Die Autoren dieses bemerkenswerten Buches sind der Neurobiologe Gerald Hüther und der Philosoph Christoph Quarch. Ziel der beiden ist es, mittels des Buches die Leser dazu zu motivieren, die Bedeutung des Spiels wiederzuentdecken.
"Was wird aus uns, wenn wir aufhören zu spielen?" lautet die Eingangsfrage, die zunächst im Vorwort reflektiert wird. In diesem Zusammenhang erfährt man u.a., dass es ohne die Möglichkeit des spielerischen Ausprobierens keine Kreativität geben kann. Sobald wir aufhören zu spielen, hören wir auf, das Leben in all seinen Möglichkeiten zu erkunden. Auf diese Weise verspielen wir die Potenziale, die in uns stecken.
Auf spielerische Art neue kreative Lösungen zu entwickeln, sind nur jene in der Lage, die anstelle Einzelkämpfer zu werden, mit anderen zusammengeblieben sind. Sie wurden nicht zu Spezialisten, sondern blieben Generalisten, die- "statt ausdifferenziert und altersstarr zu werden- jung und undifferenziert geblieben sind."
Damit das sehr umfangreiche Potenzial an Vernetzungsmöglichkeiten im Gehirn gut stabilisiert werden kann und die angelegten Talente und Begabungen zur Entfaltung kommen können, ist es notwendig zu spielen. Das Spiel dient zur Erkundung der Möglichkeiten.
Unterrichtet wird man im Hinblick auf die Philosophie des Spielens und hier auch bezüglich der Spielweisen der antiken Philosophen. Wissen sollte man, dass es den Griechen um Lebendigkeit ging. Genauer, es ging ihnen um die bestmögliche Entfaltung der Seele. Dabei galt als Ideal des Lebens die Balance des Leibes und der Seele.
Auch über die Spielweisen der Neuzeit wird man in Kenntnis gesetzt und liest wie sich unter dem Einfluss der Reformation ein zutiefst feindlicher Groll gegenüber dem spielerischen Geist, der an Adelshöfen des Rokoko herrschte, in der Französischen Revolution entlud. Kritiker wie Friedrich Schiller waren Gegner der neuen Ernsthaftigkeit, weil sie darin eine Bedrohung des Humanen erkannten.
Dennoch machte jetzt ein neuer Menschentypus immer mehr von sich Reden und zwar der "Homo oeconomicus". Dieser Typus fragt nur nach seinem Nutzen und möchte als ernsthafter Mensch seine Interessen durchsetzen. Schiller setzte diesem rationalen Egoisten sein Programm der ästhetischen Erziehung des Menschen entgegen. Durch Schillers Spielphilosophie wird der souverän spielende Künstler zum Ideal des freien und schönen Menschen. Wer der Schönheit huldigen möchte, benötigt authentische, freie Spielräume und Spielzeiten jenseits von bloßem Kulturkonsum und Entertainment.
Das Spielerische war demnach immer ein Thema, doch wann wurde das Spielfeld zum Marktplatz? Der "Homo oeconomicus" verdrängte den "Homo ludens", indem er die Spielwelt kolonialisierte, weil er das Spielen verlernt hatte. Die Autoren nennen den "Homo oeconomicus" einen Spielverderber, weil er den Spielen seine Logik aufzwingt. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: "Der "Homo oeconomicus" sucht den Gewinn, der "Homo ludens" will gewinnen.“
Für den "Homo oeconomicus" ist das Spiel immer nur Mittel zum Zweck. Spiele werden vom "Homo oeconomicus" demnach missbraucht.
Woran erkennt man nun die Inseln der Lebendigkeit? Wie erkennt man die drei Wesensmerkmale des Spiels? Die Beantwortung dieser Fragen und die Ursprünge unterschiedlicher Spielarten sind weitere Schwerpunkte des Buches. Auch erfährt man, wo man heute spielen kann und weshalb wir eine Kultur spielerischer Lebenskunst benötigen.
Merke: "Inseln der Lebendigkeit, die wir auch noch als Erwachsene im Spiel entdecken, entpuppen sich nicht selten als Inseln der Liebe.“
Vielfältig wird die spielerische Lebenskunst im Alltag aufgezeigt und dem Leser auch eröffnet, was aus uns wird, wenn wir den Zauber des Spiels wiederentdecken.
Alles spricht dafür, ja zum Spiel zu sagen und auf diese Weise zu dem zu werden, was wir immer waren, bevor der berechnende Mensch in uns, das, was uns ursprünglich ausmachte, rüde verdrängte und damit sich die Chance der Erneuerung nahm.
Sehr empfehlenswert
Helga König
Überall im Handel erhältlich
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