Die Autorin Prof. Dr. Judith Glück lehrt Entwicklungspsychologie an der Alpen—Universität in Klagenfurt. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung im Erwachsenenalter und Psychologie der Weisheit.
In der Einleitung bereits reflektiert die Psychologin den thematisierten Begriff und bekundet, womit sie sich in ihrem Buch befasst: Mit der Entwicklung von Weisheit.
Im Rahmen eines großen Forschungsprojektes hat sie weise Menschen über besonders schwierige Ereignisse ihres Lebens befragt und ermitteln können, was Weisheit ausmacht, aber sie konnte auch die Wege ausfindig machen, wie man dazu gelangt.
Ein kurzer Abriss der psychologischen Weisheitsforschung, macht dem Leser klar, womit sich weise Menschen im Laufe ihres Lebens beschäftigt haben und was sie speziell hinterfragen. Hier auch erfährt man, wovon die Autorin zutiefst überzeugt ist: Dass sich nämlich Weisheit aus zwei Komponenten zusammensetzt. So verfügen weise Menschen über ein breites Wissen über das Leben und sind imstande, schwierige Probleme in ihrer gesamten Komplexität zu begreifen. Gleichwohl weisen sie eine bestimmte Haltung hinsichtlich des Lebens auf, die weniger mit dem Denken als mit dem Fühlen zu tun hat.
Die Definition von Weisheit, mit der die Glücks- Forschungsgruppe an der Universität in Klagenfurt arbeitet, möchte die wichtigsten Teile der unterschiedlichsten Weisheits-Theorien kombinieren, indem sie Wissen und zugleich Persönlichkeitseigenschaften mit einbezieht. Die Gruppe glaubt, dass Weisheit in erster Linie durch die Bewältigung von wichtigen Lebenserfahrungen entsteht. Dazu sind bestimmte psychologische Ressourcen notwendig, die die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen unterstützen. Es handelt sich um:
Offenheit
Einen guten Umgang mit den eigenen Gefühlen
Einfühlungsverfügen
Reflexivität
Die richtige Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen
Die oben angeführten fünf Prinzipien werden näher erörtert und dabei, wie das Beispiel Offenheit zeigt, nochmals untergliedert, so etwa in Offenheit für die eigene innere Welt oder aber für Kunst und Ästhetik, für Gefühle, für Handlungen, für Ideen und für Werte.
Die Offenheit weiser Menschen beruhe auf einem grundlegenden Akzeptieren auch des eigenen Selbst mit allen Stärken und Schwächen. Man kann Offenheit erlernen, so wie alle anderen Prinzipien.
Wie wehrt man im Gefühlsbereich das Negative ab? Auch das ist ein Thema. Spannend ist es, die Überlegungen im Hinblick auf Einfühlungsvermögen zu lesen und sich darüber bewusst zu werden, dass Mitgefühl eine der wichtigsten Ressourcen ist, die uns helfen kann, weiser zu werden.
Über kritisches Reflektieren zu Weisheit zu gelangen, erfordert natürlich ein gewisses Maß an Intelligenz, weil es darum geht, über komplexe Sachverhalte komplex nachzudenken. "Wie würde die Gegenseite argumentieren und zwar nicht nur auf der Sachebene?", ist eine Frage, die man sich immer wieder stellen sollte, um auf dem Weisheitsweg voranzuschreiten.
Wirklich wichtig erscheint mir das 5. Prinzip: Die Überwindung der Kontrollillusion. Kontrolle macht nicht glücklich, deshalb sollte man akzeptieren, dass es Unkontrollierbarkeit gibt und man mit ihr entspannt umzugehen lernt. Weise Menschen besitzen keine Kontrollillusion, bzw. weniger als die meisten von uns, so die Autorin.
Weshalb ist es wünschenswert, weise zu werden und was bewirkt Weisheit? Auch dieser Frage wird nachgegangen und man liest in dem Zusammenhang, dass es zahlreiche Eigenschaften gibt, die mit Weisheit in Verbindung stehen. Für weise Menschen liegt eine Quelle des Glücks im Verstehen und damit in der Erkenntnis.
Eine wichtige Erkenntnis besteht darin, andere Menschen nicht mehr ständig zu be- und verurteilen. Dies nämlich gibt uns die Chance, dass unser Ego in den Hintergrund tritt und wir zu sehen und zu staunen beginnen. Wer staunen kann, ist wohl auf dem richtigen Weg.
Warum ist Weisheit so begehrenswert? Vielleicht, weil sie den Stress mindert und dort, wo sie spürbar ist, Ruhe einkehrt.
Ein Buch, das sehr zum Nachdenken anregt, ist natürlich empfehlenswert.
Helga König
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