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Rezension: Erasmus von Rotterdam: Vertrauliche Gespräche

Der niederländische Theologe und Humanist Erasmus von Rotterdam (1466-1536) lebte als freier Gelehrter in den Niederlanden, in England und ab 1521 meistens in Basel. Als Textkritiker, Herausgeber und Grammatiker war er Mitbegründer der neuzeitlichen Philosophie. Seine geistvollen Schriften- unter ihnen die "Vertraulichen Gespräche" (Colloquia familiaria, 1518) und seine fein stilisierten Briefe sorgten für seine Berühmtheit in Europa. Wie man der "Biographischen Skizze" im Buch entnehmen kann, hat der Gelehrte geistig-gedanklich zur Reformation beigetragen und nahm eine vermittelnde Stellung im Hinblick auf reformatorische Bestrebungen ein.


Die Reformation Luthers hat Erasmus von Rotterdam abgelehnt. Sein Streit mit Luther, nachlesbar in "Über die Freiheit des Willens" von 1524, führte zur Trennung von Reformation und Humanismus. Der Gelehrte suchte ein freies, vernunftmäßiges, den sittlichen Gehalt des Neuen Testamentes betonendes Christentum, (vgl.: Seite 16-21).


Für Erasmus ist die Vorbedingung allgemeiner Versöhnung die Ausschaltung von Gewalt, speziell die Abschaffung des Krieges, der "nur dem, der ihn nicht erfahren hat, schön erscheint", wie er in "Dulce bellum inexperto" im Jahre 1517 schreibt, (vgl.: S.8). In seinem Werk, so erfährt man weiter, kommt der Gelehrte auf den Traum vom Frieden immer wieder zu sprechen. Kurt Steinmann, der Herausgeber und Übersetzer des vorliegenden Buches, erinnert in seinem Vorwort daran, dass es zwei Friedendefinitonen gibt: einen "negativen Frieden", den "Nichts-Kriegs-Zustand", welcher unmenschliche Verhältnisse nicht ausschließt und einen positiven Frieden, in dem soziale Gerechtigkeit und die Menschenrechte mit ihren Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit realisiert werden. Für Erasmus bleibt, so erfährt man weiter, Frieden eine Einheit. Das bedeutet: er schließt Krieg aus und Brüderlichkeit ein. Für ihn ist Krieg eine Perversion und ein Verrat am Evangelium, (vgl.: S.9). Ich stimme mit Erasmus in dem Gedanken überein, dass nur eine moralische Erneuerung die Welt vor der Selbstzerstörung retten kann.

Kurt Steinemann erklärt in seinem Vorwort, dass die "Vertraulichen Gespräche" Unterhaltungsschriften hohen Ranges voll lebendigster Anschaulichkeit, praktischer Lebensweisheit, souveräner Satire und verschmitztem Schalk seien. Die Colloquia kreisen fast immer um Fragen der Moral, (vgl.: S.26/27).


Zwanzig der rund siebzig Gespräche sind im Buch abgedruckt. Diese finden zumeist zwischen zwei Personen statt. Bei ihnen handelt es sich um Schüler, Mönche, Soldaten, Kaufleute, Bettler, Wallfahrer, kurzum um Figuren des zeitgenössischen Lebens. Fragen der Bildung, der Moral und der Religion sind Gegenstand der Erörterungen. Wie Steinmann nicht grundlos konstatiert, lässt der Gelehrte die Protagonisten überzeugend sprechen, weil er sich in jede Rolle zu versetzen weiß. Dass in jedem der Dialoge ein Entwurf zu einer Komödie, einer Novelle oder Satire steckt, möchte ich bestätigen.


Folgene "Vertrauliche Gespräche" sind im Buch enthalten: Die Soldatenbeichte -Mahnworte - Die Gattin, die über die Ehe lästert oder die Ehe - Die Kunst zu lügen -Schiffbruch - Gasthäuser - Der Jüngling und die Hure - Altmännergespräch oder Das Fuhrwerk - Der Abt und die gebildete Frau - Alchemie - Bettlergespräch - Das Wallfahren - Charon - Die ungleiche Ehe - Der Frauensenat - Die Morgenstunde - Die Gedächniskunst - Der Ruhmbegierige - Schmutziger Reichtum.


In einem umfangreichen Anhang erfährt man erhellende Hintergründe zu den kurzweiligen und dabei geistvollen Texten.


Empfehlenswert.



Rezension: Über die Liebe: Ein Symposion (Taschenbuch)

Das vorliegende Buch, Ergebnis eines Symposions, das sich inhaltlich sehr differenziert mit den Begriff der Liebe auseinandersetzt, ist eines der besten Bücher, welches ich in diesem Jahr gelesen habe.
International renommierte Vertreter der Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte, Philosophie und der Anthropologie gehen der Frage nach, was Liebe eigentlich ist.

Ganz zu Ende des Buches resümiert Dr. H. Meier: - Die Liebe ist eine Macht, die Staatsgrenzen und Klassenschranken, ethische und konfessionelle Barrieren überwindet, der weder Gesetze noch Gebote gewachsen sind, die Meinungen und Vorurteile abzuschütteln versteht. Sie hat eine solche Gewalt, dass wir sobald wir mit ihr in Berührung kommen und selbst unter ihrem Einfluss stehen, mit unmittelbarer Deutlichkeit gewahr werden, wie viel archaisches in unser Leben hineinragt, das sich sozialer Kontrolle, religiöser Bezähmung politischer Herrschaft widersetzt; wie wenig unsere Empfindungen, unsere Sehnsüchte, unser Denken in Konventionen, in kulturellen Errungenschaften oder in einer gegebenen historischen Konstellation ihr Genüge finden; wie sehr wir, mit einem Wort unbeschadet aller gesellschaftlichen Prägung und alles geschichtliches Wandels natürliche Wesen geblieben sind. Die Liebe ist der Ort, an dem wir am nachdrücklichsten erfahren können, dass wir in unserer Zeit nicht aufgehen, dass es etwas gibt, das nicht zu uns gehört.-


Im Buch nimmt die Erörterung des Themas Liebe in der Malerei und in der Literatur einen breiten Rahmen ein. Anhand vieler Romane und Gedichte wird gezeigt, wie das Gefühl in Sprache umgesetzt und anhand von Gemäldeabbildungen visuell für den Betrachter erkennbar werden kann.


Die Wissenschaftlerin Helen Fischer reflektiert die Begriffe Lust, Anziehung und Verbundenheit und referiert über die drei Gehirnsysteme für die Liebe.


Die Lust- sprich der Sexualtrieb- ist durch heftiges Verlangen nach sexueller Belohnung gekennzeichnet. Der Sexualtrieb entwickelt sich in erster Linie um sich mit i r g e n d e i n e m Mitglied der eigenen Art sexuell zu vereinigen.


Das System der Anziehung (leidenschaftliche Liebe) ist charakterisiert durch gesteigerte Energie und konzentrierte Aufmerksamkeit für einen bevorzugten Geschlechtspartner. Beim Menschen geht Anziehung mit Emotionen der Hochstimmung einher, mit intensivem Nachdenken über das Liebesobjekt und ebensolch intensivem Verlangen nach gefühlsmäßiger Vereinigung mit einem bestimmten oder einem potentiellen Partner.


Das System der Verbundenheit ist durch das Gefühl der Ruhe, der Sicherheit des Behagens und des gefühlsmäßigen Einseins gekennzeichnet. Die Autorin zeigt die Interaktion zwischen Lust, Anziehung und Verbundenheit und verdeutlicht, dass die Gefühlssysteme bei jedem Menschen verschieden ausgeprägt sind und im Laufe des Lebens eine unterschiedliche Gewichtung aufweisen können.


Sehr interessant sind Fischers Ausführungen zur romantischen Anziehung, die wohl zumeist nur vorübergehend ist, es sei denn man sieht sich nur sehr selten, dann kann eine Romanze sehr lange andauern und den Serotoninspiegel viel länger als 18 Monate nachweisbar oben halten.


Ein weiterer Beitrag befasst sich mit der romantischen Liebe, der Vorschriftsheirat und den Determinanten der Partnerwahl und zeigt, dass in 148 von 166 Gesellschaften weltweit das Vorkommen von romantischen Liebesgefühlen und entsprechenden Verhaltensweisen, von denen man lange annahm , dass sie eine Hervorbringung der verfeinerten westlichen Zivilisation darstellten, durchaus ebenso vorhanden sind.


Romantische Liebe wird in unserer Gesellschaft grundsätzlich positiv bewertet. Das war nicht immer so, wie Beispiele der Literatur aus vergangener Zeit dokumentieren. Die romantische Liebe endete nicht selten tragisch, so etwa bei Anna Karenina, bei der Kameliendame, auch bei Romeo und Julia, bei Hero und Leander, etc. etc.


Bemerkenswert auch die Beiträge zur Dialektik des Eros bei Sokrates und Platon, der Liebe im Decameron des Boccacio und der Liebe des Tristan und Lancelot im 12/13. Jahrhundert.


Peter von Matt diskutiert den Absolutismus der Liebe in Goethes Wahlverwandtschaften und Ulrich Pothast schließlich den hochinteressanten Zusammenhang zwischen Liebe und Unverfügbarkeit.


Ein sehr empfehlenswertes Buch, angereichert auch mit Textstellen aus Romanen und Gedichten, wie etwa diesem:


Was ich hab`

dir möcht`ich es geben
Was ich bin

dir will ich es sein

Was mir fehlt

du fügst es zum Ganzen

War ich ein Teil

mit dir bin ich Eins.

Sehr empfehlenswert!



