Wie der Philosoph Byung-Chul Han seine Leser gleich zu Beginn seines neuen Werkes wissen lässt, wird derzeit die terrane Ordnung durch die digitale abgelöst. Letztere entdingliche die Welt, indem sie sie vorrangig informiere. Deshalb auch bestimmten nicht mehr Dinge, sondern Informationen unsere Welt.
Die ehemaligen Ruhepole auf unserer Erde- die Dinge- werden nun gänzlich von Informationen überlagert. Diesen und den Daten gelte die neue Obsession. Es geht nun gewissermaßen um "Undinge".
Wahrheit gehöre zu der vormaligen terranen Ordnung. Sie spiele in der digitalen Ordnung keine Rolle mehr, denn diese habe stattdessen die postfaktische Informationsgesellschaft eingeläutet. Nivelliert sei jetzt die Unterscheidung von wahr und falsch. Fake-News seien letztlich auch Informationen. Was zähle sei die kurzfristige Wirksamkeit. Damit ersetze Wirksamkeit Wahrheit.
In der postfaktischen Erregungskultur beherrschten Affekte und Emotionen die Kommunikation. Diese destabilisierten das Leben. Jegliche zeitintensive Praktiken verlören an Bedeutung. Zu diesen zählten Vertrauen, Versprechen, Verantwortung, auch Bindung und anderes mehr. Das Jagen nach Informationen mache kurzsichtig und kurzatmig.
Byung-Chul Han reflektiert des Weiteren die heutige Hyperkommunikation, die die Einsamkeit der Menschen vertiefe und stellt auch Überlegungen zu Selfies an, denen jegliche Aura fehle. Sie seien in erster Linie keine Zeugnisse der abgelichteten Person. Das Weshalb erklärt der Philosoph gut nachvollziehbar.
Die digitale Kommunikation beeinträchtige letztlich die menschlichen Beziehungen erheblich, denn Vernetzung sei nicht gleich Beziehung. Im Zeitalter des Abstandslosigkeit weiche die Beziehung dem distanzlosen Kontakt. Dieser erweist sich kontraproduktiv auf Beziehungen.
Der Philosoph stellt Überlegungen an zur Dingvergessenheit in der Kunst, schreibt über Herzensdinge und die Stille, die viel mit sich zurücknehmen zu tun hat. Die digitale Landnahme im Netz erzeuge viel Lärm. Dies hänge damit zusammen, dass Informationen uns die Stille rauben und letztlich die Aufmerksamkeit zerstückeln.
In einer Zeit, in denen Dinge nicht mehr ge- sondern nur verbraucht werden, hätten Dinge keine Seele mehr. So treffen entseelte Dinge auf entseelte Menschen im entseelten Raum in unserer schönen neuen Welt, die Byung- Chul Han mit großer Skepsis beobachtet, weil Menschsein in ihr auf Dauer nicht möglich ist. Dieses Menschsein nämlich setzt tatsächliche Begegnung voraus, die über ein geselliges Beisammensein hinausgeht.
Maximal empfehlenswert.