischen Gesellschaft. Es gibt weiß Gott auch genügend narzisstische Frauen...

Der Untertitel des Buches zeigt bereits an, worum es geht, nämlich, wie es gelingt, sich aus einer narzisstischen Beziehung zu befreien. Dabei wird am Beispiel der Protagonistin Sonja verdeutlicht, wie sich ihre Beziehung zu einem narzisstischen Mann entwickelt hat und welche psychischen Probleme daraus für sie erwuchsen. Die Geschichte soll exemplarisch für viele narzisstische Beziehungen sein. 

Sonja erzählt im vorliegenden Buch ihre Geschichte und Bärbel Wardetzki kommentiert diese aus psychologischer Sicht. So will sie verständlich machen, wie es dazu kommt, dass nicht wenige Frauen beträchtliche Qualen in einer Partnerschaft ertragen und weshalb sich die Partner gewalttätig verhalten. Gemeinsam möchten die beiden Autorinnen Menschen, die in einer destruktiven Beziehung verstrickt sind, helfen, die negativen Zeichen früher wahrzunehmen und konsequenter zu handeln, anstatt diese länger zu verleugnen. 

Die Psychologin skizziert zunächst das Wichtigste über Narzissmus sowie die Elemente und Charakteristika narzisstischer Beziehungen. Mit Narzissmus, dies vorab, wird eine Beeinträchtigung der Selbstliebe, der Identität und der Beziehungsfähigkeit bezeichnet. Ablehnung aber auch Überbehütung in der Kindheit können zur Enttäuschung eines Kindes führen, deren Folge eine fordernde Haltung der Welt gegenüber ist, zum einen das eigene Minderwertigkeitsgefühl auszugleichen, zum anderen, um der eigenen Grandiosität zu huldigen. Hinter der Grandiosität verberge sich ein hilfloses und inkompetentes Kind, das kein Gefühl für die eigenen Stärken und Fähigkeiten entwickeln konnte, weil die überbordenden Ansprüche der Eltern dies nicht zugelassen haben. Bei Ablehnung und Vernachlässigung reagiert das Kind mit Gefühlsscheu, Verbitterung und Vereinsamung. 

Man erfährt in der Folge mehr über den männlichen und weiblichen Narzissmus und wie man narzisstische Menschen frühzeitig erkennt. Typisch sind z. B. der Wunsch nach permanenter Bestätigung, die Rechthaberei und Kritikunfähigkeit und dann auch Egozentrik. Einem Narzissten geht es niemals um ein Wir. In narzisstischen Partnerschaften gönnt keiner dem anderen etwas. Deshalb auch kann keine Gemeinsamkeit entstehen. Eifersucht sowie Kontrolle sind an der Tagesordnung. 

Skizziert werden die unterschiedlichen Typen narzisstischer Männer. Dabei sollte man wissen, dass ein wesentliches Merkmal narzisstischen Verhaltens und Denkens die Ausbeutung ist. Diese dient dem Erhalt des Selbstwertes. Die Ausbeutung geschieht sowohl seelisch als auch materiell. 

Spannend zu lesen ist die Geschichte von Sonja, die sich in ein ausbeuterisches Verhältnis verstrickt und hier auch wie das Ducken vor Franks Aggression ihr Selbstwertgefühl immer mehr schwächt und die Kraft nimmt, sich von ihm zu lösen. Man liest von Franks Eifersuchtsattacken, die typisch für einen Narzissten sind. Dabei geht es im primär darum, nicht die Macht über sie zu verlieren.

Thematisiert werden die Gründe, weshalb Sonja sich von Frank zunächst nicht trennt, obschon sie sich in einer Spirale der narzisstischen Gewalt befindet. Erst nachdem sie sich mit dem Narzissmus-Thema näher befasst hat, gelingt es ihr, sich abzugrenzen. 

Im Rahmen von neun Punkten lernt der Leser, narzisstische Beziehungsmuster kennen und wie eine Trennung in Würde geschehen kann. 