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Rezenion:Zwischen Gut und Böse: Elementare Fragen angewandter Philosophie (Taschenbuch)

Ekkehard Martens befasst sich in diesem Buch sehr nachhaltig mit Fragen angewandter Philosophie. In diesem Zusammenhang verdeutlicht er, dass Sokrates der Mensch war, der sich zeit seines Lebens besonders intensiv mit prinzipiellen Fragen der Lebenspraxis auseinandersetzte. In seinen Dialogen mit berühmten Politikern, Gelehrten und Dichtern, auch mit Handwerkern und einfachen Leuten seiner Zeit musste er immer wieder erfahren, dass sie alle zwar zu wissen glaubten, was für sie gut sei und was Glück bedeute, sie es gleichwohl in Wahrheit aber nicht wussten und nicht einmal danach fragten. Nicht grundlos steht in den ersten Kapiteln des Buches Sokrates im Mittelpunkt - auch mit kleinen Kostproben seiner spöttisch -provozierenden Dialoge, die er in erster Linie mit der Jugend von Athen führte-.
Martens hält fest, dass die Ausgangsfrage, wie wir heute zwischen Gut und Böse leben können, zwar nicht ohne Sokrates geklärt werden kann, gleichwohl auch nicht mit ihm alleine. Von daher muss zum sokratischen Geist der rationalen Aufklärung ein Nachdenken über unsere Zeit mit ihren drängenden Problemen aus Wissenschaft, Technik, Ökologie, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hinzukommen. Wie dies ausschauen kann, zeigt Martens in seinen Texten gut nachvollziehbar.
Mich hat überrascht, wie differenziert er nach klugen Antworten auf die von ihm formulierten Fragen sucht. Es sind zwölf Fragen, die er sich und seinen Lesern stellt. Eine dieser Fragen lautet: "Wie ist Frieden möglich?". Bei der Beantwortung dieser Frage zieht er nicht zuletzt auch Kant Zum ewigen Frieden: Ein philosophischer Entwurf zu Rate und vergisst nicht die Präambel der UNESCO zu zitieren, die mit den Worten endet: ".... folglich muss der Friede, wenn er erhalten werden soll, auf der Grundlage der geistigen und moralischen Solidarität der Menschen errichtet werden."


Außer realpolitischer Maßnahmen und einer moralischen Aufklärung ist für den Frieden auch eine Aufklärung über die Aufklärung notwendig. Von daher fragte Albert Einstein 1932 in einem Brief den Psychologen Sigmund Freud: "Gibt es einen Weg, die Menschen von dem Verhängnis des Krieges zu befreien? Die Einsicht, dass diese Frage durch den Fortschritt der Technik zu einer Existenzfrage für die zivilisierte Menschheit geworden ist, ist ziemlich allgemein durchdrungen und trotzdem sind die heißen Bemühungen um ihre Lösung bisher in einem erschreckendem Maße gescheitert." Freud macht u.a. in seiner Antwort deutlich, dass es notwendig sei, die Gegenkräfte gegen den Aggressionstrieb zu stärken: "Alles, was Gefühlsbindungen zwischen Menschen herstellt, muss dem Krieg entgegenwirken...(...). Alles, was bedeutsame Gemeinsamkeit unter den Menschen herstellt, ruft solche Gemeingefühle, Identifizierungen hervor. Auf ihnen beruht zum guten Teil der Aufbau der menschlichen Gesellschaft."


Voraussetzung von moralischem Sollen ist faktisches Können. Deshalb sind biologische und tiefenpsychologische Erklärungen des Bösen eine notwendige Aufklärung über die Grenzen einer vernunft- und moralorientierten Friedenpolitik hinaus. Die unterschiedlichen Formen philosophischer, tiefenpsychologischer aber auch ästhetischer Aufklärung (letztere wird auch vom Autor thematisiert) sind zwar keine hinreichende, allerdings eine notwendige Bedingung, wie wir Frieden als gerechte Konfliktregelung ermöglichen können.


Auch bei der Beantwortung aller anderen Fragen, wie etwa "Warum kann ich nicht sagen, was ich will?" wird deutlich, dass die grundsätzliche Bereitschaft zwischen Gut und Böse unterscheiden zu wollen, einhergeht mit der Bereitschaft, ernsthafte Selbst- Reflektion zu betreiben.


Empfehlenswert.
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Rezension:Taschenbuchausgabe in 11 Bänden: Archetypen (Taschenbuch)

Der Archetypus ist ein von C. G. Jung eingeführter Begriff für unpersönliche und zeitlose Verhaltensmuster und Strukturen in einem von ihm angenommenen, überpersönlichen, psychischen Feld des kollektiven Unbewussten.
Jung konstatiert: "Archetypus ist nun nicht anderes als ein schon in der Antike vorkommender Ausdruck, welcher mit "Idee" im platonischen Sinne synonym ist."

Das philosophische Konzept der Archetypenlehre Jungs ist die voraristotelische Naturphilosophie Platons und dessen Lehre von den zeitlosen Urbildern als Baupläne der Schöpfung.

Naturwissenschaftlich vergleicht Jung die Archetypen mit den biologischen Instinkten von Lebewesen. Doch ebenso den präformierten Strukturmustern der Kristalle beispielsweise, die latent vorhanden sein müssen, wenn sich ein Kristall in einer übersättigten Mutterlauge bildet.

Das kollektive Bewusstsein als die Gesamtheit aller Archetypen, ist der Niederschlag alles menschlichen Lebens, bis zurück zu seinen dunkelsten Anfängen in Form von lebendigen Reaktions- und Bereitschaftssystemen, die auf unsichtbarem und daher um so wirkungsvolleren Weise das individuelle Leben bestimmen.

Archetypen sind für Jung nichts anderes als die Manifestation der Instinkte.

Die psychologische Bedeutung der Archetypen ist nach Jung darin zu erblicken, dass sie der bewusstseinsfähigen menschlichen Psyche- zwar nicht unmittelbar aber indirekt - in der Erscheinungsform der Symbole zugänglich sind.

Der Begriff des Archetypus wird aus vielfach wiederholten Beobachtung, dass z.B. die Mythen und Märchen der Weltliteratur bestimmte, immer und überall wieder behandelte Motive enthalten, abgeleitet. Die gleichen Motive begegnen wir in der Phantasie, den Träumen, Delirien und Wahnideen heutiger Individuen. Diese typischen Bilder und Zusammenhänge, so Jung, werden als archetypische Vorstellungen bezeichnet. Sie gehen hervor aus dem an sich unanschaulichen Archetypus, einer unbewussten Vorform, die zur vererbten Struktur der Psyche zu gehören scheint und insofern sich auch überall als spontane Erscheinung manifestieren kann.

Die Wurzeln der Archetypen sucht Jung im Transzendenten.


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Rezension: Lass los und werde glücklich (Taschenbuch)

Die psychologische Beraterin und Heilpraktikerin Dörthe Huth verdeutlicht in diesem Buch, dass der wirkliche Weg zum Glück nicht selten über das Loslassen führt. Um von etwas loslassen zu können, sind nach ihrer Meinung sechs Schritte notwendig. Diese werden von der Autorin allesamt ausführlich erklärt. Jedem dieser Schritte sind Checklisten, Experimente und ein erhellender Test beigefügt. Ferner wird gezeigt wie mein Protokolle zur Selbstreflektion anfertigt und anhand von Visualisierungen Veränderungen gedanklich vorwegnimmt.

Sich aufgrund eines Loslass-Prozesses auf Veränderungen einzulassen, heißt nicht zuletzt eine neue Richtung einzuschlagen. Loslassen bringt auf Dauer sehr viel Lebensqualität mit sich. Dabei hat Loslassen nichts mit Weglaufen zu tun. Loslassen bedeutet bloß seine Ziele neu zu justieren und entsprechend zu handeln. Die aktive Arbeit an einem Loslass-Prozess macht es erforderlich verbindlich und diszipliniert zu sein und Durchhaltevermögen zu besitzen.

Loslassen birgt- das sollte jedem bewusst sein sowohl Vor- als auch Nachteile. Es ist hilfreich diese einander gegenüberzustellen, um auf diese Weise eine bewusste Entscheidung für oder gegen das Loslassen zu fällen. Wer in seinem Leben permanent das Gefühl hat, Veränderung zu wollen, aber nicht zu können, leidet vermutlich an erlernter Hilflosigkeit. Diese muss kein Dauerzustand sein.

Die Autorin zeigt u.a. wie man die eigene Gefühlswelt in Einklang bringt und wie man mit negativen Gefühlen wie Wut, Selbstzweifel und Enttäuschung am besten umgeht. Es ist immer günstig innere Bilder zu nutzen, um auf gute Gefühlszustände umzuschalten, hilfreiche Gedanken abzurufen und sich durch Aktivitäten abzulenken und neu zu motivieren. Bei allem sollte man sich stets fragen, was einem die eigenen Gefühle sagen wollen. Übrigens bereitet das genaue Hinschauen und Anerkennen was ist, den Lösungsprozess vor. Die Annahme von Enttäuschungen, das Betrauern, Verabschieden sowie das Verzeihen setzt eine körperliche und geistige Lösungsaktivität in Gang.

Sofern es die Aufgabe ist, eine desolate Beziehung loszulassen, oder aber anders zu gestalten, bringt es nichts in Abwehr zu verharren. Was man benötigt, ist eine Auseinandersetzung auf Gefühlsebene. Mache man sich bewusst, dass verdrängte Gefühle in unserem Gepäck bleiben und uns auf unserer Lebensreise unnötig belasten.

Die Autorin rät, auf die Signale des Körpers zu achten und alles , was im Leben stört, genau zu betrachten und es nicht einfach wegschieben. Stellt man fest, dass man das Störende nicht mehr akzeptieren möchte, ist es sinnvoll loszulassen. Die Belohnung für den Mut zum Loslassen ist eindeutig die Freiheit.

Ein überzeugender Text, der dazu verhilft, recht bald gelassen auf dem eigenen Glückplateau zu stehen und vollkommen im Einklang mit sich selbst zu sein.


