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Rezension: André Comte-Sponville- Glück ist das Ziel, Philosophie der Weg

André Comte-Sponville zählt derzeit zu den führenden französischen Philosophen. Im vorliegenden Buch legt er zwölf philosophische Betrachtungen vor. Zu Sprache kommen: Moral, Politik, Liebe, Tod, Erkenntnis, Freiheit, Gott, Atheismus, Kunst, Zeit, Menschsein und Weisheit. Den einzelnen Kapiteln sind Sentenzen berühmter Philosophen vorangestellt. Sein Vorwort beginnt mit einer kurzen Definition des Philosophen Kant: "Philosophie...Weisheitslehre...und Ausübung der Weisheit." Comte-Sponville verdeutlicht, dass es viele Antworten auf die Frage, was Philosophie sei, gibt. Obschon er Kants Definition an den Anfang des Buches setzt, hat der Franzose eine Schwäche für Epikurs Definition, für den Philosophie "eine Tätigkeit, die uns durch Reden und Überlegungen ein glückliches Leben beschert " verkörpert.

Die erste seiner Betrachtungen ist der Moral gewidmet. Für ihn beginnt die Moral dort, wo man frei ist, denn Moral sei diese Freiheit selbst, wenn sie über sich urteile und sich selbst befehle. Der Philosoph verdeutlicht, dass Moral nicht dazu da sei, zu strafen, zu unterdrücken und zu verurteilen. Vielmehr, so arbeitet in seinem kleinen Text heraus, ist Moral das, was man sich zu tun und zu unterlassen auferlegt, selbst wenn man unsichtbar und unbesiegbar wäre. Der einzelne handelt und unterlässt dabei nicht des eigenen Vorteils wegen, sondern zum Wohle seiner Mitmenschen. Moral, die man von Dritten einfordert, macht einen persönlich nicht moralischer, sondern bloß zum Moralapostel.
Comte-Sponville reflektiert die philosophischen Facetten der Politik, lotet dann den philosophischen Inhalt des Begriffs Liebe aus und beginnt dabei seine diesbezügliche Betrachtung mit einer sehr beeindruckenden Definition von Aristoteles: "Lieben heißt sich zu freuen". Eine wundervolle Definition, vielleicht die beste zum Begriff Liebe, die ich je gelesen habe.

Der Autor konstatiert, dass Liebe deshalb ein interessantes Thema sei, weil jeder nur in dem Maße Interesse aufbrächte, wie er Liebe empfinde oder sie empfange. Die Liebe lasse uns leben, weil sie das Leben liebenswert mache. Die Liebe rette uns, aus diesem Grunde sollten wir sie retten. (vgl. S.45). Comte-Sponville erklärt in der Folge die Begriffe "eros, philia und agape", wie alle Philosophen, die sich mit den drei Stufen der Liebe befassen, um schließlich eine sehr schöne philosophische Liebeserklärung zu formulieren, die allein Grund genug ist, das Buch zu kaufen.

Es führt zu weit im Rahmen der Rezension zu allen Begriffen Stellung zu nehmen. Sehr gut ist es dem Autor gelungen aufzuzeigen, dass Erkenntnis und Wahrheit zwei verschiedene Begriffe sind, die allerdings im Zusammenhang miteinander stehen. Weshalb man Erkenntnis nicht mit Wissenschaft verwechseln darf, macht Comte-Sponville auch deutlich und macht klar, weshalb Aufklärung nur funktioniert, wenn man den Mut besitzt, sich seines Verstandes zu bedienen, also bereit ist zu erkennen.

Interessant ist Comte-Sponvilles Freiheitsbegriff. Hier zieht er Philosophen wie Voltaire, Hobbes und Locke und viele andere Philosophen heran, um die Begrifflichkeit auf der Plattform der Philosophiegeschichte ins Heute zu überführen. Im Anschluss daran philosophiert er über Gott und den Atheismus, ein schwieriges Thema, dem ich mich zumeist enthalte, weil es stets Konflikte heraufbeschwört, in die ich mich ungern hineinziehe lasse. Dem Autor ist es gelungen ausgleichend zu argumentieren. Das hat mir gefallen. Fruchtbare Diskussionen um die Thematik "Gott und Atheismus" setzen ein Höchstmaß an Toleranz voraus, die sich selbst bei hochintellektuellen Gesprächsrunden zu den Themen zumeist sehr schnell verabschiedet. Leider.

Gerne habe ich den Beitrag zu einem meiner Lieblingsthemen, "Kunst", gelesen. Der Philosoph macht unmissverständlich klar, weshalb Schönheit zwar ein mögliches Ziel der Kunst sei, aber alleine nicht genüge, um Kunst zu definieren.

Was Zeit und Menschsein unter philosophischem Blickwinkel bedeutet, erfährt man im Anschluss, um schließlich am Ende bei der Ermahnung aufzuhorchen, man möge sich hüten, aus der Weisheit ein Ideal zu machen. Schade eigentlich. Wenn Weisheit ein Höchstmaß an Glück und ein Höchsmaß ein Klarheit ist, dann idealisiert man die Weisheit doch gerne, aber Comte -Sponville hat Recht, wenn er sagt, dass jede Form von Idealisierung von der Wirklichkeit trennt. Wer diese verändern möchte, darf sein Heil nicht im Idealisieren suchen. Ohne Frage.
Ein empfehlenswertes Buch.



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