Sehr wichtig: Auch seelische Gewalt verletzt! Jeder hat Achtung verdient! Deshalb ist es besser, sich von einem narzisstischen Partner zu trennen.

PS: Wer die Augen nicht verschließt, weiß, dass es genügend Frauen gibt, die ihren Partnern, eine ganz ähnliche Hölle bereiten, wie sie hier im umgekehrten Sinne beschrieben wird. Auch in einem solchen Fall heißt es, rechtzeitig Grenzen zu ziehen, wenn man glücklich bleiben oder es wieder werden möchte.

Sehr empfehlenswert.

Helga König


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Und das soll Liebe sein?: Wie es gelingt, sich aus einer narzisstischen Beziehung zu befreien

Rezension: #Würde- #Gerald_Hüther- Knaus

Der Autor dieses Buches, Prof. Dr. Gerald Hüther, ist der bekannteste Hirnforscher in Deutschland. In seinem neuen Werk befasst er sich mit der Würde von uns Menschen und zeigt, dass diese nicht nur ein ethisch-philosophisch begründetes Menschenrecht ist. Wie er eingangs schon betont, passt dieses Buch nicht in unsere heutige, von Effizienzdenken und Erfolgsstreben geprägten Zeit, denn das Bewusstwerden der eigenen Würde ist mit dem, was das Streben nach Anerkennung und Erfolg anbelangt, nicht vereinbar. 

Die Vorstellung der eigenen Würde sei tief verwurzelt und eingebettet in die innere Überzeugung von dem, was uns als Mensch auszeichne und worin unser eigentliches Menschsein im eigenen Handeln zum Ausdruck kommt. 

Der Autor versucht, das, was als Würde des Menschen bezeichnet wird, aus naturwissenschaftlicher Perspektive zu beleuchten. Dabei lautet die Kernthese seines Werkes: "Wer sich seiner Würde bewusst wird, ist nicht mehr verführbar." 

Nachdem erst einmal geklärt ist, worum es geht, untergliedert Prof. Hüther seine Betrachtungen in zehn Kapitel und  lässt nicht unerwähnt, dass im Hier und Heute die Kopfarbeit zum Fließbandjob geworden ist, der über kurz oder lang von Maschinen übernommen wird. Diese Maschinen bewerten bereits heute menschliches Verhalten, so etwa durch die Stimmlage am Telefon, mittels der Bewegungen beim Entfernen vom Arbeitsplatz oder auch durch die Nervosität in der Stimme. Dieses und vieles mehr wird registriert und katalogisiert und wer hier von der Norm abweicht, sei verdächtig. 

Sobald Menschen nicht mehr optimierbar sind, sind sie nutzlos in dieser schönen, neuen Welt.  Auch das entscheiden die Maschinen.

Man erfährt in der Folge wie unsere Vorstellung von der Würde des Menschen sich über die Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Dabei wird Kant natürlich nicht ausgespart, nach dessen Ansicht der Mensch selbst Würde sei. 

Noch bevor 1949 die Würde des Menschen im deutschen Grundgesetz und dort im 1. Artikel als unantastbar bezeichnet wurde, hatten die Parlamentarier der Bundesländer bereits der Würde Verfassungsrang gegeben. 

Klar wird durch die historische Betrachtung, dass die allmähliche Herausbildung einer Vorstellung und eines Bewusstseins menschlicher Würde keinem Zufall geschuldet ist, sondern vielmehr zwangsläufige Folge der von uns Menschen geschaffenen, jetzt zunehmend komplexer und unüberschaubareren Welt. Prof. Hüther erläutert, weshalb wir eine Vorstellung von Würde benötigen und wieso wir ein tieferes Verständnis davon entwickeln müssen, was uns als Mensch ausmacht. Es mag zwar kurzfristig eine erfolgreiche Strategie sein, sich würdelos zu verhalten, langfristig aber führt dies immer zu furchtbaren Kriegen, so der Autor, "zu einer rücksichtslosen Ausplünderung natürlicher Ressourcen, zu grausamen Formen von Ausbeutung und Unterdrückung und inzwischen eben auch zur globalen Vermüllung, zur Klimaveränderung und zu nicht enden wollenden Flüchtlingsströmen." Dem stimme ich ohne Wenn und Aber zu.

