Der zeitgenössische französische Autor Michel Houellebecq befasst sich in seinem neuesten Werk mit dem deutschen Philosophen Arthur Schopenhauer (1788-1860). Dabei wurde der vorliegende Text von Stefan Kleiner ins Deutsche übertragen.
Houellebecq lässt die Leser zunächst wissen, dass er als junger Mensch Schopenhauers "Aphorismen zur Lebensweisheit" gelesen habe, zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits mit anderen großen Geistern wie etwa Dostojewski, Thomas Mann, Blaise Pascal, Verlaine und Baudelaire auf Tuchfühlung gegangen war, selbst Gedichte schrieb und durch Schopenhauers Aphorismen glaubte, in Bezug auf seine literarischen Entdeckungen eine Kreisbewegung vollzogen zu haben.
In der Folge las der Franzose Schopenhauers Werk "Die Welt als Wille und Vorstellung". Dieser Text beeinflusste das Denken Houellebecqs nachhaltig.
In der vorliegenden Publikation unternimmt Houellebecq den Versuch, mittels seiner Lieblingsstellen aus "Die Welt als Wille und Vorstellung" zu zeigen, dass Schopenhauers Geisteshaltung nach seinem Dafürhalten nach wie vor dazu geeignet ist, allen nachfolgenden Philosophen als Vorbild zu dienen und weshalb man ihm gegenüber dankbar sein sollte.
Sein Buch untergliedert er in sechs Kapitel und tritt in allen Kapiteln in den Dialog mit Schopenhauer und anderen Denkern, indem er einzelne Textstellen betrachtet und hier zunächst Textstellen aus Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung“. Wie Houellebeqc hervorhebt, wendet sich Schopenhauer mit dem Satz "Die Welt ist meine Vorstellung" vom eigentlichen Geist der Philosophie ab, weil er dadurch bekundet, dass seine Philosophie nicht im Tod wurzelt.
Houellebecq stellt im Geiste Schopenhauers eine Reihe interessanter Fragen, die das Hier und Jetzt betreffen, so etwa auch im Hinblick auf Künstler und ihre innere Verfasstheit. Auf Schopenhauer Bezug nehmend, deutet er das Wesen eines Künstlers als eigentlich passiv und dessen Betrachtung der Welt als gleichsam gefühllos. Der Künstler sei stets einer, der ebenso gut gar nichts tun könnte und allein mit der Versenkung in die Welt und einer damit verbundenen vagen Träumerei zufrieden wäre. Was den wahren Künstler von anderen Menschen unterscheide, sei dessen Begabung einer reinen, unverdorbenen Beobachtung. Sowohl der Künstler als auch dessen Kritiker sollten das Kunstwerk, das eine Art Naturprodukt sei, "mit derselben kontemplativen, unschuldigen Aufmerksamkeit betrachten, die der Künstler den Schöpfungen der Natur zuteil werden lässt".
Schopenhauer begründet in seinem Text, weshalb das Reizende in der Kunst zu vermeiden sei. Er möchte offenbar weder durch Reflexion noch durch Begierde in der Betrachtung der Dinge der Welt in ihrer Gesamtheit gestört werden. Es geht ihm offenbar um das Staunen, das für Begierde und Reflexion keinen Platz lässt. Damit etwas schön bzw. ästhetisch bleiben kann, dürfen wir es nicht in einen emotionalen oder intellektuellen Bezug zu uns setzen, so sein Gedanke.
Es führt zu weit, die einzelnen Schopenhauer-Textstellen und die jeweiligen Betrachtungen Houellebeqcs hier alle zu beleuchten, zumal auf verschiedene andere Geistesgrößen Bezug genommen und darin erinnert wird, dass man Schopenhauer eher irrtümlich in die Nähe Balthasar Graciáns oder die französischen Moralisten gerückt habe, sein Buch "Die Welt als Wille und Vorstellung" stattdessen in seinen besten Passagen an einen Kommentar zum Buch Kohelet erinnerten.
Nicht wenige Metaphern Schopenhauers seien der Welt des Theaters entliehen, insofern nennt Houellebecq eines der Kapitel "Welttheater".
Im weiteren Fortgang seiner Überlegungen - Houellebecq zieht hier auch Schopenhauers "Aphorismen zur Lebensweise" zu Rate - macht er deutlich, dass es der eher als sauertöpfisch verschriene Philosoph Schopenhauer war, der erkennt, wer der im Grunde glücklichste Mensch sei.
Für humorlose deutsche Intellektuelle ist Schopenhauers Verortung des glücklichsten Menschen natürlich niederschmetternd.
Houellebeqc hingegen nimmt es gelassen. Wieso? Michel Houllebeqc ist bekanntermaßen ein französischer Intellektueller mit viel Esprit und Hintersinn, der seinem Glück amüsiert entgegen lebt. Alles eine Frage der Zeit… Das wusste Salomo bereits.
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Helga König
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