Der promovierte Philosoph Stephen Cave befasst sich in diesem Buch mit den vier Wegen zur Unsterblichkeit. Dabei handelt es sich um die Wiederauferstehung des Körpers, die Himmelfahrt der Seele, die Verlängerung des Lebens mittels Medizin oder Magie oder um ein Vermächtnis.
Ich muss zugeben, dass ich mich dem Text nur zögernd geöffnet habe, da ich mich ungern mit dem Thema Tod befasse, nicht aus Angst, sondern weil ich Gedanken an etwas nicht Veränderbares als Zeitverschwendung betrachte. Man kann sich Gedanken, darüber machen, wie man nach Möglichkeit recht lange gesund und fit bleibt, aber Gedanken wie man den Tod durch Unsterblichkeitsvorstellungen überwindet, bringen uns im Leben keinen Schritt weiter und führen nur dazu, dass man im Krankheitsfall in Hoffnung auf ein weiteres Leben zu schnell aufgibt.
Mir fiel Kleist ein, dem nachgesagt wird, dass er sich umgebracht hat, um als Dichter unsterblich zu werden und all die Heroen, die ewigen Ruhm anstrebten. Der Autor schreibt nicht zuletzt von Herostrat und vielen Männern, die Schlachten schlugen und Bücher schrieben, immer beseelt von dem Wunsch der Unsterblichkeit. Sie hinterließen verbrannte Erde oder gute Gedanken, aber letztlich haben sie kostbare Lebenszeit verschwendet, wenn ihr Tun motiviert war vom Gedanken an Unsterblichkeit.
Der Autor schreibt über Nofretete, Dante Alighieri, Platon, Dalai Lama und über diverse Mythen und Überlieferungen, um anhand dieser Beispiele die Jahrtausende alte Sehnsucht nach einem ewigen Leben darzustellen.
So ist beispielsweise die Idee der Seele schon sehr alt und intuitiv. Sie geht davon aus, dass ein Teil von uns spiritueller oder immaterieller Natur sei und zugleich unser eigentliches Ich verkörpere. Aufgrund ihres immateriellen Charakters sei die Seele im Unterschied zum Körper nicht dem Verfall und der Zerstörung ausgesetzt. Stirbt unser Körper, dann vermag die Seele insofern die Reise fortsetzen zu einem neuen Leben und zur Unsterblichkeit. Das körperlose Ich hat viele Namen. Jeder kennt sie, der sich mit dem Selbst jemals intellektuell befasst hat, (vgl.: S. 170).
Übrigens war Platon der erste Mensch, der die Meinung vertrat, dass die Seele ein wesentlicher Teil unserer selbst sei, das wahre Ich, dass von Natur aus unsterblich sei. Für ihn galt die Seele zur unwandelbaren Sphäre des Göttlichen. Deshalb auch sei sie unzerstörbar und ewig, (vgl.: S. 171). Platon glaubte, dass derjenige, der seine intellektuelle Seite hin zum Schönen, Guten und Wahren weiterentwickele, seine Seele stärke, sie näher zum Göttlichen führe und ihr schließlich die Möglichkeit gebe, sie völlig von der körperlichen Existenz zu befreien. Für ihn und später auch für das Christentum war der Mensch letztlich unsterblich, aufgrund der Tatsache, dass er beseelt war, (vgl.. S. 172). Die Reinkarnation bei den Hindus und Buddhisten ist letztlich mit der platonisch-christlichen Tradition identisch, (vgl.: S. 207).
Ich teile mit Dr. Cave die Meinung, dass eine übertriebene Konzentration auf das eigene Ich eine wichtige Ursache für die Angst vor dem Tod ist. All meine bisherigen Beobachtungen gehen in diese Richtung. Es stimmt, die Tugend der Zuwendung zu anderen Menschen hilft uns, der Aufmerksamkeit für das eigene Ich das rechte Maß zu geben und es ist auch wahr, dass es wichtig ist, achtsam im Jetzt zu leben und nicht pausenlos über alle Bedrohungen in der Zukunft nachzudenken. Wer den Tod in Leben holt, stirbt irgendwann, ohne jemals wirklich gelebt zu haben. (vgl. S. 330) Genau so ist es.
Wir sollten alle lernen zu begreifen, dass unser Leben durch seinen Anfang und sein Ende begrenzt ist, es jedoch aus Augenblicken besteht, die weit über unsere eigene Person hinausreichen und in vielfältiger Weise andere Menschen und Orte berührt, konstatiert Dr. Cave zum Schluss seines Buches. Hierin besteht eine Art Unsterblichkeit, über die es letztlich nicht nachzudenken lohnt.
Unsere Aufgabe besteht meines Erachtens darin, Augenblick für Augenblick unseres Lebens zu nutzen und unsere Begabungen zu entfalten. Wer dies tut, sehnt sich nicht nach Unsterblichkeit, sondern ist völlig erfüllt vom Hier und Jetzt.
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