Man liest wie unsere Würdevorstellungen im Gehirn verankert werden und auch woher das Empfinden der eigenen Würde kommt. Schon Kleinkinder haben ein tiefes Empfinden dafür, worauf es im Hinblick auf Würde ankommt. Diesen inneren Kompass habe man bereits mit  auf die Welt gebracht und damit gelinge es uns auch, sich in dieser Welt an dem zu orientieren, was das Menschsein bedeute. 

Begreifbar wird gemacht, wie das Bewusstsein für die eigene Würde entsteht und dass ein Mensch, der sich seiner Würde bewusst geworden ist, weder den Erfolg beim Kampf um begrenzte Ressourcen noch irgendwelche Ersatzbefriedigungen benötigt, die ihm von Werbestrategen angeboten werden. 

Nahezu einig sind sich fast alle Menschen, wenn es um Fälle extremer Verletzung der Menschenwürde geht. Fraglich allerdings ist, ob die Opfer durch die Strafe des Täters tatsächlich ihr Würde wiedererlangen. Interessant auch, dass man würdeloses Verhalten von kirchlichen Würdenträgern beispielsweise viel schlimmer erachtet, als jenes von Bankern... 

Des Weiteren  geht es darum, ob wir uns einander helfen können, unserer Würde bewusst zu werden. 

Prof. Hüter ist erschüttert, dass an Eliteschulen und Eliteuniversitäten oftmals nur Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die dem Ziele der Verfolgung der nackten Gewinnmaximierung dienen, jedoch keine wirkliche Bildung vermittelt werde. Diese wäre nämlich sehr hilfreich für den Bewusstwerdungsprozess von Würde. 

Der Autor hofft, dass Eltern vor dem Eintritt in die Schule ihren Kindern helfen, das Empfinden für den eigenen Wert und die eigene Bedeutsamkeit zu stärken, um sich ihre Würde in ihrem Leben bewahren zu können. Erkennbar macht er, was aus uns wird, wenn das Bewusstsein unserer Würde zu wachsen beginnt und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass nur ein würdevolles Leben uns alle glücklich machen kann, weil dieses Selbstbestimmung impliziert und damit persönliche Freiheit, die ihre Grenze in der Freiheit der anderen findet und diese auch achtet. 

Fazit: Für wirklich gebildete Menschen ist die Würde von uns allen unantastbar. 

Empfehlenswert.

Helga König

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Würde: Was uns stark macht - als Einzelne und als Gesellschaft

Rezension: Clusterfuck- Warum Katastrophen uns lieben und eine selten allein kommt- Holm Friebe, Detlef Gürtler- Carl Hanser Verlag

Die Autoren dieses spannenden Buches sind Holme Friebe und Detlef Gürtler. H. Friebe ist Volkswirt und Geschäftsführer der Zentralen Intelligenz Agentur (ZIA). Zudem unterrichtet er Designtheorie an Kunsthochschulen und ist Autor mehrerer Sachbücher. D. Gürtler ist Senior Researcher am Schweizer Gottlieb-Duttweiler-Institut und war bis 2016 Chefredakteur des Zukunftsmagazins GDI Impuls. 

Schon in der Einleitung liest man, dass statistisch betrachtet, Ordnung und Funktionieren weitaus weniger wahrscheinlich sind, als dass alles verhakelt, blockiert und ins Wanken gerät. 

Clusterfucks, wer kennt sie nicht?  Das sind chaotische Situationen, in denen alles schief zu gehen scheint. Solche Situationen werden häufig verursacht durch Inkompetenz, Kommunikationsversagen oder  durch eine komplexe Umgebung

Die Autoren definieren: "Ein Clusterfuck ist ein systemisches Problem, das die Lösungskapazität aller Beteiligten unabwendbar übersteigt."