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Rezension:Liebe und du leidest nicht: Fallstricke in der Beziehung erkennen und vermeiden (Gebundene Ausgabe)

Der Autor untersucht zunächst den Eros, der das sexuelle Begehren, Besitzergreifen, Sichverlieben, die leidenschaftliche Liebe verkörpert. Das Wichtigste ist in diesem Falle das Ich, das fordert und begehrt. Riso verdeutlicht, dass das Gegenüber, das Du, kaum in Betracht gezogen wird. "Eros" ist die egoistische, lüsterne Komponente der Liebe. Sie ist von Natur aus streitbar und dualistisch. Letztlich ist Eros die Liebe, die schmerzt und die mit Wahnsinn und Kontrollverlust assoziiert wird. Bei allem kann aus "Eros" in der Liebe nicht verzichtet werden, weil das Begehren die vitale Antriebskraft einer jeden Beziehung ist, völlig unabhängig davon, ob es als reiner Sex oder Erotik in Erscheinung tritt.

Philia, ein weiterer Untersuchungsgegenstand Risos, ist die freundschaftliche Komponente, die über das Ich hinausgeht, um den anderen als Subjekt mit einzubeziehen. "Ich und Du", auch wenn das Ich noch im Vordergrund steht. Der Autor hält fest, dass bei allem das gegenseitige Wohlwollen noch immer begrenzt ist, weil nach seiner Ansicht Freundschaft mithin auch eine Form von Selbstliebe verkörpert: Man liebt sich durch den Freund. Allerdings ist das zentrale Gefühl nicht die Freude am Besitzen, sondern am Teilen: die Gegenseitigkeit, das Gut-miteiander-Auskommen, die Seelenruhe.

"Agape" ist die Liebe, die sich über das erotische "Ich will" genauso hinwegsetzt, wie über das freundschaftliche "Du und Ich", um restlos im Du aufzugehen. Agape ist selbstlose Liebe, die sich bedingungslos gibt und sich für den anderen opfert.

Comte-Sponville sagt dazu: "Man geht von der Selbstliebe zur Liebe zum anderen über, dann von der berechnenden Liebe zu einer selbstlosen Liebe, von der Sinnlust zum Wohlwollen, dann zur Nächstenliebe, kurz vom Eros zu Philia, dann manchmal, zumindest ein wenig, zumindest in der Ferne, von Philia zu Agape."

Riso bleibt dabei, dass es wahre Liebe nur dann geben kann, wenn Begehren, Freundschaft und Mitgefühl vorhanden sind und sich miteinander verbinden. Er unterstreicht, dass unvollständige Liebe schmerzt und krankt macht.

In den folgenden Kapiteln thematisiert er die Idealisierung des geliebten Menschen, die Ausschließlichkeit und vollkommene Treue, intensive Gefühle von Verbundenheit und sexueller Anziehung, die Überzeugung, dass eine Liebe ewig hält, das zwanghafte Denken an das geliebte Wesen, den Wunsch nach Vereinigung und völliger Verschmelzung und die Bereitschaft jedes Risiko einzugehen, um eine Beziehung aufrecht zu halten.

Wie wichtig es ist, die Verliebtheit zu genießen, ohne sich in seiner Individualität und seelischen Gesundheit beeinträchtigen zu lassen, zeigt Riso ebenso deutlich, wie das Faktum, dass man sich dafür hüten soll, die geliebte Person zu idealisieren. Der Autor vernüftelt keineswegs, wenn er empfiehlt, dass man nicht zulassen darf, dass die Person, die man liebt, die eigene Seele beherrschen kann wie ein Virus. Lässt man es nämlich zu, endet die Liebe.

Man liest in der Folge u.a. über die Kunst der Verführung, die notwendig ist, um den Eros dauerhaft am Leben zu halten. Beispiele emotionaler Ermüdung werden aufgezeigt, auch wird die Sucht nach leidenschaftlicher Liebe fokussiert und die die Delirien des Eros, wie etwa den Eifersuchtswahn oder die krankhafte Eifersucht ausgelotet.

Liebende Freundschaft ist der lebendige Kern einer Beziehung. Weshalb dies so ist, wird ausführlich erklärt. In intakten Liebesbeziehungen ist man sich stets über Grundlegendes einig. Solche Beziehungen begünstigen Nähe und Intimität und sind von Grund auf befriedigend. Beide können sicher sein, dass sie sich niemals absichtlich Schaden zufügen werden.

Der Austausch von fördernden und verstärkenden Elementen ist für Philia bestimmend, wie im Buch aufgezeigt wird. Die Lust ist für den Eros unentbehrlich. Das Einverständnis, damit Agape zum Motiv des Glücks werden kann, lautet: Ich werde dir keine Leiden verursachen, du mir auch nicht.

Mitgefühl zu besitzen heisst, den Schmerz zu teilen, sich mit fremdem Leid zu identifizieren, es zu seinem eigenen zu machen.

Jede der Komponenten kann aktiviert werden und damit ermöglichen ganzheitliche und funktionierende Liebe zu erleben. Es ist im Grunde überhaupt nicht schwer, wenn man bereit dazu ist, alle Facetten der Liebe zu leben.


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Rezension: Vom Sinn des Lebens- Ein Lesebuch für alle Lebenslagen

Dieses Lesebuch wird alle begeistern, die an philosophischen Gedanken Freude haben und dem Sinn des Lebens immer wieder nachspüren. Thematisiert werden u.a. der Lebenswille, die Selbstlostigkeit, der Rückzug, das Glück, die Disziplin und die Liebe.

Weit mehr als 60 Texte berühmter Dichter und Denker aus vielen Jahrhunderten kommen zur Sprache.

Viele der Texte kannte ich schon, zu einigen habe ich Rezensionen verfasst. Sentenzen aus Baltasar Gracians "Hand-Orakel und Kunst der Weltklugkeit" sind dabei. Diese Gedanken wurden sehr gut gewählt und befassen sich mit dem Glück, mit dem man tunlichst nie prahlen sollte, weil man dadurch Neid auf sich zieht,(vgl.S. 163).


Man hat Gelegenheit, sich mit einer Textstelle aus Freuds "Das Unbehagen in der Kultur" zu befassen und Freuds Gedanken zur "Vergänglichkeit" zu lesen. Das Gedicht von Andreas Gryphius "Menschliches Elende" ist inhaltlich so wahrhaftig, wie zu dem Zeitpunkt als der Dichter es schrieb.


Als Tochter preußischer Vorfahren bin ich überzeugt davon, dass Disziplin im Leben ungeheuer wichtig ist. Deshalb auch teile ich mit Kant die Meinung, dass das einzige sichere Mittel, seines Lebens froh und dabei auch noch lebenssatt zu werden, das Ausfüllen der Zeit durch planmäßig fortschreitende Beschäftigungen ist, die einen großen beabsichtigten Zweck zur Folge haben, (vgl: S. 218) und glaube, dass Wilhelm von Humboldt recht hat, wenn er sagt, dass das Erste und Wichtigste im Leben ist, dass man sich selbst zu beherrschen sucht, (vgl.: S. 217).


Mit Spinoza teile ich die Meinung, dass Vernunft ein Genuss ist und das Ziel, wonach man streben sollte, Heiterkeit und Freude darstellt. Diese findet man in der Liebe, wie ich meine.


Ich gehöre zu den Menschen, die über Vergänglichkeit aufgehört haben nachzudenken, weil Vergänglichkeit eine Tatsache ist, an der es nichts zu rütteln gibt. Weitaus ergiebiger ist es, über die Liebe nachzudenken und sich jeden Tag zu bemühen, Liebe zu schenken.


Es ist schön, dass man aus Platons Symposion u.a. nachstehende Textstelle lesen kann: "Jeder von uns ist also ein Stück von einem Menschen, da wir ja zerschnitten, wie die Schollen, aus einem zwei geworden sind. Also sucht nur immer jedes sein anderes Stück"(Zitat: S.243).


Der schönste Text von allen in diesem Buch ist m.E.: "Das Hohelied der Liebe", der mit den Zeilen endet:"Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen."


Nach meiner Ansicht gibt es nur einen Sinn im Leben und der besteht in der Liebe zwischen allen Menschen.


Goethe fasst es weise zusammen:


Woher sind wir geboren?


Aus Lieb


Wie wären wir verloren?


Ohne Lieb


Was hilft uns überwinden?


Die Lieb


Kann man auch Liebe finden?


Durch Lieb


Was lässt nicht lange weinen?


Die Lieb


Was soll uns stets vereinen?


Die Lieb.


(siehe Seite 251)


Die Autoren im Buch sind übrigens u.a.: Dostojewskij, Sartre, Kafka, Schopenhauer, Nietzsche, Freud, Epiktet, Seneca, Rousseau, Thoreau, Horaz, Wittgenstein, Thomas Mann, Goethe, Stifter, Raabe, Rilke, Ortega Y Gasset, Hiob, Gryphius, Moritz, Kierkegaard, Tolstoi, Aristoteles, Gracian, Camus, Montaigne, Freud, von Hoffmannstal, Epikur, Aurel, Franklin, von Humboldt, Kant, Spinoza, Fichte, um nur einige zu nennen, hochkarätige Denker, die es sich zu lesen lohnt.

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Rezension:Persönlichkeit und Menschenführung. Vom Umgang mit sich selbst und anderen. (Taschenbuch)

Wie der Autor den Leser wissen lässt, ist ein gesundes Selbstwertgefühl das A und O für eine Führungskraft, sofern sie ihre Sache erfolgreich gestalten möchte. Denn nur durch diese stabile und damit Selbstkritik zulassende Persönlichkeitsgrundlage wird in schwierigen Situationen verhindert, dass der Entscheider die Geführten entwertet sowie kränkt und auf diese Weise zwangsläufig ein kontraproduktives, demotivierendes Ergebnis in der Sache erzielt.

"Die zentrale Qualität guter Leitung ist die Fähigkeit, sich nicht in den narzisstischen Kannibalismus zu verstricken, der dann einsetzt , wenn Niederlagen und Rückschritte zu verarbeiten sind." Schmidbauer zeigt anhand vieler Fallbeispiele die Wirkung von Realitäts- und Stabilitätsverlusten während der Kindheit hinsichtlich der Verarbeitung von Niederlagen in späteren Jahren und welche Blockaden es zu überwinden gilt, um den Stier in Konfliktsituationen tatsächlich bei den Hörnern zu packen. Einfacher ist es natürlich sich durch Projektionen aus der Verantwortung zu stehlen.

