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Rezension: Arthur Schopenhauer - Das große Lesebuch

Nach einer sehr erhellenden Einführung des Philosophen Rüdiger Safranski in das Werk des Philosophen Arthur Schopenhauer hat man im vorliegenden Lesebuch Gelegenheit, sich in eine Auswahl der Texte des Denkers aus dem 19. Jahrhundert zu vertiefen.

Safranski untergliedert in:
Frühe Erfahrungen
Inspirationen, Ideen (Im Tagebuch)
Grundgedanken
Die Ansicht des Lebens
Stufen der Verneinung
Der Sinn und die Sinne des Schönen
Der Mensch - Das metaphysische Tier
Die Metaphysik der Geschlechtsliebe
Über die Grundlagen der Moral
Zur Lebenskunst
Schopenhauer über sich selbst

Schopenhauer, Hauptvertreter des Pessimismus, knüpfte an Kants Unterscheidung von Erscheinung und Ding an. Soweit ich begriffen habe, ist ihm die gesamte Welt Erscheinung, in der sich das Ding an sich, das er als sinnfreien Daseinsdrang interpretiert, festmacht. Der Wille ist offensichtlich in der Lage sich auf höherer Ebene sich als böse und unvernünftig zu durchschauen und von seinem Drang zu erlösen.

Das passiert in der Kunst als auch im Handeln aus Mitleid. Insgesamt ist es aber offenbar nur möglich seinen Daseinsdrang durch Suizid und den Übergang ins Nichtsein auszulöschen.

Auf die vielen Texte im Buch näher einzugehen ist im Rahmen einer Rezension nicht möglich. Erstaunt haben mich die Jugendgedichte, die den Philosphen in ihm bereits erkennen lassen.

Über einzelne Sentenzen in der Folge musste ich länger nachdenken. Er sagt u.a.: "Damit der Mensch eine erhabene Gesinnung in sich halte, seine Gedanken vom Zeitlichen auf das Ewige richte, mit einem Wort, damit das bessere Bewusstseyn in ihm rege sey, ist ihm Schmerz, Leiden und Misslingen so nothwendig, wie dem Schiffe der es beschwerende Balast, ohne welchen es keine Tiefe ermisst, ein Spiel der Wogen im Winde keinen bestimmten Weg gehet und leicht umschlägt."

Ich möchte bezweifeln, dass eine erhabene Gesinnung nur durch entsprechende Negativerfahrungen möglich ist. Ganz im Gegenteil, zu viel Schmerz, Leiden und Misslingen, lässt Menschen verbittern und gallig werden.

Schopenhauers Pessimismus finde ich furchtbar: "Das Leben gleicht einer Seifenblase, die wir so lang als möglich erhalten und aufblasen, doch mit der festen Gewissheit, dass sie platzen wird." Ich denke, das Leben ist weitaus mehr als eine Seifenblase: Sie wird es nur dann, wenn man sie nicht mit gelebtem Leben füllt.

Sehr interessant ist das Kapitel: "Über die Grundlagen der Moral". Hier stimme ich Schopenhauer in allen Punkten zu, was die Prämissen anbelangt, die die Voraussetzung für Beweisführung sind.

"Keine Handlung kann ohne zureichendes Motiv geschehen; sowenig, als ein Stein ohne zureichenden Stoß oder Zug sich bewegen kann." Ähnliches hat Seneca schon gesagt, soweit ich mich erinnere und stimmt mit meinen Beobachtungen überein.

Es gibt, so sagt er an anderer Stelle, nur drei Grundtriebfedern der menschlichen Handlungen:

a) Egoismus, der das eigene Wohl will (ist grenzenlos)
b) Bosheit, der das fremde Wehe will (geht bis zur äußersten Grausamkeit)
c) Mitleid, welches das fremde Wohl will (geht bis zum Edelmut und zur Großmut)

Über dieses Phänomen reflektiert Schopenhauer auf subtile Weise. Hier lohnt es sich im Anschluss mit Dritten den Denkinhalt zu diskutieren, speziell, was dies in der Konsequenz bedeutet.

Ein interessantes Lesebuch, sehr gut ausgewählte Texte, die ich gewiss noch oft zur Hand nehmen werde.

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