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Rezension: Peter Sloterdjik- Philosophische Temperamente

Der Philosoph Peter Sloterdijk skizziert hier in einer für ihn bemerkenswert schlichten, gut verständlichen Sprache im Rahmen kleiner Essays das Denken der Philosophen Platon, Aristoteles, Augustinus, Bruno, Decartes, Pascal, Leibnitz, Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Schopenhauer, Kierkegaard, Marx, Nietzsche, Husserl, Wittgenstein, Sartre und Foucault.

Es wäre vermessen von mir, ein Urteil darüber zu fällen, ob es Sloterdijk tatsächlich gelungen ist, die wesentlichen Gedanken aller Philosophen festzuhalten. Ein solches Urteil kann nur ein Philosophieprofessor abgeben, der sich mit den einzelnen Philosophen nachhaltig auseinandergesetzt hat. Vermerken allerdings kann ich, dass ich die Texte mit Freuden las.


Befasst habe ich mich früher schon mit Platon, Aristoteles, Bruno, Decartes, Leibnitz, Kant, Fichte, Schopenhauer, Nietzsche, Wittgenstein und Sartre und bin vor allem begeistert von Sloterdijks Skizzierung von Kants Philosophie. Diese in solch knapper Form zu verbalisieren, fordert dem Leser Respekt ab. Sloterdijk unterstreicht, dass Kants Philosophie zivil ist, weil sie die Emanzipation des philosophischen Denkens von der Bevormundung durch die Theologie der positiven und geoffenbarten Religion einklagt (vgl.S. 64).

Der Philosoph begründet in der Folge, weshalb Kants Denken bürgerlich ist und nennt als einen der Gründe hierfür, die Tatsache, dass der Kantsche Mensch von Grund auf Gattungsgenosse und insofern Weltbürger sei. Mit dem Motto sich in einer Welt voller Enteignungsgefahren des eigenen Verstandes wie eines unentäußerlichen Vermögens zu bedienen, bekunde Kant seinen Elan, sich gegen alle Verführungen zur Gedankenarmut und Depression auf das Abenteuer der Deutlichkeit einzulassen (vgl.69). Ein wunderbares Resümee im Hinblicks auf Kants Hauptanliegen, das m.E. der Schüssel für das wahre Glück ist.

Bei Schopenhauer las ich neulich, Glück sei die Abwesenheit von Langeweile und Schmerz. Wer sich seines Verstandes bedient, kennt selten Langeweile. Sloterdijk erwähnt in seiner ultraknappen Skizzierung der Gedanken Schopenhauers dessen Verzichtsüberlegungen. Wer auf Genuss verzichtet, wird schmerzfreier leben als derjenige, der Höhen und Tiefen zulässt und auslebt. Ich bin mir nicht sicher, ob ein Mensch, der alle Schmerzen umschifft, am Ende seines Lebens wirklich die Chance hat, weise zu werden. Zur Entwicklung einer Persönlichkeit und damit einhergehend der Weisheit gehört Schmerz, den man nicht verdrängen darf, sondern verarbeiten muss, so meine Beobachtungen.

Ich mag Sartre genau aus dem Grunde, den Sloterdijk in den Raum stellt. Der Franzose liebte die bodenlose Freiheit. Für ihn soll das Nichts der Subjektivität kein herabziehender Abgrund, sondern eine heraufsprudelnde Quelle, ein Überschuss an Verneinungskraft gegen alles Umschließende gewesen sein (vgl.:S. 133). Der Autor lässt den Leser wissen, dass Sartre die Kunst beherrschte, fast alles, was er tun musste, auch spontan zu wollen. Dadurch entging er den üblichen Zwängen. Sartre soll unheilbar produktiv gewesen sein. Sich ihn als Vorbild zu nehmen, kann demnach kein Fehler sein. Durch bewusstes, dauerhaftes Wollen kann man nicht gequält werden von Zwängen. Das ist doch wunderbar.


Hocherfreut war ich, dass Sloterdijk auch Bruno skizziert hat. Der Philosoph unterstreicht, dass es an der Zeit sei, die Asche über Brunos Manuskripten wegzublasen, um auf diese Weise freizusetzen, was den Denker, der ein Meister italienischer Prosa war, alleine ehre: "die leuchtende Buchstäblichkeit seiner wirklichen Gedanken"(vgl.:45).


Sloterdijk hat ein kurzweiliges Buch geschrieben, gut lesbar, tatsächlich ideal als "Einstiegsdroge", wenn man Lust hat, süchtig auf Philosophie zu werden und überzeugt davon ist, dass Denken keine Kopfschmerzen verursacht.

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