Der Autor dieses Buches- Dr. Frank Berzbach- unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik in Köln. Tätig war er bereits als Wissenschaftler, Journalist, Fahrradkurier, Technischer Zeichner, in der Psychiatrie und als Buchhändler. Der überzeugte Katholik praktiziert seit Jahren ZEN und arbeitet zu Fragen achtsamkeitsbasierter Psychologie, Arbeitspsychologie, Kreativität, Spiritualität, Mode und Popkultur.
Das neue Werk von #Frank_Berzbach enthält 29 Essays, die er in vier Abschnitte untergliedert hat:
-Alltagsbeobachtungen
-Schöne neue Welt
-Der Glanz im Dunkeln
-Aufbruch
Hier reflektiert er u.a. den Verfall des Schamgefühls. Er erwähnt in diesem Zusammenhang den Soziologen Norbert Elias, der das "Vorrücken der Schamschwelle" als zentrales Moment der Entwicklung der Zivilisation beschrieben hat. Nach Berzbachs Alltagsbeobachtung nimmt die Fähigkeit, sich zu schämen derzeit ab. Als Ursache nennt er das Fehlen an Formbewusstsein und dem Nachdenken darüber, welche zentrale Bedeutung die Formen für die Zivilisation haben. So sei die Schamlosigkeit mancher Eliten zu einer die Zivilisation zerstörenden Bewegung geworden. In der westlichen Welt sei Donald Trump zum Führer einer Bewegung der Schamlosigkeit aufgestiegen. Dabei sei die schamlose Lüge zur zentralen Strategie geworden, um fragwürdige Ziele zu erreichen.
Machthaber ohne Schamgefühl seien nicht fähig Schuld zu empfinden und liebten narzisstisch nur sich selbst, zur Liebe ihrer Nächsten sind sie nicht fähig.
Die Neonationalisten- auch über sie schreibt Frank Berzbach-, seien hingegen nur dann zur Liebe fähig, wenn sie abwerten können. Ohne diese Abwertung hätten sie keine Kraft.
Für den Autor ergeben sich im Hinblick auf die Neonationalisten nicht zuletzt auch spirituelle Fragen. Auffallend bei ihnen sei nämlich das atheistisch überspannte Denken und die mangelnde Gefühlskontrolle. Destruktive Emotionen würden durch die Neonationalisten wieder salonfähig. Der Neonationalismus werde vom Spiel der sekundären Emotionen mitbestimmt. Wer sich seinen Ängsten nicht stelle, überdecke sie durch die stärkeren Gefühle Wut und Hass.
Jene mit den schlimmsten Parolen seien in Wahrheit die größten Feiglinge. Sie hätten Angst vor sich selbst- speziell vor ihren Lastern und projizierten diese auf andere. Nur wer Zugang zu seinen Ängsten habe, könne sich vom Hass befreien und damit Weltoffenheit und Demokratie leben.
Frank Berzbach schreibt auch über Geld und merkt an, dass im Leben etwas schief gelaufen sei, wenn es die Hauptrolle spiele. Dabei sei die Entscheidung für ein kreatives Leben zumeist eine Entscheidung gegen den raschen Wohlstand, weil schöpferisch tätig sein zu können, etwas anderes sei als die Fähigkeit, Märkte zu bedienen.
Irgendwann später liest man in einem weiteren sehr guten Essay, dass es außerhalb der Klöster keine gelebte Philosophie der Freiheit mehr gebe. Allerdings existierten ja noch immer Bücher. Lesen sei (noch) eine Form der Errettung aus dem Lärm der Gegenwart, wahres Lesen bleibe eine Berufung.
Dieser Berufung mit Frank Berzbachs Essayband nachzugehen ist eine wirkliche Freude, da man immerfort zum Nachdenken angeregt wird.
Weil die Welt voll von Zeitgenossen ist, die narzisstisch gestört, krankhaft egoistisch, zu laut und pausenlos daherredend, nicht zuhörend oder voller drastischer Erwartungshaltungen sind, muss man lernen, sich abzugrenzen, muss man lernen bei sich zu bleiben, folgt man den klugen Gedanken des Autors.
Lesen ist eine gute Übung, um das Lernziel zu erreichen. Weshalb nicht mit der "Ästhetik des Alltags" das neue Jahr beginnen?
Sehr empfehlenswert
Helga König
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Die Ästhetik des Alltags: Betrachtungen zur Lebenskunst