Wer Defizite im Selbstwertgefühl hat, ist auch anfällig gegenüber schönrednerischer Schmeichler und nimmt in der Folge langfristige Entwicklungen nur noch bedingt war. Auch dieses Problematik beleuchtet der Autor eingehend. Jedem, der in irgendeiner Weise nach einer Entscheidungsposition strebt, ist zu empfehlen über diese Untiefen der Persönlichkeit nachzudenken, um sich darüber klar zu werden, worin die wirklichen Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg zu sehen sind.

Wolfgang Schmidbauer leistet diesbezüglich überzeugende Denkhilfe!

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Rezension:Versuchung des Bösen. So entkommen wir der Aggressionsspirale. (Gebundene Ausgabe)

Dr. Dr. Hans-Otto Thomashoff zeigt in seinem Buch, was man unter Aggression zu verstehen hat, wie sie sich entwickelt und wie man der Aggressionsspirale entkommt.
Der Autor unterstreicht gleich zu Beginn, dass Aggression überall vorhanden ist, dass sie jeden von uns betrifft und dass sie jeder hat.

Aggression ist jene dem Menschen innewohnende Disposition und Energie, die sich ursprünglich in Aktivität und später in den verschiedenen individuellen und kollektiven, sozial gelernten und sozial vermittelten Formen von Selbstbehauptung bis zur Grausamkeit ausdrückt. Aggression leitet sich vom lateinischen aggredior -aggredi ab und heißt ursprünglich herangehen (im Sinne von Annäherung), angreifen (im Sinne von Berühren, aus dem später Begreifen wird.) Erst in neuerer Zeit ist Aggression als manifestes oder latentes Angriffsverhalten bekannt und hin und wieder von Aggressivität als feindseliger Eigenschaft oder Einstellung unterschieden worden (vgl.: Hacker, F . Aggression, S.80)

Generell kann Aggression sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein. Destruktive Aggression entsteht aus Frustration und Stress.

Der Autor verdeutlicht, dass bereits das vorgeburtliche Erleben in unserer Hirnstruktur gespeichert wird und Stress vor und während der Geburt zeitlebens zu einem höheren Aggressionspotential führt.

Die Entwicklungspsychologie macht deutlich, dass ein Kind auf Frustration mit Aggression auf der Basis seiner schon bei Geburt bestehenden Hirnstruktur reagiert und die Mutter dem Kind dabei hilft, seine Aggression auszuhalten und zu nutzen. Ziel ist das Erleben, etwas bewirken zu können.

Der Autor resümiert, dass Wirkmächtigkeit das zentrale Bedürfnis unserer Psyche ist.

Aggression dient der Entfaltung der Psyche. Thomashoff folgert, dass Aggression damit eigentlich konstruktiv und nicht destruktiv ist. Ausschlaggebend sind die frühen Beziehungen. Sie nämlich prägen den Umgang mit der Aggression. Bereits im sechsten Lebensjahr ist das Aggressionspotential weitgehend aufgebaut. Ausschlaggebend sind Stress und die Qualität der frühen Beziehungen. "Das Wutpotenzial als Kraft zu Frustationsüberwindung und zur Bestätigung der eigenen Wirkmächtigkeit wird auf der Basis dieser frühen Beziehung gestaltet." ( S.101)

Interessant sind so genannte Bindungsmuster. Diese werden von Generation zu Generation weitergegeben und in diesem Zusammenhang auch aggressives Verhalten, insbesondere destruktive Aggression.

Aggression ist nach Ansicht des Autors kein Trieb, sondern stets nur eine Reaktion auf (reale oder phantasierte) Frustration. Thomasshoff begründet diese Sicht sehr gut nachvollziehbar.

Interessant ist, dass das Verhaltensmuster der frühen Kindheit in gespaltenen Wertungen zu denken uns zeitlebens latent erhalten bleibt und Gruppen aus ganz bestimmten Gründen, die näher erläutert werden, diese gespaltene Weltsicht haben. Offensichtlich ist in Gruppen unsere Weltsicht überfordert, weil es zu viele andere gibt. Dies ist der Grund, weshalb es in Gruppen zu vereinfachendem und gespaltenem Denken kommt, man sich dort immer einen Anführer wünscht, der Sicherheit geben soll und außerdem leichte Reizbarkeit vorherrscht. Individualistische Regungen sind der Gruppe suspekt. Die Gründe für diese Phänomen nennt der Autor. Gezeigt wird wie in Gruppen Eskalationen geradezu vorprogrammiert sind und Gruppen letztlich immerfort Gegner brauchen. In Gruppen kommt es stets zu Spaltungstendenzen. Ein Teil der Gruppe schart sich um den Anführer, unterwirft sich diesem idealisierten Anführer gar, der den Kampf gegen das geortete Böse verspricht. Das selbstständige Denken der einzelnen Gruppenmitglieder wird verunsichert.

"Die emotionale Reizüberflutung innerhalb der Gruppe bildet einen Stressfaktor, der sekundär zu erhöhter Reizbarkeit und Gereiztheit führt." (S.119). Auf diese Weise wird die eigene Aggression geweckt und anderen Gruppenmitglieder zugeschrieben. Hierdurch kommt ein fataler Kreislauf in Gang: "Jeder schiebt dem anderen seine Aggression zu und bestätigt sich damit unweigerlich die Wahrnehmung, dass der andere aggressiv sei (was wiederum die eigene Gereiztheit anfacht)." (S 119)

Wenn das Weltbild eines Anführers selbst von Spaltungen geprägt ist, kann es zu fatalen Entgleisungen der Gruppe kommen, weil sich dann die Gruppenaggression massiv zuspitzt.

Sofern eine solche Person während der psychischen Entwicklung wiederholt traumatisiert worden ist, zugleich über eine besondere Begabung (real oder phantasiert) verfügt, so kann eine verfestigte Spaltung dazu führen, dass sie alles Gute sich selbst und alles Schlechte der Welt das draußen zuschreibt.

"Jede tiefere Beziehung scheitert an der Unfähigkeit, sich in andere einzufühlen, an überzogener Kränkbarkeit und abweisender Arroganz. Entweder der andere ist Teil der eigenen Größe, oder er ist Luft." (S.122)

Gefährlich wird es für Massen, wenn der Anführer für Feindbilder empfänglich ist, weil sich in aggressiv aufgeladenen Massen die Gruppendynamiken verstärken und Terror zur Folge haben können. Die als anders Entwerteten werden für jeden sichtbar stigmatisiert und systematisch in die Vernichtung getrieben.

Man erfährt, dass Stress bereits in den Genen seinen Anfang nimmt und Stresshormone direkt im Gehirn wirken und unser Denken dauerhaft verändern.

Stress kann bekämpft werden durch positive zwischenmenschliche Beziehungen.

Generell lässt sich das Aggressionspotential durch Vermeidung von exzessivem Stress verhindern.

Man kann lernen mit Aggression umzugehen und destruktive in konstruktive Aggression umzuwandeln. Wie das funktioniert erklärt der Autor gut nachvollziehbar.

Erklärt werden auch die Ursachen für pathologische Aggression. Nicht selten werden Traumen (sie führen zu Extremstress) über Generationen hinweg in ewigen Opfer-Täter-Ketten weitergereicht, wenn es nicht zu einer Unterbrechung dieses Kreislauf kommt.

Der Zusammenhang zwischen Trauma, Aggression und Depression wird im Buch deutlich geschildert.

Bleibt festzuhalten, dass ein zufriedener Mensch nicht gewalttätig ist.

Mittels verschiedener Strategien, wie etwa Aggressionen konstruktiv zu nutzen, Gewöhnungen zu meiden , Spaltungen vorzubeugen und zu überwinden, Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen, prosoziales Verhalten zu belohnen und vieles andere mehr ist es möglich, der Aggressionsspirale zu entkommen. Wir alle sind gefordert.

Dr. Dr. Thomashoff leistet einen erhellenden Beitrag dazu.
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Rezension: Keine Angst vor Mobbing

Vor wenigen Tagen habe ich bereits eine Mobbingrezension zu einem anderen sehr guten Mobbingbuch verfasst. Aus gegebenem Anlass möchte ich heute erneut ein Mobbingbuch rezensieren und zwar jenes der Autorin Anka Kampka.

Sie verdeutlicht in ihrem Buch zunächst, was Mobbing ist, wie Mobbing verläuft und was man dagegen tun kann.

"To mob" kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt "anpöbeln", sich anfeinden" (Zitat: Seite 21.)

Die Autorin wartet im Anschluss mit einer erhellenden Mobbingdefinition auf und verdeutlicht, wie es zu Mobbingverhalten kommt. Sie listet auf, welche Beschwerden durch massives Mobbing auftreten. Mobbing ist immer auch ein Angriff auf die Gesundheit des Gemobbten.


Unter Mobbinghandlungen versteht man u.a.:

Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen. Es wird versucht Druck auszuüben, indem man Drohkulissen aufbaut und versucht, den Gegner zu isolieren.
Die Autorin listet alle Punkte des Mobbing auf und beleuchtet in der Folge das 5 Phasenmodell nach Heinz Leymann.

Hier wird gezeigt, was sich in der Phase ereignet, wenn der Konflikt ausbricht, wie sich das Mobbing alsdann etabliert, wie die Rechtsbrüche durch Fehl- und Übergriffe ausschauen. Jeder 5. Suizid ist auf Mobbing zurückzuführen, schreibt die Autorin.
Was kann man für sich tun, wenn man gemobbt wird? Die Autorin gibt sehr gute Ratschläge und unterstreicht dass Gemobbte durchhalten und mit sich selbst geduldig sein sollten. Sie zeigt, wie man Stress abbauen kann.

