Anna Katharina Schaffner, die Autorin dieses Buches ist Kulturhistorikerin und zertifizierter Burnout-Coach. Sie lebt mit ihrer Familie in Kent, wo sie bis 2023 als Professorin Kulturgeschichte an der dortigen Universität lehrte.
Ihr vorliegendes Werk beinhaltet nicht nur Einsichten aus aktuellen psychologischen und soziologischen Untersuchungen zu Stress und Burnout, sondern befasst sich auch mit ermattenden Zeitgenossen vergangener Jahrhunderte. Hinzu kommen Figuren aus der Literatur, so etwa der legendäre "Oblomow".
Verdeutlicht wird, dass die Menschheit schon immer mit Erschöpfung zu kämpfen hatte, so die Autorin. Wie sie ihre Leser wissen lässt, erfordere jeder Erschöpfungszustand, der auf einem komplexeren Ursachengeflecht beruhe, eine transdisziplinäre und systemische Herangehensweise.
A. K. Schaffner ist überzeugt, dass soziale und kulturelle Gegebenheiten viel stärker in die Ratgeberkultur einfließen sollten, weil diese sich auch auf das mentale Wohlbefinden auswirkten. Produktivität und Effizienz würden im Hier und Jetzt überbewertet und machten eine große Anzahl der Menschen krank.
Was tun? Sich beispielsweise mit diesem Buch näher befassen, die kurzen Essays rund um das Thema Erschöpfung lesen, so etwa zu Arbeit, Energie, Freude, Kapitalismus, Perfektionismus, Ruhe und Zeit.
Die Autorin rät, pro Tag nur einen Text zu lesen, weil der Inhalt dann besser ins Bewusstsein dringe und langsam neue Blinkwinkel öffne. Wichtig sei, die eigene Einstellung zu verändern, weil echte Transformation nur durch einen Wechsel in der Struktur der Gefühle gelänge. Wissen, das nur im Kopf existiere, sei nutzlos.
Als Gegenteil von Erschöpfung schreibt Schaffner in einem der Essays würden Vitalität, Engagement, Lebendigkeit, Elan und Kraft gelten.
Was ist zu tun, wenn diese Energiespeicher leer sind und Depression, chronische Fatigue und Burnout uns Schach matt setzen? Was können wir tun; wenn wir keine Freude mehr empfinden?
Die Autorin rät beispielsweise zu einem Hobby, sprich zu einer Tätigkeit, die nur dazu dient, und glücklich zu machen. Hobbys seien radikal zweckfrei und immun gegen alle Versuche, sie in den Dienst unseres Selbstoptimierbedürfnisses stellen. Genau das ist sinnvoll, wenn man leergepumpt ist.
Sehr gut ist der Essay über "Kaizen", weil es sich hierbei nicht um eine Optimierungsmethode handelt, sondern um eine Methode, die uns nicht an Altes, uns Schadendes bindet, sondern uns ermuntere, uns als lebenslang Lernende zu betrachten.
Schaffner erinnert auch an Luther, Calvin und Knox, an alle jene, die den Müßiggang anprangerten und verdeutlicht, wie sich auf dieser gedanklichen Grundlage der Kapitalismus ausbreiten konnte, der letztlich zur Erschöpfung all jener führte, die durch ihn ausgebeutet wurden.
Der amerikanische Philosoph Thoreau wird in den Essays nicht ausgespart, in dessen persönlichen Wertesystem materielle Güter, Status und soziale Anerkennung keinerlei Relevanz gehabt haben.
Zu begreifen, dass die Währung in der wir zahlen, wenn wir uns auspumpen, wertvolle Lebenszeit ist, dass ist sehr wichtig. Wofür wir diese Lebenszeit nutzen sollten? Gewiss nicht dazu, weiterhin in den Zustand von Erschöpfung zu gelangen.
Die Essays dieses Buches sind überaus lehrreich.
Deshalb auch:
Maximal empfehlenswert.
Helga König
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