Es geschieht auf unterschiedlichen Wegen im Großen wie im Kleinen und glaubt man den Autoren, so leben wir  sogar im Zeitalter der Clusterfucks. Man liest von dem Gesetz des Scheiterns, genannt Murphy´s Law. Dieses lautet: "Was schief gehen kann, wird auch schief gehen."

Sobald man begriffen hat, wie Katastrophen ticken, hat man allerdings eine größere Chance, ihnen im letzten Moment auszuweichen, sie auszutricksen oder Anteile an ihrer zerstörerischen Energie in etwas Nützliches zu verwandeln, so die Autoren. Dabei sollte man aber wissen, dass gegen Clusterfucks weniger klare Konzepte als vielmehr offenes Chaos helfen. 

Im Rahmen von 8 Kapiteln werden welthistorische Clusterfucks weitgehend analysiert und klar gemacht, dass sie auch etwas Gutes haben, denn nur so kann Neues entstehen. Man erfährt wie also Katastrophen ticken und weshalb gerade Perfektionismus Clusterfucks zur Folge haben können und auch, wieso sich Niederlagen anziehen. 

Soviel kann gesagt werden, ohne die Neugierde auf das Buch zu nehmen: Wer Clusterfucks vermeiden möchte, muss sich zunächst dafür sensibilisieren, sich die psychologischen Mechanismen bewusst machen, die zu Katastrophen führen und Achtsamkeit lernen. 

Man kann offenbar mittels Organisations- und Denkdesign die Wahrscheinlichkeit minimieren, dass Krisenmomente zu Clusterfucks auswachsen. Darüber klären Friebe und Gürtler auf und man erfährt auch etwas über mögliche Auswege, die es eigentlich  laut Clusterfuckdefinition  nicht geben dürfte. 

Wer schon einmal Clusterfucks er- sowie überlebt und reflektiert hat, weiß um die Problematik und erahnt auch, wie viele Haken man schlagen muss, um dem Gesetz der Serie auszuweichen. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Clusterfuck: Warum Katastrophen uns lieben - und eine selten allein kommt

Rezension: Warum wir unseren Eltern nichts schulden- Barbara Bleisch- Hanser

Barbara Bleisch war bis 2016 über 10 Jahre im Ethik-Zentrum der Universität Zürich tätig. Derzeit ist sie Akademischer Gast am Collegium Helevetium der Universität Zürich und der ETH Zürich. Zudem moderiert sie seit 2010 die Sendung "Sternstunde Philosophie" beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Des Weiteren ist sie Kolumnistin des Philosophie Magazins. 

Die Autorin hinterfragt in diesem Buch, was man seinen Eltern schuldet. Untersucht wird, ob sich Kinder, wenn sie erst einmal erwachsen sind, speziell um ihre Eltern kümmern müssen, allein deshalb, weil sie deren Kinder sind. 

Gerade in Familien sähe man sich leicht mit diffusen Erwartungshaltungen konfrontiert, sowohl von den Eltern selbst als auch von Dritten. Nach moralischen Pflichten zu fragen und in diesem Zusammenhang auch vertraute Konventionen zu hinterfragen, sei wichtig, um sich bewusst zu werden, was man seinen Eltern  tatsächlich schuldet. Folgt man den Überlegungen Barbara Bleischs, dann schuldet man ihnen offenbar nichts. Allerdings geht die Allgemeinheit bekanntermaßen von anderem aus. 

Nichts zu schulden, bedeutet jedoch nicht respektlos zu sein oder seine Eltern mutwillig zu verletzen, auszunutzen oder zu beschämen, denn das grundlegendste Verbot laute, dass man einander nicht ohne Not Schaden zufügen dürfe. Diese Regel gelte natürlich auch in Familienverhältnissen. 

Bleisch sieht also in ihrem Buch kein Plädoyer,  die eigenen Eltern ins Pflegeheim abzuschieben, sie zu ignorieren, kaltherzig über ihre Bedürfnisse und Anliegen hinwegzusehen. Vielmehr sei die Publikation ein Aufruf dazu, Familienbeziehungen als das zu sehen, was sie im Kern sind: "in vielerlei Hinsicht bedeutungsvolle und außergewöhnliche Kontexte, die von unermesslichem Wert für uns sein können.". 

Die Autorin hebt hervor, dass ihr Buch kein psychologischer Ratgeber sei, sondern stattdessen eine philosophische Untersuchung, die dazu auffordert, selbst nachzudenken, in diesem Falle über das Verhältnis zu seinen Eltern. 

Untergliedert ist das Werk in die Kapitel Schuld; Dankbarkeit; Freundschaft; Verwandtschaft; Verletzlichkeit; Das gute Kind.

Sich mit den Überlegungen Barbara Bleisch in den einzelnen Kapiteln ihres Buches intensiver zu befassen, hilft dabei,  sich über familiäre Verantwortlichkeit und deren Grenzen klar zu werden und einen entspannten, fairen Weg mit seinen Angehörigen zu gehen, der alle zufrieden stellen kann. 

Sehr empfehlenswert

Helga König

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Warum wir unseren Eltern nichts schulden

Rezension: Nähe- Giovanni Frazzetto- Hanser

Autor dieses Buches ist der aus Sizilien stammende Molekularbiologe Dr. Giovanni Frazzetto. 

Im Rahmen von acht spannenden Geschichten verdeutlicht er wie Menschen einander näherkommen und welche Rolle dabei Hormone, Gene und soziale Normen spielen. 

In den Geschichten geht es um Einsamkeit, Liebe als Prozess, um Untreue, den Mut zur Nähe, um Trennung von Sex und Liebe, um Vatergefühle, Veränderung und um Bedingungslosigkeit. 

Die Figuren, die dem Leser begegnen, sind solche, deren Ängste und Sehnsüchte sie in die Intimität treiben, durch sie hindurch und aus ihr heraus. So liest man im Zuge der Geschichte einer Single-Frau in den Vierzigern, die verunsichert ist, einen Partner zu finden, zum Thema Einsamkeit, dass diese zum frühen Tod führen könne. Dabei schädige Einsamkeit unseren Körper und verändere unsere Wahrnehmung der Welt und wie wir mit ihr agieren. Einsamkeit gehe mit Stress, Angst und Depression einher und verursache Erschöpfung und Schlafstörungen. Sie werde nicht zuletzt mit erhöhtem Blutdruck und einer Schädigung des Herz-Kreislauf-Systems in Verbindung gebracht. Neben vielem anderen kann sie sogar zu Demenz führen. 

Sofern uns ständig etwas vorenthalten wird, verlieren wir, so der Autor, unsere Zuversicht. Um dies zu verhindern, geht es darum, Raum zu schaffen für das Unerwartete, das nicht selten hinter der nächsten Ecke auf uns wartet.

Man erfährt u.a. wodurch ein höherer Nähegrad zwischen Paaren entstehen kann und dass Gefühle zu teilen, uns helfe, anderen näher zu kommen. Gesprochene emotionale Worte, so etwa beim Erzählen einer Geschichte, bewirken besonders intensiv, dass man Übereinstimmung erreicht. Zwei Personen, die in derselben Sprache miteinander kommunizieren und regelmäßig miteinander sprechen, verfügen über ein gemeinsames Vokabular. Sie sammeln Wissen über die Sprechgewohnheiten des anderen aber auch über dessen Wortwahl und syntaktische Vorlieben. Dies  macht  es den beiden Gehirnen möglich, sich aufeinander einzustellen. 

In Beziehungen werden Entfernungen fortdauernd neu vermessen, speziell dann, wenn ein stillschweigender oder ausdrücklicher Mangel an Verbindlichkeit besteht. Menschen mit ängstlichem Bindungsstil zweifeln ihr Selbstwertgefühl häufiger an, halten sich nicht für liebenswert, so Frazzetto und fürchten das Verlassenwerden und die Ablehnung. So klammern sie sich an die Rückversicherung und die Bestätigung durch ihren Partner. Ist die Bezugsperson  gewissermaßen unerreichbar und erscheint gleichgültig, wird es schwierig Nähe herzustellen. Der Vermeidende scheut den Schmerz, der durch Verwundbarkeit und Abhängigkeit entstehen kann. 