Wichtig: Mobber handeln immer nach dem gleichen Muster: "Sie suchen sich die Opfer heraus, von denen sie am wenigsten Widerstand erwarten. Ist der Widerstand zu hoch und müssen sie mit Beobachtungen rechnen, werden sie sich überlegen, ob sie das Mobbing weiterhin betreiben."

Dieser Satz verdeutlicht, dass man Mobber an den Pranger stellen muss und sich nichts gefallen lassen darf. Indem man das Mobben öffentlich thematisiert und Widerstand leistet, besteht die Chance dem Spuk ein Ende zu setzen.

Die Informationen der Anwälte Ansgar Brede und Nathalie Brede zu Ende des Buches sind sehr erhellend. Die beiden Anwälte sitzen in Wiesbaden. Ansgar Brede ist ein Spezialist in Mobbingfragen.


Ein hochinformatives Buch.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.

Rezension: Friederike Potreck-Rose: Sich eine Chance geben- den Selbstwert stärken

Die Diplom-Psychologin Dr. Friederike Potreck-Rose hat gemeinsam mit der Komponistin und freien Solistin für Harfe Frauke Horn diese sehr empfehlenswerte CD auf den Weg gebracht. Das Thema ist unser Selbstwert. Im Rahmen von 7 Hörübungen lehrt sie, wie man diesen erhöhen kann.
Es gibt Menschen, so lässt sie den Leser in der Begleitbroschüre wissen, die sich völlig untersschätzen. Dies geschieht zumeist dann, wenn der innere Kritiker die Oberhand über einen Menschen gewonnen hat und dieser ihn durch seine Perfektionismusforderungen in die Verunsicherung treibt.
Die 7 Hörübungen werden jeweils von Harfenklängen unterbrochen. Während der entspannenden Musikstücke kann man das Gehörte jeweils erst einmal sacken lassen.

Potreck-Rose erklärt zunächst, dass wir alle einen wohlwollenden Begleiter, einen Kritiker und einen Faulenzer in uns beherbergen. Wenn diese drei fikiven Personen das Gleichgewicht behalten, ist der Selbstwert gut, ansonsten entstehen Schräglagen nach unten oder oben. Selbstunterschätzung ist genauso kontraproduktiv wie Selbstüberschätzung. Das Übungsprogramm stellt auf ein Gleichgewicht der Akteure ab.

Wichtig ist es, seine Aufmerksamkeit zunächst einmal auf das zu lenken, was stärkt und alte verunsichernde Gewohnheiten durch neue, den Selbstwert stärkende zu ersetzen.

Die Psychologin deutet durch ein Beispiel an, dass Menschen mit geringem Selbstwert immer nur einen Blick für Negatives haben.

Es ist wichtig Revue passieren zu lassen, was uns im Leben gelungen ist. Was war positiv? Wofür können wir dankbar sein? Solche und andere Fragen sollte man sich beantworten. Man muss nicht nur wohlwollend sich gegenüber sein, sondern sich auch Mut machen. Auf welche Weise hat man auf seinem Lebensweg heikle Situationen gemeistert? Was hat geholfen, was wird in der momentanen Situation helfen? Jeder hat bestimmte Stärken, mit denen er Krisensituationen bewältigen kann. Diese gilt es, sich bewusst zu machen.

Man muss lernen, sich auch auszuruhen und sollte Auszeiten verbindlich einplanen, unliebsame Aufgaben nicht vor sich her schieben, weil dies langfristig immer den Selbstwert untergräbt. Potreck-Rose empfiehlt sich stets ein Erledigungsprogramm aufzuschreiben: Welche Aufgabe? Welche Teilschritte? Wieso? Wieviel Zeit? Welche Belohnung? Dieses Programm gilt es systematisch abzuarbeiten. Nur so schafft man es Dinge, nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag vor sich herzuschieben.

Die Psychologin thematisiert auch, dass man seinen Ansprüche gegen sich selbst reduzieren soll, wenn man merkt, dass der Selbstwert wackelt.

Perfektionismusansprüche zerbröseln den Selbstwert. Erlauben Sie sich Fehler zu machen, dann sind sie kreativer und produktiver.

Man muss lernen, für sich Sorge zu tragen und immer wieder in die Schatzkiste seiner Fähigkeiten blicken, dann gelangt der Selbstwert ins Gleichgewicht. Menschen mit gesundem Selbstwert haben es nicht nötig, pausenlos neiderfüllt und missgünstig auf ihre Mitmenschen zu schauen und diese Tatsache macht fröhlich, gut gelaunt, kreativ und leistungsstark.

Eine empfehlenswerte CD.
Das besprochene Produkt ist überall im Handel erhältlich.


Rezension: Dem inneren Kind begegnen

Viele Ängste und Verhaltensmuster beruhen auf unverarbeiteten Kindheits- und Jugenderlebnissen. Diese Ängste hindern daran, problembezogen und erfolgreich im Hier und Jetzt zu handeln.

Die Psychoanalytikerin und Nervenärztin Prof. Dr. med Luise Reddemann nähert sich in ihren klugen Texten behutsam dem inneren Kind in uns und macht es möglich, dass wir es trösten können. Nicht jeder hat eine glückliche Kindheit erfahren, nicht jedes Kind ist ein Wunschkind, das von seinen Eltern herzlich geliebt wurde.


Nicht jedes Kind wurde immerfort gestreichelt, erhielt Zuspruch und konnte ein gutes Selbstbewusstsein entwickeln. Nicht jedes Kind war beliebt bei anderen Kindern. Viele Verletzungen aus längst vergangenen Zeiten bestimmen unser Verhalten im Jetzt. Von daher ist es wichtig dem Baby, dem Kleinkind, dem Schüler und Jugendlichen, aber auch dem fiktiv alten Menschen in uns Gehör zu schenken, um auszuloten, woher unsere Ängste kommen und sich klar zu machen, wie alt man heute, wie weit weg man von diesem Kinde, dem Jugendlichen und dem fiktiv alten Menschen ist, wie weit entfernt von den Personen, die uns mit ihren Irritationen nicht verunsichern dürfen. Man muss sie führen, um Herr/in der Lage zu bleiben. Mit sich selbst Frieden zu schließen und seinen Stärken Raum zu geben, kann gewiss kein Fehler sein. Prof. Dr. Reddemann hilft Ihnen dabei durch ihre hervorragenden, wohldurchdachten Übungen.


Die Texte der CD werden von schönen Musikstücken des Barockmusikers Domenico Scarlatti unterbrochen, um Gelegenheit zu haben, über das Gehörte spontan nachzudenken und vielleicht auch das Glücksgefühl zu genießen, wenn man missliche Lagen in der Kindheit für sich endlich zufriedenstellend uminterpretiert hat.:-))


Empfehlenswert.


Das besprochene Produkt ist überall im Handel erhältlich.





Rezension: Mobbing: Psychoterror am Arbeitsplatz, in der Schule und im Internet - Tipps und Hilfsangebote (Broschiert)

Der Psychotherapeuth Dr. Gerd Arentewicz hat gemeinsam mit dem Konflikt- und Motivationsforscher Dr. Alfred Fleissner und dem Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Dieter Struck dieses Buch über Psychoterror am Arbeitsplatz, in der Schule und im Internet veröffentlicht.
Arentewicz verdeutlicht gleich zu Beginn, was man unter Mobbing zu verstehen hat und wartet mit einer allgemeinen, einer stressmedizinischen und einer erweiterten Definition auf. Die erweiterte Definition lautet: "Mit Mobbing wird ein Prozess bezeichnet, der mit einem Konflikt, einen Streit oder mit einer Meinungsverschiedenheit anfängt, in der Folge aber in der typischen Form ausufert und sich verselbstständigt. Die besondere Art von Konfliktverlauf konzentriert sich nach einiger Zeit immer nur auf einen, der am ursprünglichen Konflikt Beteiligten, der daraufhin angeklagt, geschnitten und oft aus dem Arbeitsleben ausgeschlossen wird." (Zitat. S. 14)


45 negativen Handlungen werden von Mobbern üblicherweise begangen. Der Verfasser des Werkes "Die Mobbingenzyklopädie" Heinz Leymann untergliedert diese in 5 Angriffshandlungen:


1)Angriffe auf die Möglichkeit sich mitzuteilen


2)Angriffe auf die sozialen Beziehungen


3)Auswirken auf das soziale Ansehen


4)Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation


5) Angriffe auf die Gesundheit



Wenn man sich in die 45 negativen Handlungen vertieft, wird einem sofort klar, wie Mobber ticken. Das Machstreben von Mobbern ist eine Folge von Angst. Man erfährt, dass in Mobbingsituationen ausgeklügelte Gemeinheiten zum Tragen kommen und dass sich die Führung von Unternehmen ihrer Verantwortlichkeit bewusst werden muss, damit solche Teufelskreise nicht entstehen. Interessant ist, was Fleissner zur Mobbingabwehr schreibt und ich begrüße auch den Vorschlag, dass in einer zukünftigen Anti-Mobbing-Gesetzgebung zu erwägen ist, ob in schwierigen Fällen nicht der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung als erfüllt zu gelten hat. (vgl. S. 57)


Es ist interessant zu erfahren, wie man auf anhaltende Stressoren bei Mobbing reagiert, nicht nur das Muskelsystem wird angespannt, das Denkvermögen wird beeinträchtigt, die Gefühlswelt und das vegetativ-hormonelle System ebenfalls. Arentewicz listet alle psychischen und psychosomatischen Erkrankungen auf und auch die postraumatischen Belastungsstörungen, die aufgrund von Mobbing entstehen. Gottlob gibt es neun Möglichkeiten der kognitiven Stressbewältigung und auch Entspannungsverfahren gegen Angst, die überaus hilfreich sind, wenn man mit Dauerattacken von Mobbern konfrontiert wird. Im Buch werden alle Möglichkeiten und Verfahren näher erläutert.


