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Rezension: Die Kunst nicht abzustumpfen- Dr. Stephan Marks

Autor dieses Buches ist der Sozialwissenschaftler Dr. Stephan Marks, der sich seit Jahrzehnten für Frieden, Gerechtigkeit und Naturbewahrung engagiert. Sein Thema ist die Hoffnung, ohne die die Zukunft keine Chance hat. Diese Hoffnung ist das Ergebnis eines Prozesses, durch den sie geschöpft werden kann, wie dies im ersten Teil des Buches herausgearbeitet wird.

Der Autor verdeutlicht, dass Optimisten und Pessimisten leider beide zur Konsequenz haben, dass die Betreffenden sich wenig engagieren und ihre Fähigkeit zur Lösung der gesellschaftlichen und globalen Probleme nur geringfügig in die Gesellschaft einbringen, (vgl.: S. 16). Weshalb das so ist, erläutert der Autor sehr gut nachvollziehbar und zeigt als Alternative einen dritten Weg auf, nämlich den der Hoffnung. Den Unterschied macht er anhand eines Wortspiels deutlich: "wonach die Optimisten ein halbvolles Wasserglas sehen, Pessimisten ein halbleeres. Demgegenüber bedeutet Hoffnung die Bereitschaft, nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten beizutragen, dass das Glas voller wird- ganz unabhängig davon, wie voll oder leer es jeweils sein mag. Weil diese Frage im Grunde irrelevant ist." (Zitat: S. 16).

Der Autor zitiert Lazarus, der in einer knappen Sentenz verdeutlicht, dass Hoffnung über Zuversicht oder Optimismus hinausgeht und wichtiger als diese sei. Dem kann ich nur zustimmen. Dr. Marks stellt zunächst den Prozess der Hoffnung am Beispiel der alttestamentarischen Propheten Moses, Jeremia und Jesaja II als auch Martin Luther King jr. vor, um sich anschließend mit Trauerarbeit näher zu befassen. Hier erwähnt er eingangs den Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung, der in seinen psychotherapeutischen Beobachtungen konstatierte, dass die menschliche Psyche die Fähigkeit besitzt, leidvolle und furchtbare Erfahrungen in Positives zu transformieren und zwar in neue Lebendigkeit, Lebensenergie und in Aufgeschlossenheit für Neues, sprich für Hoffnung. Diese Beobachtungen hat man auch in der Trauerarbeit gemacht. Hier hat man verschiedene Phasen ermitteln können, von anfänglichen nicht Wahrhaben-Wollen über Zorn und Depression bis hin zu Akzeptanz und neuer Lebendigkeit, (vgl.: S. 33).

Offenbar kann es ohne den Prozess der Trauerarbeit keine Hoffnung auf Neues geben, weil Hoffnung die Annahme und das Empfinden von Krisen auch in ihrer leidvollen Qualität mit einschließt. Erst dann, wenn man Krisen annimmt, kann es zu Veränderungen kommen, insofern setzt Hoffnung das Wahrnehmen von Leiden voraus. Die Zerstörung der Empfindungsfähigkeit kommt der Zerstörung von Hoffnung gleich, (vgl.: S. 34).

Schmerzhafte Emotionen allerdings treten nicht nur beim Tod nahestehender Menschen oder bei ungewollter Trennung von diesen auf, sondern auch dann, wenn man erschütternde Nachrichten über der Welt erfährt. Der Schmerz über die Welt ist ein Alarmsignal, das uns sagen möchte, dass etwas verändert werden muss. Leider werden solche Schmerzen verdrängt oder geleugnet. Dies führt zur Entfremdung und Vereinzelung, mit der Konsequenz, dass wir eine Art Doppelleben führen. Dies hat zur Folge, dass wir uns die inneren Quellen unserer Kreativität abschneiden.

