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Rezension: Wie schleichendes Gift- Christine Merzeder-Scorpio


Christine Merzeder, die Autorin dieses bemerkenswerten Buches ist Dozentin für Gerontologie und Gesundheitswissenschaften an der Fachhochschule Kalaidos in Zürich.

Über Narzissmus sind bereits viele Bücher verfasst worden, einige habe ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt. Das vorliegende Werk gilt es deshalb hervorzuheben, weil es besonders aufschlussreich ist, die Autorin nicht zuletzt aufgrund eigener Erfahrung genau weiß, wovon sie schreibt. 

Der Untertitel des Buches lautet "Narzisstischen Missbrauch in Beziehungen leben und überleben." Christine Merzeder hat den Missbrauch ihres Mannes überlebt, mit dem sie 21 Jahre verheiratet war. Geholfen hat ihr hierbei das "Abuse Recovery Program" (Programm zur Genesung von narzisstischem Missbrauch, NARP)- Die Heilmethoden dieses Programms werden im Buch vorgestellt und erörtert.

Narzissten (m/w) und ihre Opfer können sich in verschiedensten Konstellationen begegnen. Im hier besprochenen Buch geht es zwar um narzisstischen Missbrauch in Paarbeziehungen, aber die beschriebenen Verhaltensweisen können auch auf andere Beziehungen übertragen werden. 

Zunächst wird das Wesen eines Narzissten (m/w) exakt benannt, seine Selbstherrlichkeit, übermäßige Egozentrik und sein Egoismus, auch seine extreme Empfindlichkeit. Narzissten sind stets gekränkt und reagieren extrem wütend oder zutiefst beleidigt, mitunter, ohne dass dem vermeintlichen Beleidiger klar wird weshalb. Empathiemangel sei typisch für Narzissten. Hinzu komme noch die Neigung, andere abzuwerten um das eigene Ego aufzuwerten und auf diese Weise narzisstische Zufuhr zu erhalten.

Genannt werden die Ursachen von Narzissmus und ausführlich wird der bösartige, sogenannte maligne Narzissmus beschrieben. Hier fallen speziell Selbstherrlichkeit, Selbstdarstellung, Überheblichkeit, Empathiemangel und Anspruchsdenken auf. Dazu kommen Gefühlskälte, Menschenverachtung, Paranoia und Aggressivität, die sich in zerstörerischer Wut und Hass äußern könne. Die Autorin unterstreicht weiter das antisoziale Verhalten, das Lügen, Betrügen, Ausbeuten, Belästigen, Stalken, Schlagen, Schaden und Zerstören. 

Der Narzissmusforscher Otto Kernberg, den die Christine Merzeder erwähnt, schreibt, dass die Aussichten einen malignen Narzissten zu therapieren,  sehr begrenzt seien. 

Das Selbst baue sich beim Narzissten durch narzisstische Zufuhr auf. Leider erkennt man, solange man nicht Menschenkenner geworden ist, Narzissten nicht auf Anhieb, denn sie sind Meister darin, eine Fassade aufzubauen. Im Frühstadium des Kennenlernens sei das Mittel das Gegenüber gefügig zu machen, das sogenannte "Love Bombing". Das Umgarnen mit Worten sei jedoch bloßes Kalkül und diene dazu, andere zu manipulieren. 

Im nächsten Schritt des Dramas dann bröckele die Fassade, nun folge abwerten und schließlich wegwerfen. Erwartet werde weiterhin, dass man den Narzissten bewundere und vor allem nicht kritisiere. Kritik laufe generell ins Leere. Die Kommunikation mit einem Narzissten verdient es demnach nicht, so genannt zu werden, so mein Fazit. 

Was stattfindet, ist Mikrogewalt, die bei den Opfern tiefe Verunsicherung als Ergebnis hat. 

In der Folge zeigt die Autorin wie die Risse in der Maske immer größer werden, wie immer mehr gelogen wird und Sachverhalte verdreht werden. Die Opfer seien oft so manipuliert, dass sie sich selbst nicht mehr trauen. Verächtliches Desinteresse, unfaire Schuldzuweisungen, Leugnen von Verantwortung, Wutanfälle, das ist das Programm, das der Narzisst präsentiert. Schuld sind natürlich stets die anderen, dies der narzisstische Klassiker.

Fordern und drohen sei auch typisch für Narzissten, selbst negative Aufmerksamkeit, die durch Streit entsteht, sei erwünscht. Dann auch noch das sogenannte "Gaslighting", das dazu führt, dass das Opfer seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr traut... 

Seite für Seite wird man mehr mit dem Handwerkszeug eines Narzissten vertraut gemacht und versteht, wie tiefgehend der Missbrauch sein kann. 

Thematisiert wird auch die Coabhängigkeit von einem Narzissten, bei der der Coabhängige die Realität negiert. Erst wenn es dem Opfer gelingt, sich vollständig vom Narzissten zu lösen und nach einer Trennung keine Annäherung mehr zuzulassen, ist der Teufelskreis des schleichenden Giftes überwunden, so die Autorin.  Diese schreibt  auch vom Nachbeben einer solch toxischen Beziehung  und listet häufige Symptome während der Beziehung und nach der Trennung von narzisstischen Partnern auf, zeigt  damit umfassend wie zersetzend die Beziehung zu einem Narzissten sein kann. 

Narzissten haben einen sicheren Instinkt, die Verletzlichkeiten anderer Menschen aufzuspüren und einen Vorteil für sich daraus zu ziehen. Man erfährt, welche Menschen besonders gefährdet sind an einen Narzissten zu geraten und was man unternehmen kann, dass dies auch bei einer bestimmten Veranlagung oder momentanen Befindlichkeit nicht geschieht. 

Je selbstbewusster und selbstsicherer ein Mensch ist, um so weniger hat ein Narzisst Interesse an ihm. An sich zu arbeiten, seine Schwächen erkennen, ist also der Weg, der uns  davor bewahrt, in die Fänge eines solchen Energievampirs zu geraten.

Sehr empfehlenswert

Helga König

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