Fleissner thematisiert in der Folge u.a. die Voraussetzungen für ein gutes Miteinander und unterstreicht, dass Mobbingprozesse rechtzeitig erkannt werden müssen. "Spätestens, wenn einem Vorgesetzten von irgendeiner Seite eine Beschwerde über Mobbing in seinem Verantwortungsbereich zu Ohren kommt, wird er zum Mittäter, sofern er nicht sofort wirksam einschreitet." (Zitat: S. 85)


Interessant ist auch das Kapitel Mobbing und Gewalt an Schulen, das ich Lehrern und Eltern als Lektüre ans Herz lege und der Beitrag von Gerd Arentewicz "Mit der Hassgruppe im Web 2.0 Cybermobbing mittels elektronischer Medien". Das Risiko im Netz gemobbt zu werden, ist um ein Vielfaches höher als im normalen Leben. Der Autor bietet Hilfe im Internet an, d.h. er wartet mit vielen Hilfsandressen auf.


"Mobbing im Internet ist eine Straftat" (Zitat : S. 137). "Der sogenannte Technische Terror" ist ein Straftatbestand, der auf Antrag gerichtlich verfolgt werden kann." (Zitat S. 137) Neben dem Grundgesetz, dem Zivilgesetz und dem Strafrecht spielt das Telemediengesetz eine zentrale Rolle für das Internetrecht.(vgl.: S.138)


Sehr interessant im Zusammenhang mit Mobbing sind die Infos wie man eine ärztlich-psychologische Behandlung erhält und wie man juristisch gegen Mobber vorgehen kann.


Ein hilfreiches Buch, das ich allen empfehle, die sich näher mit diesem Thema auseinandersetzen möchten.
Das besprochene Produkt ist überall im Handel erhältlich.

Rezension: Jenseits der Norm- hochbegabt und hochsensibel

Wer mehr im Kopf hat, braucht mehr Ruhe

Die Diplom-Psychologin Andrea Brackmann geht in diesem Buch der Frage nach, ob Menschen mit hohem Intelligenzquotienten möglicherweise feinfühliger in sensitiven und sensorischen Belangen reagieren als normalbegabte Personen und in der Folge möglicherweise anfälliger sind gegenüber Ängsten und Blockaden.

Anhand zahlreicher Fallbeispiele beschreibt Brackmann das Anderssein von Hochbegabten, so etwa hinsichtlich komplexerem Denkvermögen, geistiger Überaktivität und damit einhergehender Introvertiertheit. Die Autorin zeigt welche Schwierigkeiten hochintelligente Menschen im öffentlichen Leben haben, dass deren hohe Ansprüche an Fairness, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit nicht selten zur sozialen Isolation führen und schließlich strukturierte Lebensführung als Korrelativ gegenüber einem meist überbordenden Gefühls- und Gedankenleben eingesetzt wird.

Die Psychologin lässt nicht unerwähnt, dass hochbegabte Menschen in ihrem Verhalten Ähnlichkeiten mit Autisten und Borderlinern aufweisen und versucht die Gründe hierfür auszuloten. Gefühle des Andersseins, Licht- und Lärmempfindlichkeit, Selbstzweifel, überhöhte Selbstansprüche, sowie Schwierigkeiten bei Entscheidungsfindungen machen den Hochbegabten nicht unbedingt zu einem glücklicheren Menschen, auch wenn er Sachverhalte rascher zu analysieren und schneller logische Schlüsse zu ziehen vermag.

Geistige Überflieger sollten demnach nicht neidvoll als Wundertiere stigmatisiert werden, sondern man sollte ihnen, nicht zuletzt wegen ihrer überhöhten Sensitivität, etwas mehr Ruhe einräumen, damit sie aufgrund ihres geradezu obligatorischen Nervenflatterns nicht genötigt werden, pausenlos ein Kartenhaus nach dem anderen zu bauen, sondern stattdessen ihre Begabung für Sinnvolleres einsetzen!
Das besprochene Produkt ist überall im Handel erhältlich.


Rezension: Ein-Blicke in die Tiefe

Herausgeber dieses hochinteressanten Buches sind Gertraud Diem-Wille und Agnes Turner. Im Rahmen von wissenschaftlichen Beiträgen hat man Gelegenheit, sich kundig zu machen im Hinblick auf die Theorie über die Methode psychoanalytischer Säuglingsbeobachtung. Hier fand ich den Beitrag von Esther Bick über das Hauterleben in frühen Objektbeziehungen besonders erhellend. Am Beispiel der Säuglingsbeobachtung des Babys Alice zeigt sich wie ein Kleinkind reagiert, wenn man es nicht in den Arm nimmt. Es traten psychosomatische Störungen bei diesem Kind auf. Später folgten Hyperaktivität und betont aggressives Verhalten.

Eine Vielzahl anderer Untersuchungen kann man lesen, bevor die psychoanalytische Säuglingsbeobachtung als Ausbildungsmethode beleuchtet wird und hier speziell ihre Wurzeln und ihre Anwendung in der Eltern-Kleinkindtherapie fokussiert werden. Zur Sprache kommt u.a. abermals die Bedeutung der so genannten Zweithaut. Es handelt sich um eine Überlebensstrategie als Abwehrform, die ein Baby dann entwickelt, wenn es unzureichend gehalten und gestreichelt wird. Dauerhaftes Sprechen und permanente Aktivität bei Erwachsenen sollen, ähnlich wie bei Kindern Hyperaktivität, das Desaster, das droht, wenn man innehält, verdecken. All diese Verhaltensmuster entstehen, wenn man als Kind nicht genügend Streicheleinheiten bekommen hat.


Man erfährt Näheres zur Sprachentwicklung in Beziehungen mit frühen Ängsten. Hinterfragt wird, ob Plappern Selbstberuhigung oder eher Kommunikation ist und man liest über die Lernerfahrungen einer Babybeobachterin vom Wegschauen bis hin zur Reflexion von bedrohlichen Erlebnisinhalten und schließlich auch von den Anfängen des psychoanalytischen Organisationsbeobachtung.


Die theoretischen Texte weden von zahlreichen Fallbeispielen und einer umfangreichen Bibliographie begleitet.



Rezension: Artenschutz für Männer- Hanne Seemann

Dieses Buch haben ich mit großem Interesse gelesen. Hanne Seemann thematisiert hier die Wiederentdeckung des Männlichen, stellt rhetorische Fragen, wie etwa "Was ist los mit den Männern?" und zeigt auf, wie es möglich war, dass sie so "heruntergekommen" sind, sprich in einer Identitätskrise stecken.

Die Autorin beantwortet zufriedenstellend die Frage, was ein Mann ist und auch worin Männer gut sind, oder was man von ihnen nicht verlangen sollte.

Nicht außer Acht lässt Seemann bei der Betrachtung des Mannes die Macht der Hormone. Je höher der Testosteronspiegel vor Geburt ist, desto "männlicher" wird das Kind.


Seemann beantwortet die Frage was Sozialisation unter der Voraussetzung biologischer Determination leisten kann. Was sind richtige Jungs? Benötigen Jungs Kämpfe? Gibt es geschlechtstypisches Verhalten von Anfang an?


So weit ich die Autorin begriffen habe, benötigen Männer viel Beachtung und Ermutigung, um ihre Eigenheiten, Vorzüge und speziellen Talente zu erkennen und zeigen zu können. Das sehe ich auch so.

Die Psychologin meint, dass die Zukunft des Mannes, vielmehr derer, die sich selbst als Mann verstehen oder als ein solcher angesehen werden, nicht darin liegt, dass für ihn ein neues verbindliches Männerbild von Lehrern, Frauen, Soziologen und Psychologen zurechtgezimmert wird, vielmehr sollen Männer selbst Räume entdecken, die ihnen zuvor verschlossen waren. Ihre Identitätskrise können sie nur überwinden, wenn man ihnen etwas Gutes zutraut und ihnen das Gefühl gibt, dass man sie liebt. Männer haben es seit der vollzogenen Emanzipation nicht einfach. Sie benötigen die Hilfe ihrer Frauen mehr denn je. Was spricht dagegen sie an die Hand zu nehmen? Nichts.:-))


Empfehlenswert.



Rezension: Peter Sloterdjik- Philosophische Temperamente

Der Philosoph Peter Sloterdijk skizziert hier in einer für ihn bemerkenswert schlichten, gut verständlichen Sprache im Rahmen kleiner Essays das Denken der Philosophen Platon, Aristoteles, Augustinus, Bruno, Decartes, Pascal, Leibnitz, Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Schopenhauer, Kierkegaard, Marx, Nietzsche, Husserl, Wittgenstein, Sartre und Foucault.

Es wäre vermessen von mir, ein Urteil darüber zu fällen, ob es Sloterdijk tatsächlich gelungen ist, die wesentlichen Gedanken aller Philosophen festzuhalten. Ein solches Urteil kann nur ein Philosophieprofessor abgeben, der sich mit den einzelnen Philosophen nachhaltig auseinandergesetzt hat. Vermerken allerdings kann ich, dass ich die Texte mit Freuden las.


Befasst habe ich mich früher schon mit Platon, Aristoteles, Bruno, Decartes, Leibnitz, Kant, Fichte, Schopenhauer, Nietzsche, Wittgenstein und Sartre und bin vor allem begeistert von Sloterdijks Skizzierung von Kants Philosophie. Diese in solch knapper Form zu verbalisieren, fordert dem Leser Respekt ab. Sloterdijk unterstreicht, dass Kants Philosophie zivil ist, weil sie die Emanzipation des philosophischen Denkens von der Bevormundung durch die Theologie der positiven und geoffenbarten Religion einklagt (vgl.S. 64).

Der Philosoph begründet in der Folge, weshalb Kants Denken bürgerlich ist und nennt als einen der Gründe hierfür, die Tatsache, dass der Kantsche Mensch von Grund auf Gattungsgenosse und insofern Weltbürger sei. Mit dem Motto sich in einer Welt voller Enteignungsgefahren des eigenen Verstandes wie eines unentäußerlichen Vermögens zu bedienen, bekunde Kant seinen Elan, sich gegen alle Verführungen zur Gedankenarmut und Depression auf das Abenteuer der Deutlichkeit einzulassen (vgl.69). Ein wunderbares Resümee im Hinblicks auf Kants Hauptanliegen, das m.E. der Schüssel für das wahre Glück ist.