Der Autor macht klar, dass wir alle durch die Abschaffung des Schmerzes das Bewusstsein für unsere Grenzen verlieren. Der Schmerz, so der Philosoph Volker Caysa, den Dr. Marks zitiert, zeige die Würde des Körpers. Er verdeutliche, wenn wir uns zu überfordern beginnen, möglicherweise gar zerstören. Nur wer den Schmerz ernst nehme, nehme auch sich selbst ernst- und seine Mitmenschen,(vgl.: S.45). Der Mensch, dem Schmerzen fremd sind, bleibe sich selbst der Nächste, er werde mitleidlos, weil ihm auch der Schmerz des Anderen fremd sei. Die meisten Menschen verdrängen die Emotionen über die Welt, weil sie befürchten, davon überwältigt und gelähmt zu werden, aber mehr noch, weil sie der Meinung sind, Gefühle seien Privatsache.

Privatsache sollten Gefühle nach Meinung des Autors nicht sein, wenn ihre Ursache in einer gewalttätigen, ungerechten und ökologisch gefährdeten Welt zu finden sei. Leider verhalte es sich so, dass eine falsche Privatisierung von gesellschaftlich bedeutsamen Emotionen durch unsere Wissenssysteme gefördert werden, welche die Psyche und die Gesellschaft als getrennte Phänomene betrachten.

Erste Schritte zur Hoffnung sind dadurch gehbar, indem man den Umgang mit Nachrichten verändert und begreifen lernt, dass ein Mehr an Information keineswegs eine größere Vorhersehbarkeit bedingt. Es geht um die Qualität mit dem Umgang mit Informationen, um den Prozess, den Al Góre mit einer Gärung vergleicht. Diese bedingt Zeit und zudem andere Formen der Vermittlung von Information.

Dr. Marks zeigt, wie man mit schmerzhaften Nachrichten umgehen sollte und dass es der Stille bedarf, um Nachrichten zu verarbeiten. Die Überreizung und Beschädigung des Hör-Sinnes sei mitverursachend, dass unsere Beschäftigung mit den Nachrichten über die Welt in erster Linie kognitiv geschehe, während die emotionale Bedeutung weitgehend verdrängt werde, (vgl.: S.60).

Ausführlich schreibt der Autor über Hoffnungsarbeit und in der Folge auch davon, dass Angst vor Ausgrenzung, daran hindert sich mit dem Schmerz auseinanderzusetzen und darüber auch mit anderen zu sprechen. Gewissenscham ist ein weiteres Thema in diesem erhellenden Buch, in welchem hervorgehoben wird, dass das persönliche Engagement für Frieden, Gerechtigkeit und Naturbewahrung dazu beträgt, die eigene Integrität und damit Würde zu retten.

Dr. Marks erwähnt den Begründer der Logotherapie Dr. Victor Frankl, der die Beobachtung machte, dass der Verlust von Hoffnung sich negativ auf das Immunsystem auswirkt und sogar zum Tode führen kann. Darüber schreibt auch Overbeck, den der Autor ebenfalls ins Feld führt. Hoffnungslosigkeit verschlechtert nicht selten bei Witwern und Witwen deren Gesundheit, was zu Infarktkrankheiten, Rheuma, Asthma, etc., ja sogar zur erhöhten Sterblichkeitswahrscheinlichkeit führen kann.

Was es bedeutet guter Hoffnung zu sein, erläutert Dr. Marks dann im dritten Teil seines Buches und geht hier auf die drei Denkblockaden ein, die er die Kausalitäts-Brille, die mathematische Brille und die Brille des linearen Denkens nennt. Um guter Hoffnung zu sein, ist es notwendig sich in nicht zynisch-ausgerichteten Nachrichten-Magazinen zu informieren, sondern sich dort Informationen zu holen, wo man sachlich und positiv mit gesellschaftlichem Wandel hin zu Frieden, Gerechtigkeit und Naturbewahrung informiert, ohne dabei die rosa Brille vor Augen zu haben. Das dies möglich ist und uns gesunden lässt, das macht Dr. Stephan Marks deutlich.

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1 Kommentar:

  1. Ich liebe Psychologie ....... es ist wirklich erstaunlich, zu verstehen, was die Menschen fühlen, warum sie so fühlen, es gibt uns ein besseres Verständnis des menschlichen Verhaltens.
    @Rimi aus Diplom Psychologen

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