Zwischen ängstlichen und vermeidenden Menschen soll eine starke Anziehungskraft bestehen. Diese beiden Charaktere sind  aber letztlich Gift füreinander. Die gute Nachricht, Bindungsstile sind veränderbar. Auch darüber liest man Wissenswertes. 

Dies und anderes mehr bringt dem Leser die vielen Facetten von Nähe näher und macht das komplexe Zusammenspiel von Körper und Geist deutlich, das notwendig ist, damit  diese überhaupt entstehen kann. 

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Rezension: Von der wandelnden Kraft negativer Gefühle- Anselm Grün, Bernd Deininger- Vier-Türme-Verlag

Das vorliegende Buch ist eine Teamarbeit des Benediktinermönchs Dr. Anselm Grün und Dr. Bernd Deiningers, des Chefarztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Krankenhaus Martha in Nürnberg. 

Thema sind die Sieben Todsünden, die die beiden sowohl psychoanalytisch als auch spirituell beleuchten. Es handelt sich dabei um die Grundgefährdungen des Menschen, um krankhafte Züge, die durchaus behandelt, verwandelt, geheilt und in positive Bahnen gelenkt werden können. 

Zur Sprache gebracht werden: Neid, Hochmut, Zorn, Geiz, Wollust, Maßlosigkeit, Trägheit. 

Jede der sieben Grundgefährdungen wird zunächst von Bernd Deininger aus psychologischer Sicht näher erläutert. Im zweiten Schritt dann befasst sich Anselm Grün stets spirituell mit der jeweiligen Todsünde. 

Gerade in unserer Gesellschaft ist es notwendig, sich mit dem Phänomen des Neids näher zu befassen. Dieses hat viele Facetten, die im Buch  sehr präzise aufgezeigt werden. Dabei ist die Bewältigung von Neid an die Fähigkeit geknüpft, Schuld zu empfinden und Scham zu spüren. Anselm Grün interpretiert, wie bei vielen anderen Todsünden-Betrachtungen auch beim Neid Darstellungen des Malers Hieronymus Bosch und  in diesem Fall auch des Künstlers Caspar Meglinger. 

Bei  Meglinger wird klar ersichtlich, dass der neidische Mensch die Verbindung zu seinem Herzen verloren hat. Der Neider muss immerfort vergleichen, ist nicht bei sich und zehrt sich schließlich selbst auf in seinem Neid. Nicht grundlos wird der Neidische oft als hässlich dargestellt. In einem neidischen Menschen und um ihn herum wachse  einfach nichts mehr, so Anselm Grün. Auch sei der Neider stets ruhelos und rastlos, weil es immer Menschen gäbe, die er beneidet. So kommt der Neider niemals an bei sich selbst. Anselm Grün zeigt anhand von drei Geschichten, wie man Neid überwinden kann. Auf Neider nicht zu reagieren, kann deren Neid übrigens auch verwandeln. 

Todsünden sind Leidenschaften, die es zu verwandeln gilt, damit die positive Kraft bleibt. Um Neid verwandeln zu können, darf man ihn nicht werten. Sobald man sich dafür verurteilt, neidisch zu sein, bleibt der Neid an uns hängen, wird zum schlechten Gewissen und zieht uns nach unten. 

Die gute Nachricht: Neid lade allerdings  uns ein, vom Haben in Sein überzugehen. 

Die Wirtschaft nehme den Neid als Stachel in der Werbung, doch die Ausnutzung führe nicht zum inneren Frieden. 