Bei Schopenhauer las ich neulich, Glück sei die Abwesenheit von Langeweile und Schmerz. Wer sich seines Verstandes bedient, kennt selten Langeweile. Sloterdijk erwähnt in seiner ultraknappen Skizzierung der Gedanken Schopenhauers dessen Verzichtsüberlegungen. Wer auf Genuss verzichtet, wird schmerzfreier leben als derjenige, der Höhen und Tiefen zulässt und auslebt. Ich bin mir nicht sicher, ob ein Mensch, der alle Schmerzen umschifft, am Ende seines Lebens wirklich die Chance hat, weise zu werden. Zur Entwicklung einer Persönlichkeit und damit einhergehend der Weisheit gehört Schmerz, den man nicht verdrängen darf, sondern verarbeiten muss, so meine Beobachtungen.

Ich mag Sartre genau aus dem Grunde, den Sloterdijk in den Raum stellt. Der Franzose liebte die bodenlose Freiheit. Für ihn soll das Nichts der Subjektivität kein herabziehender Abgrund, sondern eine heraufsprudelnde Quelle, ein Überschuss an Verneinungskraft gegen alles Umschließende gewesen sein (vgl.:S. 133). Der Autor lässt den Leser wissen, dass Sartre die Kunst beherrschte, fast alles, was er tun musste, auch spontan zu wollen. Dadurch entging er den üblichen Zwängen. Sartre soll unheilbar produktiv gewesen sein. Sich ihn als Vorbild zu nehmen, kann demnach kein Fehler sein. Durch bewusstes, dauerhaftes Wollen kann man nicht gequält werden von Zwängen. Das ist doch wunderbar.


Hocherfreut war ich, dass Sloterdijk auch Bruno skizziert hat. Der Philosoph unterstreicht, dass es an der Zeit sei, die Asche über Brunos Manuskripten wegzublasen, um auf diese Weise freizusetzen, was den Denker, der ein Meister italienischer Prosa war, alleine ehre: "die leuchtende Buchstäblichkeit seiner wirklichen Gedanken"(vgl.:45).


Sloterdijk hat ein kurzweiliges Buch geschrieben, gut lesbar, tatsächlich ideal als "Einstiegsdroge", wenn man Lust hat, süchtig auf Philosophie zu werden und überzeugt davon ist, dass Denken keine Kopfschmerzen verursacht.

Rezension:Neuanfänge - Veränderung wagen und gewinnen (Broschiert)

Die meisten Menschen sind sich dessen nicht bewusst, dass die Art, wie sie einer Veränderung begegnen, damit zu tun hat, wie sie ihre Situation wahrnehmen, worauf sie ihre Aufmerksamkeit lenken, was sie denken, glauben aber auch fühlen. Jedem Tun geht ein Gedanke voraus. Es ist immer unsere Wahrnehmung, die unser Handeln bestimmt. Dr. Sybille Tobler zeigt dem Leser, was im Umgang mit Veränderungen vorwärts führt.

Die Autorin empfiehlt Veränderungen stets zu benennen. Dabei allerdings ist es wichtig die gesamte Lebenssituation im Blick zu haben, um möglichst genau den Punkt auszuloten, um welche Veränderung es im Kern tatsächlich geht. Keineswegs steht Veränderung nämlich dort und nur dort an, wo es auf den ersten Blick erscheint.

Genauso wichtig wie das Benennen von Veränderungen ist sich klar zu machen, wie man diese Veränderungen wahrnimmt. Man kann dieselbe Situation stets als Himmel und als Hölle begreifen. Dies ist deshalb so, weil unsere Wahrnehmung nicht die Wirklichkeit ist, sondern unsere Sicht die Wirklichkeit darstellt. Leider ist dies den meisten Menschen nicht bewusst. Nicht selten wird die Wahrnehmung für die Wirklichkeit gehalten, die Wahrnehmung mit der Situation selbst verwechselt. Unsere Wahrnehmung ist wie eine Brille, durch die man die eigene Situation, eine Veränderung, uns und andere Menschen sieht. Mittels der Wahrnehmung gewichtet und filtert man. Entscheidend ist der Aufmerksamkeitsfokus. Worauf wir unsere Brille richten, bestimmt letztlich, was wir sehen. Was man sieht bestimmt das Denken und das, was man glaubt. Wenn nicht die Handlung selbst, sondern die Wahrnehmung unserer Handeln bestimmt, ist man klug beraten, nachzudenken, ob man nicht den Blickwinkel verändern sollte. Wahrnehmung nämlich fördert bestimmte Handlungsrichtungen und schließt andere aus, schließlich beeinflusst sie, in welche Situationen wir gelangen, wie die Autorin deutlich macht. Wenn im Aufmerksamkeitsfokus Wachstum steht, denkt man, man möchte sich entwickeln, steht hingegen in diesem Fokus Ohnmacht, dann denkt man, dass man eh nichts beeinflussen kann und lässt alles über sich ergehen. Wer resigniert und meint es gäbe keine Hoffnung, endet in der Passivität.


Leider verhält es sich so, dass man nicht selten auf vertraute Wahrnehmungen zurückgreift, auf diese Weise entstehen Lebensorientierungen, die man nur dadurch verändert kann, dass einem klar wird, wodurch sie entstanden sind und weshalb sie für unsere Zukunft ungünstig sind. Nicht förderliche Haltungen, Anschauungen und Überzeugungen können sehr kontraproduktiv sein, wenn es darum geht, eine aktuelle unliebsame Situation konstruktiv anzugehen, ja sogar die tatsächliche Ursache dafür sein, warum man festläuft.
Wichtig ist es zu begreifen, dass man nicht nur auf hilfreiche, nützliche, unterstützende Orientierungen zurückgreift, sondern auch auf solche, die nicht (mehr) angemessen sind, nicht (mehr) hilfreich sind, die uns keine förderlichen Impulse liefern, die uns letztlich in unserer Entwicklung behindern und dazu beitragen, dass wir immer wieder in den gleichen Schlamassel hineingeraten. Ursachen hierfür sind Gewohnheit, Angst, mangelndes Bewusstsein u.a. mehr. Dabei macht die Autorin klar, dass man immer dorthin gelangt, worauf man sich ausrichtet und zeigt in der Folge wie man die Wahrnehmung ändern kann.


Es geht nicht darum zu Psychologisieren, sondern darum, zu erkennen und neue Wahrnehmungsweisen zu entwickeln und weiterzuführen. Erkenntnis ist die Basis. Sie erst ermöglicht Veränderung. Jede Veränderung ist ein Prozess. Prozesse erfordern Ausdauer. Doch man sollte sich immer wieder bewusst machen, dass immer dann, wenn man seine Wahrnehmung ändert sich auch die Dinge verändern, weil man Zugang zu Möglichkeiten und Lösungsschritten erhält, die einem bislang nicht zugänglich gewesen sind.


Die Autorin im empfiehlt, die Aufmerksamkeit konsequent auf alles zu lenken, was uns vorwärts kommen lässt und den Blick keinesfalls auf Unmotivierendem haften zu lassen. Die neue Sicht der Dinge sollte dazu motivieren vorwärtszugehen, die neuen Gedanken sollten Zuversicht vermitteln und unsere neue Wahrnehmung uns Ideen, Möglichkeiten und Lösungen erschließen, die sich positiv auf unser Handeln auswirken.


Dr. Tobler zeigt, wann Wahrnehmungen nicht hilfreich sind und wie man diese ganz konkret verändert kann. Es ist wirklich wichtig Demotivierendes und nicht Hilfreiches zu sehen und dabei zu erkennen, was einen beeinträchtigt. Schritt für Schritt lehrt uns die Autorin, wie man eine neue Wahrnehmungssicht erlangen kann, bevor sie aufzeigt, dass zum Vorwärtsgehen immer Entschlossenheit und Mut gehört und man dabei immer entscheiden und handeln muss. Dass Dr. Tobler in diesem Zusammenhang Goethe zitiert hat mir gefallen: "Es ist nicht genug, zu wissen, man muss es auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun".
Um durch eine Veränderung in eine neue Situation zu gelangen, ist es wichtig, dass man sich vorstellen kann, dass diese überhaupt möglich ist. Auch ist es wichtig sich damit zu beschäftigen, was sie für uns beinhaltet. Der so genannte motivierende Horizont verleiht Energie, lädt zur Übernahme von Verantwortung für die eigene Entwicklung ein, ermöglicht Orientierung und erleichtert Entscheidung. Die Autorin zeigt, wie man zu einem solchen Horizont gelangt, weist auf Ablenkungsmanöver hin, wie etwa: Verurteilen und Schuld suchen, um Unerwünschtes kreisen, sich mit Unwichtigem abzulenken, sich an Hilflosigkeit und Ohnmacht zu orientieren etc.


Kontraproduktive Alibis, wie Ausflüchte »Ich habe keine Zeit bzw. keine Wahl, es ist doch gar nicht so schlimm«, hindern auch daran neue Wege zu gehen.


Anstelle abzulenken oder nach Ausflüchten zu suchen, sollte man stets neue Wege erkunden, sich entscheiden, loszuziehen und dranzubleiben. Man muss Mut haben etwas zu wagen. Wer alles absichern möchte, erschwert sich das Entscheiden und auf diese Weise auch das Handeln. Dr. Tobler zeigt wie man Hindernisse bewältigt und wie man das innere Wissen stärkt, dass man ankommen wird. Man muss daran glauben, dass man Ideen, Talente, Kenntnisse und Erfahrungen besitzt, die einem vorwärts helfen, auch dann, wenn man diese nicht sogleich erkennt. Es ist wichtig mit dem Leben zusammenzuarbeiten, das heißt, die Verantwortung für die eigenen Wahrnehmungen, für den Horizont, auf dem man sie ausrichtet, für die Entscheidungen, die man trifft als auch für die Schritte, die man macht, zu übernehmen. Sich selbst und seinen Zukunftsperspektiven zu vertrauen ist nur dann möglich, wenn man gelernt hat, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Das macht dieses Buch unmissverständlich deutlich.


Ein lesenswertes Buch.




Rezension Giorgio Agamben- Nacktheiten

Dies ist das erste Buch des Denkers Giorgio Agamben, das ich bisher gelesen habe. Es enthält neun Essays, die Anleihen in der Bibel nehmen, um Gedankenbilder, die bis in die heutige Zeit hineinreichen, sehr wortreich aufzudröseln. Zunächst hatte ich einige Schwierigkeiten, mich in die barocken Satzgebilde einzufinden, die mich an Satzgebilde von Sloterdijk erinnern und meiner Neigung für Schlichtheit im sprachlichen Ausdruck, wie der Philosoph André Comte-Sponville ihn beherrscht, leider zuwider laufen.

Agamben reflektiert zunächst den Begriff Prophet im Sinne von Vermittler, der bis zum heutigen Tage aus der abendländischen Kultur nicht verschwunden ist, wobei heute allerdings niemand mehr die Position des Propheten vorbehaltlos für sich reklamieren kann (vgl. S.8 ff).


Höchst interessant finde ich seine Überlegungen zur Zeitgenossenschaft. Agamben hat mir mit seinem Essay "Zeitgenossenschaft" klar gemacht, dass ich den Begriff bislang nicht richtig angewandt habe. Er definiert: "Der Gegenwart zeitgenössisch, ihr wahrhaft zugehörig ist derjenige, der weder vollkommen in ihr aufgeht noch sich ihren Erfordernissen anzupassen sucht." Das bedeutet, dass der Zeitgenosse stets unzeitgemäß ist, gleichwohl diese Abweichung es ihm erlaubt, seine Zeit wahrzunehmen und zu erfassen.


Zeitgenossenschaft sei, so der Philosoph, ein spezielles Verhältnis zur Gegenwart. Dieses Verhältnis macht es erforderlich, dass man seinen Blick auf seine Zeit richtet, um nicht deren Glanz, sondern vielmehr deren Finsternis wahrzunehmen, (vgl. S. 26). Zeitgenosse ist demnach derjenige, der die Zeit, in der er lebt, kritisch betrachtet. Agamben erläutert, dass unsere Zeit, die Gegenwart, die fernste Zeit sei und für uns letztlich absolut unerreichbar ist. Wir vermögen uns ihr gedanklich nur bedingt zu nähern und nur dann zeitgenössisch zu sein, wenn wir die Dunkelheit der Gegenwart erkennen und ihr unerreichbares Licht als Tatsache begreifen. Soweit ich Agambern verstanden habe, ist ein Zeitgenosse letztlich derjenige der mit dem Zeitbegriff spielt, ihn zerlegt und transformiert und indem er ihn überwindet, es schließlich schafft, Zeitgenosse des Jetzt, das Vergangenheit und Zukunft impliziert, zu sein.


Es ist unmöglich im Rahmen der Rezension alle Essays zu beleuchten. Der Essay "Nackheit " allerdings ist wohl der wichtigste im Buch und entstand aufgrund einer Performance von Vanessa Beecroft am 8.4.2005.


Die Künstlerin hatte Hunderte nackte, hauptsächlich strumpfhosentragende Frauen in militärischer Geschlossenheit bekleideten Betrachtern gegenübergestellt.


Agamben nimmt das Event zum Anlass, den Begriff Nacktheit zu überdenken und hält fest, dass in unserer Kultur besagte Nacktheit eine unauslöschlich theologische Signatur trägt (vgl. S. 97). Der Autor konstatiert, dass es vor dem Sündenfall wohl eine Unbekleidetheit gab, jedoch das Unbekleidetsein noch keine Nackheit war. Obschon Nacktheit Unbekleidetheit vorraussetzt, ist sie mit dieser keineswegs identisch. Adam und Eva konnten vor dem Sündenfall ihre Nacktheit nicht sehen, so Agamben. Der Grund hierfür scheint die Gegebenheit gewesen zu sein, dass sie in eine Art Gnadenkleid der Anmut gehüllt waren. Bei nicht obszönem Unbekleidetsein, wie Beecrofts Modellen, sind die Frauen im Grunde nicht nackt, sondern tragen wie Adam und Eva das Gnadenkleid der Anmut.


Agambens Reflektionen im Hinblick auf Nacktheit münden in Überlegungen, wie der Mensch fernab von Sündenfall und Gnadenkleid und damit verbundener Scham, mit seinem nackten Körper umgeht. Vielleicht wird er durch die Befreiung von der theologischen Signatur tatsächlich erst wirklich frei.


Sehr bemerkenswerter Lesestoff, der zum Nachdenken anregt.

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Rezension: André Comte-Sponville- Glück ist das Ziel, Philosophie der Weg

André Comte-Sponville zählt derzeit zu den führenden französischen Philosophen. Im vorliegenden Buch legt er zwölf philosophische Betrachtungen vor. Zu Sprache kommen: Moral, Politik, Liebe, Tod, Erkenntnis, Freiheit, Gott, Atheismus, Kunst, Zeit, Menschsein und Weisheit. Den einzelnen Kapiteln sind Sentenzen berühmter Philosophen vorangestellt. Sein Vorwort beginnt mit einer kurzen Definition des Philosophen Kant: "Philosophie...Weisheitslehre...und Ausübung der Weisheit." Comte-Sponville verdeutlicht, dass es viele Antworten auf die Frage, was Philosophie sei, gibt. Obschon er Kants Definition an den Anfang des Buches setzt, hat der Franzose eine Schwäche für Epikurs Definition, für den Philosophie "eine Tätigkeit, die uns durch Reden und Überlegungen ein glückliches Leben beschert " verkörpert.

Die erste seiner Betrachtungen ist der Moral gewidmet. Für ihn beginnt die Moral dort, wo man frei ist, denn Moral sei diese Freiheit selbst, wenn sie über sich urteile und sich selbst befehle. Der Philosoph verdeutlicht, dass Moral nicht dazu da sei, zu strafen, zu unterdrücken und zu verurteilen. Vielmehr, so arbeitet in seinem kleinen Text heraus, ist Moral das, was man sich zu tun und zu unterlassen auferlegt, selbst wenn man unsichtbar und unbesiegbar wäre. Der einzelne handelt und unterlässt dabei nicht des eigenen Vorteils wegen, sondern zum Wohle seiner Mitmenschen. Moral, die man von Dritten einfordert, macht einen persönlich nicht moralischer, sondern bloß zum Moralapostel.
Comte-Sponville reflektiert die philosophischen Facetten der Politik, lotet dann den philosophischen Inhalt des Begriffs Liebe aus und beginnt dabei seine diesbezügliche Betrachtung mit einer sehr beeindruckenden Definition von Aristoteles: "Lieben heißt sich zu freuen". Eine wundervolle Definition, vielleicht die beste zum Begriff Liebe, die ich je gelesen habe.

Der Autor konstatiert, dass Liebe deshalb ein interessantes Thema sei, weil jeder nur in dem Maße Interesse aufbrächte, wie er Liebe empfinde oder sie empfange. Die Liebe lasse uns leben, weil sie das Leben liebenswert mache. Die Liebe rette uns, aus diesem Grunde sollten wir sie retten. (vgl. S.45). Comte-Sponville erklärt in der Folge die Begriffe "eros, philia und agape", wie alle Philosophen, die sich mit den drei Stufen der Liebe befassen, um schließlich eine sehr schöne philosophische Liebeserklärung zu formulieren, die allein Grund genug ist, das Buch zu kaufen.

Es führt zu weit im Rahmen der Rezension zu allen Begriffen Stellung zu nehmen. Sehr gut ist es dem Autor gelungen aufzuzeigen, dass Erkenntnis und Wahrheit zwei verschiedene Begriffe sind, die allerdings im Zusammenhang miteinander stehen. Weshalb man Erkenntnis nicht mit Wissenschaft verwechseln darf, macht Comte-Sponville auch deutlich und macht klar, weshalb Aufklärung nur funktioniert, wenn man den Mut besitzt, sich seines Verstandes zu bedienen, also bereit ist zu erkennen.

Interessant ist Comte-Sponvilles Freiheitsbegriff. Hier zieht er Philosophen wie Voltaire, Hobbes und Locke und viele andere Philosophen heran, um die Begrifflichkeit auf der Plattform der Philosophiegeschichte ins Heute zu überführen. Im Anschluss daran philosophiert er über Gott und den Atheismus, ein schwieriges Thema, dem ich mich zumeist enthalte, weil es stets Konflikte heraufbeschwört, in die ich mich ungern hineinziehe lasse. Dem Autor ist es gelungen ausgleichend zu argumentieren. Das hat mir gefallen. Fruchtbare Diskussionen um die Thematik "Gott und Atheismus" setzen ein Höchstmaß an Toleranz voraus, die sich selbst bei hochintellektuellen Gesprächsrunden zu den Themen zumeist sehr schnell verabschiedet. Leider.

Gerne habe ich den Beitrag zu einem meiner Lieblingsthemen, "Kunst", gelesen. Der Philosoph macht unmissverständlich klar, weshalb Schönheit zwar ein mögliches Ziel der Kunst sei, aber alleine nicht genüge, um Kunst zu definieren.

Was Zeit und Menschsein unter philosophischem Blickwinkel bedeutet, erfährt man im Anschluss, um schließlich am Ende bei der Ermahnung aufzuhorchen, man möge sich hüten, aus der Weisheit ein Ideal zu machen. Schade eigentlich. Wenn Weisheit ein Höchstmaß an Glück und ein Höchsmaß ein Klarheit ist, dann idealisiert man die Weisheit doch gerne, aber Comte -Sponville hat Recht, wenn er sagt, dass jede Form von Idealisierung von der Wirklichkeit trennt. Wer diese verändern möchte, darf sein Heil nicht im Idealisieren suchen. Ohne Frage.
Ein empfehlenswertes Buch.