Claudia Haarmann, die Autorin dieses Buches, ist Psychotherapeutin (HP) mit Schwerpunkt Bindungs- und Beziehungsdynamiken in Familien und deren Auswirkungen im Erwachsenenalter. Dabei setzt sie primär körperorientierte Psychoverfahren und Gesprächstherapie ein.
"Was Töchter und Mütter voneinander wissen sollten" lautet der Untertitel des 2008 erstmals erschienen Werkes, das sie nun überarbeitet hat, indem sie neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung und Traumtherapie dafür heranzog. In Gesprächen mit Experten aber auch in der Betrachtung von Lebensgeschichten gelingt es ihr aufzuzeigen, wie eine respektvolle Ablösung und gegenseitige Annahme aussehen könnte.
Wie die Psychotherapeutin schreibt, prägt uns alle keine Beziehung mehr als die zur Mutter, denn bereits vor der Geburt beginnt unsere Biographie. Zu diesem Zeitpunkt waren wir nicht nur psychisch, sondern auch psychisch mit ihr verbunden. Das, was die Mutter in der Schwangerschaft berührt, beeinflusst das Kind, so die Autorin. Man schwingt als Kind bereits vorgeburtlich mit dem Gemütszustand der Mutter und lernt man von ihr wie Bindung und Beziehung funktioniert.
Töchter lernen zudem in ihrer Kindheit wie ihre Mutter sich auf den Vater und Männer überhaupt bezieht. Auch dies prägt. Es gibt Bindungsmuster, die über Generationen hinweg wirken. Diese generationenübergreifende Weitergabe der Bindungsmuster bewegt sich, so Studien, zwischen 65 und 85 Prozent, schreibt Haarmann.
Eine prägende Beziehungserfahrung besteht darin, nicht erwünscht zu sein. Damit ein Kind sich gefühlt fühlt, benötigt es den Blickkontakt der Mutter. Darin bestehen für den Säugling die Augenblicke der totalen Hingabe.
Wenn die Mutter gestresst ist, überträgt sich dies auf das Kind. Dabei sollte man wissen, dass Kinder unter emotionalem Stress kaum etwas lernen und ihre Umwelt erkunden, weil sie sich primär damit befassen, sich selbst zu beruhigen. Wenn die Bindungsfähigkeit in irgendeiner Generation wackelig wurde, neigt das Bindungsmuster dazu, sich in dieser Weise fortzupflanzen.
Sichere Bindungen bringen Menschen hervor, die bei sich bleiben können, die es aushalten, allein zu sein, die sich selbst sicher sind und mit Haut und Haar auf andere einlassen. Ganz anders der gestörte und vermeidende Bindungsreigen. So hält beispielsweise bei der vermeidenden Bindung die Mutter ihr Kind auf Distanz. Hierdurch entsteht ein problematischer Prozess, der es diesen Kindern, wenn sie erwachsen sind, nicht leicht macht mit Emotionen umzugehen, stattdessen denken sie viel und sind sehr analytisch, schreibt Haarmann. Das mag für den ein oder anderen vorteilhaft klingen, ist es aber nicht, weil der Mangel in einem solchen Menschen nagt.
Thematisiert wird zudem die ambivalente und die desorientierte Bindung. Desorientiert gebundene Kinder haben Eltern, die traumatische Erfahrungen nicht verarbeiten konnten. Unverarbeitete traumatische Erlebnisse fixieren den Menschen und halten in Schockstarre fest, aus der heraus er wenig Kontakt herstellen kann. Solche Eltern können ihre Gefühle nicht richtig regulieren und agieren unkontrolliert und heftig, was auf das Kind verstörend wirkt. Das Vertrauen des Kindes wird beschädigt und das innere Bild vom menschlichen Miteinander ist stark davon berührt. Wie die Autorin schreibt, ist der Platz, der dem Kind zusteht, durch das Trauma okkupiert. Das kann ich bestätigen, denn ich habe eine kriegstraumatisierte Mutter und wurde so zu einem Vaterkind, das die weibliche Seite nie wirklich ausleben konnte.
Im Rahmen von Interviews und biographischen Einblicken kann sich der Leser noch intensiver in die Thematik begeben und sich klar darüber werden, was Mutter und Tochter trennt auch Facetten von Tochterrollen kennenlernen und über Kontaktabbruch und den Zaubersatz "Es tut mir leid" Wissenswertes in Erfahrung bringen.
Alles in allem ein lesenswertes Buch, das ich gerne weiterempfehle.
Helga König
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Mütter sind eben Mütter: Was Töchter und Mütter voneinander wissen sollten
Ein tolles Buch über "mein" ewiges "Thema Mutter!"
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