Der Philosoph Sokrates hinterließ der Nachwelt nichts Schriftliches. Alles, was man von ihm weiß, ist hauptsächlich Berichten der Philosophen Platon, Xenophon und Aristoteles zu entnehmen. Der Grieche hat sich zu seinen Lebzeiten gerne über menschliche Dinge unterhalten. Er untersuchte im Gespräch, was gottlos, was schön, was schimpflich, was gerecht, was ungerecht und was feige sei. Ferner ermittelte er in seinen Dialogen immer wieder, wann man jemand besonnen und wann man jemanden tapfer nennen könne.
Wie sollte ein Staat , ein Staatsmann, eine Regierung und ein Regent beschaffen sein und was macht eine Person zu einem guten und edlen Menschen? Dies herauszufinden beschäftigte Sokrates.
Wie sollte ein Staat , ein Staatsmann, eine Regierung und ein Regent beschaffen sein und was macht eine Person zu einem guten und edlen Menschen? Dies herauszufinden beschäftigte Sokrates.
Abermals und abermals stellte Sokrates seinen Gesprächspartnern Fragen, um diesen zur Geburt ihrer Ideen zu verhelfen. Dabei fühlte der Philosoph sich durch eine innere Stimme geleitet, die in ihm war und ihn von unrechten Handlungen abhielt. Diese Stimme nannte er "daimonion", das Gewissen, (wörtlich: das Göttliche). Sokrates glaubte, dass man Menschen nur über ihre wahre Tugend belehren müsse, um sie tugendhaft zu machen. Er verknüpfte den Gedanken der Tugend mit dem des Wissens und bezweckte durch seine Fragen Nichtwissen aufzudecken und die Menschen zu Selbstprüfung und Selbsteinkehr aufzurufen.
Dabei hatte sich der Philosoph nie an eine Menschenmenge, sondern immer nur an den Einzelnen gewandt.
Der vorliegende Text enthält die Verteidigungsrede (Apologie) des Philosophen Sokrates, der seitens Meletos angeklagt wird in Athen andere Götter einführen zu wollen und durch seine Dialoge die Jugend verderbe. Gefordert wird die Todesstrafe.
Während der Gewaltherrschaft der Dreißig in Athen gibt es keinen Staatsanwalt, keinen beamteten Richter, keine Berufsverteidiger. Für Gerichtssachen sind Schwurgerichte zuständig. Der Ankläger legt den Juroren seine Anklage vor, begründet sie und tritt sie ab. Daraufhin wird dem Beklagten die Chance der Gegenrede geboten, die allerdings zeitlich festgelegt ist. Im Rahmen einer geheimen Abstimmung entscheiden die Geschworenen über Schuld oder Unschuld des Beklagten. In einer weiteren Abstimmung wird im Falle eines Schuldspruchs das Strafmaß festgelegt.
Sokrates baut seine Apologie gemäß der von ihm entwickelten "Sokratischen Fragemethode" auf und hinterfragt die Lebenseinstellung seiner Kontrahenten. Er widerlegt durch seine Fragen überzeugend die Wahrhaftigkeit der Anklagepunkte und macht deutlich, dass er durch seinen Dienst an Gott, der Wahrheit ans Tageslicht verhelfe. Nicht grundlos habe er stets in tiefster Armut gelebt und sich stets allen öffentlichen Ämtern und Angelegenheiten entzogen, weil er bei seinen sittlichen Bemühungen nicht den Anschein von Käuflichkeit erwecken wolle. Nachdem Sokrates folgerichtig nachgewiesen hat, dass die Vorwürfe der Anklageschrift des Meletos nicht haltbar sind, vermutet er , dass man ihn in Wahrheit wegen seiner vielen Anfeindungen zu Fall bringen möchte und begründet seine Vermutung stichhaltig.
Sokrates ist unbequem für die Mächtigen und damit gefährlich für die korrupte Gesellschaft in der er lebt, deshalb auch soll er nicht länger ihr Treiben stören. So konstatiert der große Philosoph " Wenn ich jedoch sage, dies sei das größte Glück für einen Menschen, Tag für Tag über den sittlichen Wert Gespräche zu führen und über die anderen Dinge, über die ihr mich reden hört, indem ich mich selbst und andere einer Prüfung unterziehe und dass ein Leben ohne Prüfung für einen Menschen nicht lebenswert sei, dann werdet ihr meinen Reden noch weniger Glauben schenken. Es verhält sich zwar so, wie ich sage, ihr Männer; doch andere davon zu überzeugen ist nicht leicht." (Apologie des Sokrates, S. 77)
Dreißig Stimmen fehlen für seinen Freispruch. Sokrates nimmt nicht das Recht in Anspruch die Stadt zu verlassen , sondern akzeptiert das Urteil. Er zieht den raschen Tod dem langsamen Verfall vor. Sokrates hat keine Furcht vor dem Tod, denn wie sollte er sich vor etwas fürchten, was er nicht kennt? Vor dem Urteil der Götter nach seinem Ableben ängstigt er sich ohnehin nicht, schließlich können diese ihn nicht mehr zum Tode verurteilen. Sokrates ist überzeugt davon, dass der Tod das Beste für ihn ist, weil er dann endlich aller Mühsal enthoben sei.
Der Philosoph lässt sich seine Würde nicht nehmen. Durch seine Rede entlarvt er seine Ankläger und so geht er gelassen in den Tod als unerschütterliche, autonome Persönlichkeit. Dieses Bild jedenfalls zeichnet Platon, dessen Schreiber das Gerichtsgeschehen Jahre später für die Ewigkeit festhält.
Ein beeindruckender Text.
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