Seiten

Rezension:Über Gott und die Welt: Eine Autobiographie in Gesprächen (Gebundene Ausgabe)

Diese Autobiographie des Philosophen Prof. Dr. Robert Spaemann, der am 5. Mai 85 Jahre alt wird, besteht aus autobiographischen Texten und Interviews, die Stephan Sattler mit dem Jubilar führt. Zwölf Sitzungen und eine lange Abschrift haben sich aus den Gesprächen ergeben. Dabei waren viele Kürzungen und Dialoge über Streichungen notwendig bis das Buch schließlich Gestalt annehmen konnte.

Zu Beginn berichtet der Philosoph von seiner Kindheit, dann erfolgt das erste Gespräch, das Spaemanns Jugend im Dritten Reich und sein Hinwenden zur Philosophie thematisiert. Hier erfährt man, wodurch Spaemanns Interesse für Philosophie geweckt wurde und liest Näheres zu seinen Eltern, die zwar gebildet waren, aber keineswegs philosophische Interessen besaßen. Hier auch schreibt der Philosoph, dass er schon als Kind während der Nazizeit den Nationalsozialismus als abstoßend empfand.

Man liest, dass seine Eltern zum katholischen Glauben konvertierten, liest wie er in einem Keller in Köln zwar um sein Leben zitterte, wenn die Bomben fielen, aber er in Augenblicken der Ruhe Nachtigallen hörte, (vgl.: S. 35) und ahnt, wie positiv dieser Mensch in seiner Grundhaltung ausgerichtet ist.


Er berichtet des Weiteren von dem dunkelsten Augenblick seines Lebens, den er im gescheiterten Attentat gegen Hitler am 21. Juli 1944 sieht. Damals stellte er sich die Frage, ob sich das Reich des Bösen über ganz Europa ausdehnen würde. Für ihn stand fest, dass er in diesem Fall Gärtner werden wollte, weil er wusste, dass an der vegetativen Natur der politische Totalitarismus endet, (vgl.: S.36).


Im Wechsel von Lebensabschnittsberichten und Interviews gewinnt der Leser einen sehr guten Eindruck über das Leben und Denken des Philosophen. Man erfährt Näheres zum Studium in der Nachkriegszeit, seinen Eindrücke um das Jahr 1950, liest über die Rückkehr an die Universität Münster, seine Professuren in Stuttgart und Heidelberg, über seine Ankunft in München, das Bewusstsein der Zeit, über Glück und Wollen, sein Leben nach der Emeritierung und den beiden Interessen der Vernunft.


Man erfährt u.a , welche Bücher Spaemann einst zum Philosophieren angeregt haben und wann er selbst seinen ersten philosophischen Text verfasste. Es folgt bei den Fragen ein steter Wechsel von persönlichen Fragen, wie etwa "Wie sehr fühlten Sie sich dem Westfälischen verbunden?" und Fragen zum Thema Philosophie, wie etwa "Hegel hat in seiner Philosophie versucht, Systeme Kants, Fichtes und Schellings zu integrieren, und seinen Versuch als Schlusspunkt einer gedanklichen Entwicklung gesetzt. Wäre das ein Beispiel für einen übermäßigen Anspruch?"

Für Spaemann ist Philosophie übrigens so wenig eine Geisteswissenschaft wie Mathematik. Sie denke nach über das Verhältnis von Geisterwissenschaft und Naturwissenschaft und könne insofern selbst keine Geisteswissenschaft sein, (vgl.: S.237). Dabei könne Naturwissenschaft nicht verstehen, was Intention sei. Sie vermöge etwas über das Denken, nicht aber über Gedanken sagen. Sie könne darstellen, wie der Prozess des Denkens bestimmte Areale im Gehirn involviert, doch was gedacht wird, das könne sie nicht aufklären, (vgl.: S. 240).


Im Rahmen der Interview lernt man das philosophische Denken Spaemanns auch durch Hinweise auf seine Bücher kennen, so etwa, durch die Thematisierung von "Glück und Wohlwollen"" In diesem Zusammenhang erfährt man, dass Wohlwollen seiner Ansicht nach verschiedene Stufen haben kann. Hier betont er, dass das Wohlwollen einem fremden Menschen gegenüber, mit dem man nichts zu tun hat, darin besteht, dass man ihn nicht schädige. Wohlwollen sei gestuft. Man müsse jedem Menschen wohlwollen, jedoch nicht im gleichen Maße. (vgl.: S.268)

Spaemann erläutert, weshalb die Anerkennung für ihn ein so wichtiges Thema ist. Er hält fest:"Im Grunde jeder Erkenntnis liegt ein Akt der Anerkennung. Und in diesem Akt der Anerkennung realisiert die Person ihre eigene Personalität. Nur dadurch ist sie wahrheitsfähig, dass sie zu dieser Selbstentäußerung imstande ist. Als bloßes Naturwesen muss der Mensch gar nichts anerkennen." (Zitat: S.296).

Ein Buch, das neugierig macht auf die Werke des Philosophen und ihn als sehr sympathischen Menschen dem Leser sehr nahe bringt.
Empfehlenswert.
 
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen