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Haben oder Sein. Großdruck: Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft (Gebundene Ausgabe

Der Psychoanalytiker Erich Fromm macht in diesem Buch deutlich, dass die Existenzweise des Habens für die Übel der Zivilisation verantwortlich sind, die des Seins jedoch für die die Möglichkeit eines erfüllten Lebens steht. Fromm analysiert 1976, dass die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits vom Modus des Habens und Habenwollens bestimmt war.

Anstelle sich zu freuen sucht der Mensch den Kitzel, anstelle das Leben zu lieben sei er in die Welt der Apparate vernarrt, anstelle inneres Wachstum suche er äußeren Reichtum, anstelle zu sein, interessiere ihn nur Haben und Benutzen.
Heute, 33 Jahre danach, sehen wir, wohin diese Denke geführt hat: in die größte Weltwirtschaftkrise nach dem 2. Weltkrieg und in die innere Leere.

Im Menschen sind immer beide Tendenzen erhalten: die eine, zu haben, zu besitzen, eine Kraft, die ihre Stärke dem biologisch gegebenen Wunsch nach Überleben verdankt. Die andere Tendenz ist in der Bereitschaft zu teilen und zu geben begründet. Diese Bereitschaft beruht auf dem Bedürfnis, durch Einssein mit anderen die eigene Isolierung zu überwinden.

Fromm verdeutlicht, dass in der Existenzweise des Habens stets das tote Wort herrsche, in der des Seins jedoch die lebendige Erfahrung, für die es keinen Audruck gäbe. Der Psychoanalytiker macht klar, dass besitzorientiertes Haben auf einer verminderten Fähigkeit zu produktivem Tätigsein begründet ist. Je weniger kreativ demnach ein Mensch ist, desto größer sind offenbar seine besitzorientierten Begehrlichkeiten.

In der Existenzweise des Habens ist der Mensch an all das gebunden, das er in der Vergangenheit angehäuft hat: Geld ,Land, Ruhm, sozialer Status, Wissen, Kinder, aber auch Erinnerungen. Fromm fragt: "Wer bin ich, wenn ich bin, was ich habe und dann verliere, was ich habe?" Und er antwortet: " Nichts als ein besiegter, gebrochener, erbarmenswerter Mensch, Zeugnis einer falschen Lebensweise."

Wer sich über sein Sein und nicht über sein Haben definiert, wird in solche Schwierigkeiten niemals geraten, seine Identitätsgefühl wird durch materielle Verluste nicht geschwächt. Man muss sich klar machen, dass die Konsumhaltung eine entfremdete Weise ist mit der Welt in Kontakt zu sein. Auf diese Weise wird die Welt zu einem Gegenstand der Gier, anstelle, dass der Mensch interessiert auf sie bezogen ist.

Irrationale Wünsche sind unersättlich. Fromm unterstreicht, dass das Bedürfnis des neidischen, habgierigen oder sadistischen Menschen auch dann nicht verschwindet, wenn es befriedigt ist. In der Folge zeigt er Wege auf, die die Bereitschaft fördern alle Formen des Habens aufzugeben, um auf diese Weise ganz zu sein. Dabei geht es ihm u.a. darum, Gier, Haß und Illusion weitgehend zu reduzieren, ein Leben zu führen ohne Verehrung von Idolen, weil eine Entwicklungsstufe des Menschen angestrebt wird, auf der Menschen keiner Illusionen mehr bedürfen.

Man muss bestrebt, sein die eigene Liebesfähigkeit sowie die Fähigkeit zu kritischem, unsentimentalen Denken zu kultivieren und bereit sein, seinen Narzißmus zu überwinden und sich bemühen, sich selbst zu erkennen, keineswegs nur sein bewusstes, sondern auch sein unbewusstes Selbst. Man muss sich bewusst werden, dass die volle Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der des Mitmenschen das höchste Ziel des menschlichen Lebens ist und, dass das Böse und die Destruktivität immer die Folge von verhindertem inneren Wachstum sind.

Ohne Anstrengung und ohne Bereitschaft, Schmerz und Angst zu durchleben, so Fromm, kann man nicht wachsen." Dass jemand zu wachsen beginnt, ist der Tatsache zuzuschreiben, dass er sich befreit." Man ist nur in dem Maße "ich", indem man sich als lebendig, interessiert und tätig erlebt und mit anderen in Beziehung steht.

Eine Lektüre, die so aktuell ist, wie vor 33 Jahren, deshalb möchte ich sie jetzt zum Jahresende abermals hervorheben.

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