Ähnlich wie beim Neid, ist auch bei der Eifersucht Wandlung möglich. Wer seine Eifersucht auf seine Sehnsucht hin befragt, wird entdecken, dass eine große Liebe darin steckt. Diese aber sei an unrealistische Erwartungen gebunden. Eifersucht sei eine Einladung Gott um Vertrauen zu bitten, dass die Partnerschaft halte und beide einander treu blieben, so der Benediktinermönch. 

Liebe sei ein Geschenk und benötigt Vertrauen. Wer Kontrolle in die Liebe hinein brächte, töte sie ab. Eifersucht in Liebe zu verwandeln, die freilasse, sei die Herausforderung. 

Unmöglich ist es, im Rahmen der Rezension, zu allen 7 Todsünden etwas zu schreiben. Spannend fand ich, was die Autoren über den Hochmut sagen. Bei Narzissten verhält es sich so, dass die Außenwelt auf die Funktion reduziert wird, Anerkennung und Bewunderung zu liefern. Dabei litten Menschen mit pathologischem Narzissmus an der Überbewertung ihres eigenen Selbst und der Unterbewertung anderer Menschen um sie herum. 

Erhält ein Kind zu wenig emphatische Zuwendung der Eltern, könne es kein stabiles Selbst entwickeln und so blieben das kindliche Größen-Selbst und die idealisierten Elternbilder bestehen. Zeichen für eine gestörte narzisstische Entwicklung seien diffuse Wut, mangelnde Abgrenzung des eigenen Selbst von anderen, auch Größenphantasien, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen sind. 

Man lernt in der Folge, wie Hochmut und Stolz als Abwehrfunktionen von Kränkungen und Verletzungen des Selbstwertgefühls entstehen, dass die pathologische Form des Hochmuts in Arroganz eingekleidet ist und die Außenwelt entwertet. In seiner Selbstbezogenheit und Egozentrik hat der Hochmut seinen Ursprung in der frühen Lebensgeschichte eines Menschen. 

Für Anselm Grün ist Hochmut eine Reaktion auf das Gefühl der eigenen Minderwertigkeit. In der Bibel sei die Strafe für den Hochmut die Sprachverwirrung gewesen. 

Wirkliche Gespräche finden auf Augenhöhe statt und sind frei von Hochmut. Hochmut ist ein Ersatz für ein gesundes Selbstwertgefühl. Heilung bzw. Wandlung ist möglich, wenn man sein wahres Selbst entdeckt. Im Gegensatz zum Ego muss es sich nicht darstellen. Das wahre Selbst sei das Gefühl von Gemeinschaft und Verbundenheit, dass Hochmut auflöse.

Dann  gibt es ja noch den Geiz. Der Habgierige und Geizige konzentriere sich auf Materielles, auf das, was er als Schatz bezeichnen könne. Offenbar hängt sein Selbstwertgefühl von diesem Schatz ab. Wenn ein Mensch nur haben möchte, kann er in Beziehungen nichts gewinnen. Auch bei Gier und Geiz lässt sich ein Mangel an Liebe in der Kindheit feststellen. Der Mangel an Liebe ist offenbar stets die Ursache der  sogenannten Todsünden psychologisch gesehen. 

Die gute Botschaft: Wandlung ist immer möglich. Man muss sich aber mit den Untiefen auseinandersetzen und darf sie nicht verdrängen. 

All diese und die anderen negativen Gefühle schaden nicht nur anderen, sondern auch dem, der sie  mit sich herumschleppt. Grund genug, sich ihrer zu entledigen

Seelsorger und Psychologen wissen schon lange wie: durch die Liebe

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Schluss mit Psychospielchen- Cornelia+ Stephan Schwarz- dtv

Cornelia Schwarz ist u.a. NLP-Lehrtrainerin, Coach  sowie Trainerin für Führungskräfte. Stephan Schwarz arbeitet als Psychologe, Pädagoge  und NLP-Lehrtrainer. Er ist ausgebildet in der Transaktionsanalyse. 

Im vorliegenden Buch erläutert das Autorenteam zunächst wie Psychospiele funktionieren, weil solche Spiele bei allen Beteiligten innere Leere erzeugen. Ursächlich hierfür ist der Moment, dass man seinen eigenen Emotionen nicht mehr traut, sich unwohl, unverstanden als auch überfordert fühlt und Dinge tut, die man an sich nicht tun wollte. In der Folge kann man so sehr neben sich stehen, dass man erschöpft ist, Angst hat oder ernsthaft krank wird. 

Man erfährt zunächst wie solche Psychospiele funktionieren und weshalb es sich lohnt,  aus ihnen auszusteigen. Bei diesen Spielen handelt es sich generell um destruktive Rollenspiele. Dabei kristallisieren sich drei spezifische Rollentypen heraus. Opfer, Retter und Verfolger. Diese drei Archetypen sind miteinander verbunden und bilden das Dramadreieck. 

Skizziert wird die  Ausgestaltung der einzelnen Rollen und nicht unerwähnt bleibt, dass im Verlauf des Spiels die Beteiligten die Rollen wechseln. Die Muster dieser Psychospiele entstehen in der Kindheit, wenn Kinder zu wenig geliebt werden, bzw. ihnen Zuneigung vorenthalten wird. Dann nämlich fühlen sie sich übersehen, vernachlässigt und abgelehnt. Um dennoch Aufmerksamkeit zu erhalten, entwickeln diese Kinder auffällige Interaktionsmuster. Es handelt sich im Grunde um Verzweiflungstaten, deren Ziel irgendeine Form von Nähe ist. 

Man lernt diese Psychospiele zu durchschauen und zwar durch Selbsterkenntnis und  mittels acht Aufgaben, die es zu lösen gilt,  um aus dem Dramaspiel auszusteigen. Wer Psychospiele spielt, verfügt über kein Einfühlungsvermögen, sondern möchte Beziehungen kontrollieren bzw. steuern. Wer aufgrund von Dramaspielen manipuliert oder manipulieren lässt, leidet unter unverarbeiteten Gefühlen. Versagensängste, Minderwertigkeitsgefühle und dergleichen spielen eine entscheidende Rolle. Offenbar werden Ängste schon früh gespeichert und formen negative Verhaltensmuster. Die gute Nachricht: Bearbeitete Ängste verlieren ihre Macht. 

An  sehr gut nachvollziehbaren Beispielen wird gezeigt wie man Psychospiele überwindet und dramafreie Interaktion möglich wird. Sobald man beginnt, den eigenen positiven Kern zu stärken, ist man für dramaorientierte Menschen nicht mehr interessant. Wer dramafrei agiert, übernimmt Verantwortung, lässt sich nicht provozieren, bevormunden oder einschüchtern. 

Gezeigt wird, wie man sein inneres Kind mit seinem Erwachsenen-Ich in Einklang bringt und welche Schritte uns davor bewahren, in ein Dramaspiel zu geraten. Sehr gut wird erläutert wie man aktiv ein Gespräch gestaltet, das dramafreies Kommunizieren zulässt.

Dann lernt man Opfer- Retter- und Verfolgerspiele und entsprechende Lösungsperspektiven kennen. Dies ist überaus erhellend. Spielgewinne und -verluste werden sehr gut aufgezeigt und die Taktiken werden bestens beleuchtet. 

Damit das Ich zukünftig dramafrei bleibt, ist es notwendig, es zu stärken. Dramafreie Kommunikation basiert auf bewussten Haltungen, sich und anderen und dem Leben gegenüber. Hierzu liest man Wissenswertes zum Schluss des Buches. 

Ganz wichtig sind klare Ansagen, denn durch diese lassen sich Missverständnisse vermeiden, aus denen Dramen oft resultieren. 

Bestimmte Grundhaltungen sollte man kultivieren. Zu diesen zählt auch die ethische Disziplin und die Weisheit. 

Alles in allem ein sehr empfehlenswertes Buch, das auf buddhistischem Wissen und psychologischen Coachingtechniken aufgebaut ist. 

Helga König 

Überall im Fachhandel erhältlich 

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